Aus den Ländern

Dobbert: „Schöne Reden helfen nicht weiter“

Kammerversammlung der Landesapothekerkammer Brandenburg

POTSDAM (ks) | Jens Dobbert, Präsident der Landesapothekerkammer Brandenburg, hat keine Hoffnung, dass die Politik in dieser Legislaturperiode das Thema Apothekenhonorar noch angehen wird. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe arbeite stringent den Koali­tionsvertrag ab – und da stehe „nichts von einer Honoraranpassung für die Apotheker drin“, so Dobbert in seinem Bericht zur Kammerversammlung am 8. Juli. Die gesundheitspolitischen Projekte, die der Minister derzeit noch in der Pipeline hat, sieht Dobbert ebenfalls mit gemischten Gefühlen. Hoffnung hat er aber noch, dass die Länder sich beim E-Health-Gesetz behaupten können und Projekte wie ARMIN nicht ausgebremst werden. Das sächsisch-thüringische Projekt war ebenfalls ein Thema der Kammerversammlung.
Fotos: DAZ/ks

Die Kammerpräsidenten Jens Dobbert, Brandenburg, und Ronald Schreiber, Thüringen (v. l.). Schreiber berichtete über den Fortgang des Projektes ARMIN.

Das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG), das der Bundesrat letzte Woche Freitag verabschiedet hat, habe immerhin einige Forderungen der Apotheker aufgenommen, so Dobbert in seinem Bericht. Stichworte sind hier der nun auf 1,77 Euro festgeschriebene Apothekenabschlag, das Entlassmanagement und die Aufforderung an die Rahmenvertragspartner, eine Regelung zur Eindämmung von Retaxierungen aus formalen Gründen zu finden. Gescheitert sind die Apotheker jedoch mit ihrer Forderung, eine jährliche Anpassung des Honorars gesetzlich zu verankern. Ebenso blieben die Rufe nach einer höheren Rezeptur- und BtM-Vergütung und den vollen 120 Millionen Euro, die für den Nacht- und Notdienstfonds zugesagt waren, ungehört. Grund sei wohl gewesen, dass das GKV-VSG zustimmungsfrei bleiben sollte, erklärte Dobbert. Dies wäre nicht gelungen, hätte man auch Änderungen an der Arzneimittelpreisverordnung vorgenommen. Der Ankündigung von ABDA-Präsident Friedemann Schmidt auf der Mitgliederversammlung am 1. Juli, diese Forderungen würden nicht gestrichen, sondern bei den im Herbst anstehenden Gesetzesänderungen wieder eingebracht, würde Dobbert zwar gerne Glauben schenken. „Jedoch fürchte ich, dass unsere Forderungen in dieser Legislaturperiode keinen Erfolg mehr haben werden.“ Da man gleich von zwei Ministerien – dem Bundesgesundheits- und Bundeswirtschaftsministerium – abhängig sei, hält er den „notwendigen Nachschlag“, etwa bei der Notdienstpauschale, für wenig realistisch. Dennoch: „Wir sollten nicht nachlassen, in allen Gesprächen mit der Politik unsere berechtigten Forderungen mit Nachdruck anzusprechen.“ Auch die ABDA-Spitze müsse nun endlich Erfolge erreichen. „Schöne Reden des ABDA-­Präsidenten helfen uns derzeit nicht weiter“, so Dobbert.

E-Health-Gesetz: Hoffnung auf die Länder

Wenig erfreulich ist für den Brandenburger Präsidenten auch der bislang vorliegende E-Health-Gesetzentwurf. „Unser eigenes Vorhaben, Medikationsmanagement flächendeckend als honorierte Leistung der Apotheker anzubieten – in der Apothekenbetriebsordnung und im Perspektivpapier verankert – scheitert bereits an der Fixierung der Apotheker bei der Erstellung eines Medikationsplanes im Gesetz.“ Nicht zuletzt im Hinblick auf die Arzneimittelinitative in Sachsen und Thüringen – ARMIN – sei der Gesetzentwurf ärgerlich. „Woher diese Ignoranz unseres Berufstandes kommt, darüber können wir nur spekulieren“, so Dobbert. Wenn ARMIN zu einem Erfolgsmodell werden solle, müsse die Zusammenarbeit mit dem Arzt auf Augenhöhe angestrebt werden. Doch die Ärzte hätten offenbar Schwierigkeiten mit den Apothekern. Sicher, so Dobbert, hätten sie sich durch das Perspektiv­papier Apotheke 2030 „auf den Schlips getreten gefühlt“. Dabei will er klargestellt wissen: „Wir sind und wir wollen keine kleinen Ärzte werden.“

