Die Seite 3

Gutes Rezept, oder?

Julia Borsch, Redakteurin der DAZ

Man nehme mehrere patentfreie Wirkstoffe und verpacke sie in eine Kapsel. Dann lasse man sie in einer Indikation zu, für die Wirksamkeit und Sicherheit der Einzelkomponenten sowohl allein als auch in freier Kombination bereits belegt sind. Denn das erspart klinische Studien. Zu guter Letzt weise man noch die Bioäquivalenz zu den Einzelsubstanzen nach. Schon kann man ein Vielfaches des Preises der einzelnen Wirkstoffe verlangen. Eine Festbetragsgruppe gibt es nicht. Die Nutzenbewertung fällt auch weg, da es sich nicht um neue Wirkstoffe handelt. Klingt nach einem guten Rezept, Geld zu verdienen, oder? Im Falle der Fixkombination aus Atorvastatin, Ramipril und ASS (Sincronium®) wurde das erst vor Kurzem so praktiziert. Die erste Polypille ist damit in Deutschland auf den Markt gekommen. Das Präparat ist zugelassen zur Sekundärprophylaxe kardiovaskulärer Ereignisse und soll den Patienten das Leben erleichtern. Sie müssen künftig nur noch eine „Pille“, die in diesem Fall eine Kapsel ist, schlucken statt bisher drei. Weniger Tabletten ist gleich mehr Adhärenz – eine Rechnung, die in vielen Fällen aufgeht. Insbesondere bei Statinen und Co. ist es ja anscheinend um die Therapietreue nicht besonders gut bestellt. Die Indikation der neuen Polypille, Sekundärprophylaxe kardiovaskulärer Ereignisse, bringt zudem ein Patientenkollektiv mit sich, das zum Teil multimorbid und somit prädestiniert für Adhärenz-verbessernde Maßnahmen ist.

So scheint die Polypille auf den ersten Blick nicht nur aus der Sicht des Herstellers sondern auch aus therapeutischer Sicht eine gute Idee zu sein ... eigentlich. Denn bei genauerem Hinsehen offenbart das Präparat doch einige Schwächen (siehe auch „Eine gegen (fast) alles – ASS, Atorvastatin und Ramipril als Fixkombination: Fakten und Meinungen zur Polypille“ auf Seite 28). So enthält sie beispielsweise eine Statindosis, die in der Sekundärprophylaxe für viele Patienten suboptimal ist, ASS ist nicht magensaftresistent, dazu kommt der verhältnismäßig hohe Preis.

Doch bei aller Kritik sowohl an der Preispolitik des Herstellers, als auch dem Präparat selbst, ist die Polypille ein Schritt in die richtige Richtung. Vielleicht ist sie nur das erste Präparat von vielen, bei dem sich die Hersteller verstärkt Gedanken machen, wie sie den Bedürfnissen einer zunehmend älteren und multimorbiden Gesellschaft besser gerecht werden können. Hier könnte es ein Ansatz mit viel Potenzial sein, innovative Arzneiformen zu entwickeln, die unterschiedliche therapeutische Wirkansätze in sich vereinen, eben wie in Sincronium® ein Statin, einen ACE-Hemmer und einen Thrombozytenaggregationshemmer

Und dass ein Rezept, beim allerersten Versuch nicht immer gleich perfekt gelingt, passiert den allerbesten Köchen.

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