Gemeinsamer Ansatz sollte immer sein, dass der Patient bei der Zusammenarbeit von Arzt und Apotheker im Mittelpunkt steht. Zudem müsse der Politik klar gemacht werden, dass ein Medikationsmanagement nur mit den Apothekern funktioniere – „und natürlich auch nur dann, wenn die Apothekerschaft für gleiche Arbeit auch entsprechend entlohnt wird“. Nun hofft Dobbert auf die Länder, die über den Bundestag die Apotheker stärker einbeziehen wollen und zudem empfehlen, die regionalen Modellversuche wie ARMIN, die über das Stadium des Papier-Medikationsplans schon hinaus sind, unberührt zu lassen. Ein Initiative, die auch das Brandenburger Gesundheitsministerium begrüßt.

Absage an Impfungen in der Apotheke

Ein weiteres Ärgernis ist für Dobbert, dass die Apotheker im Entwurf zum Präventionsgesetz außen vor bleiben. Hier habe das Bundesgesundheitsministerium „die Chance verpasst, den enormen Nutzen der bundesdeutschen Apothekerschaft für die Prävention der deutschen Bevölkerung miteinfließen zu lassen“. Eine klare Absage erteilte er in diesem Zusammenhang der jüngst erhobenen Forderung der Pharmaziestudierenden, Apotheker selbst Impfungen vornehmen zu lassen. Den Impfstatus zu überprüfen – das ginge für Dobbert in Ordnung – darüber hinaus ist seine Devise: Schuster, bleib bei deinem Leisten!

Dobbert beklagte überdies, dass Apotheker insgesamt zu wenig als Heilberufler und stattdessen oft als Schubladenzieher gesehen werden. „Vielleicht müssen wir unsere Strategie ändern, um mehr Gehör zu erlangen. Womöglich waren wir in den letzten Jahren einfach zu still“, so seine Vermutung. Die Neuausrichtung müsse ­allerdings besonders auf der Bundesebene erfolgen. „Wir müssen endlich aufhören, uns mit uns selbst zu beschäftigen. ­Alle Kräfte sind nötig, wir müssen sie bündeln und gemeinsam für ein Ziel kämpfen.“ Und dieses Ziel sei, die heilberufliche Tätigkeit der Apotheker in Deutschland zu erhalten. „Wenn uns das nicht allen bewusst wird, wird uns auch nicht ein Papier namens Apotheke 2030 retten.“

Nach ABDA-Haus-Beschluss: Zeit für wichtige Dinge

Hoffnung gibt ihm, dass die ABDA-Mitgliederversammlung nun immerhin den Bau eines neuen Hauses beschlossen hat. Diese Entscheidung sei lange überfällig gewesen – ungeachtet vorausgegangener Fehlentscheidungen. Nun habe die ABDA wieder Zeit für die wichtigen Dinge: Dazu zählt er neben Aktivitäten zu den anstehenden Ge­setzesänderungen beispielsweise den Aufbau der geplanten IT-Abteilung. „Wenn wir dieses nicht hinbekommen, habe ich die Befürchtung, dass wir zukünftig bei vielen Projekten das Nachsehen haben werden. Unsere Gegner stehen schon in den Startlöchern, und deren Motoren laufen auf Hochtouren – wohingegen wir uns immer wieder neu erfinden wollen.“ Friedemann Schmidt empfiehlt der Brandenburger Kammerpräsident, „die politische Ausrichtung des Berufsstandes wieder selber in die Hand zu nehmen und dies nicht mehr dem Hauptamt zu über­lassen“.

Nachwuchsförderung bleibt groß geschrieben

Abseits der aktuellen Bundespolitik sprach Dobbert auch über die Aktivi­täten der Kammer auf Landesebene. Unter anderem hat sie sich die Nachwuchsförderung groß auf die Fahne geschrieben. Schon seit Längerem macht sie sich dafür stark, einen Stu­diengang Pharmazie im Land zu etablieren. Die Gespräche hierzu mit den verschiedenen Ministerien laufen weiter, berichtete Dobbert. Doch sehr zuversichtlich stimmen ihn die bisherigen Reaktionen nicht. Zwar steht der Präsident der Universität Potsdam der Idee der Apothekerkammer offen gegenüber. Allerdings erklärte er, es stünden keine Gelder zur Verfügung, um dieses Projekt zu stemmen. Die Politik ihrerseits hätte auch nichts gegen einen solchen Studiengang – so die Universität denn Gelder hierfür frei hätte. Dennoch: Die Landesapothekerkammer will nicht nachlassen und weiter für einen Pharmaziestudiengang in Brandenburg kämpfen. Und auch für andere Berufe in der Apotheke rührt sie die Werbetrommel. Das wurde im Geschäftsbericht der Geschäftsführerin Kathrin Fuchs deutlich. In Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit wirbt die Kammer über unterschiedliche Kanäle für die PKA- und PTA-Ausbildung.

Hermann-Hager-Medaille für Gabriele Czempiel

Gabriele Czempiel mit der Hermann-Hager-Medaille.

Apothekerin Gabriele Czempiel hat sich nach der Wiedervereinigung Deutschlands in besonderer Weise für das Apothekenwesen in Brandenburg ­eingesetzt. Daher zeichnete die Landesapothekerkammer sie nun mit der Hermann-Hager-Medaille aus. Kammerpräsident Jens Dobbert überreichte Frau Czempiel die Auszeichnung in der Kammerversammlung am 8. Juli in Potsdam.

Frau Czempiel arbeitete zunächst viele Jahre in Berliner Apotheken und später auch im Bundesgesundheitsamt, ehe sie 1990 die Leitung des Dezernats Arzneimittel- und Medizinprodukterecht im Landesgesundheitsamt von Brandenburg übernahm. Dobbert würdigte die gute Zusammenarbeit mit Frau Czempiel etwa bei der Novellierung der Apothekenbetriebsordnung: „Sie hat keine Mühen gescheut, im Vorfeld von Gesetzesentscheidungen mit den Beteiligten fachliche Ausei­nandersetzungen zu führen.“ Aber auch für den pharmazeutischen Nachwuchs habe sie sich eingesetzt. Bereits letztes Jahr wurde Frau Czempiel 65 und schied aus ihrem ministeriellen Berufsleben aus – Grund genug für ­eine Würdigung, befand der Vorstand der Apothekerkammer Brandenburg.

ARMIN: langsamer, aber steter Fortschritt

Mit großem Interesse verfolgte die Kammerversammlung überdies einen Gastvortrag des Präsidenten der Landesapothekerkammer Thüringen, Ronald Schreiber. Er berichtete über ARMIN: von seinen Wurzeln, dem ABDA/KBV-Modell, bis zum jetzigen Stand des Projekts. Derzeit werde häufig im Zusammenhang mit Verzögerungen von dem Projekt berichtet – doch aus Schreibers Sicht muss man dies so negativ nicht sehen. Es sei nicht so einfach, fünf Vertragspartner – zwei Apothekerverbände, zwei Kassenärztliche Vereinigungen und eine Krankenkasse – unter einen Hut zu bekommen. Dass man im Plan etwas hinterherhinkt, sei technisch bedingt: Während die Apotheken-Software-Anbieter überschaubar sind und alle zentral auf ABDATA-Daten zurückgreifen, haben die Ärzte mindestens dreimal so viele Anbieter, die mit unterschiedlichen Datensätzen gespeist werden. Doch für ARMIN muss eine Kommunikation der Systeme möglich sein. Es wird zwar auch weiterhin jeder Apotheker und Arzt mit seiner eigenen Software arbeiten – nur der Austausch findet über einen gemeinsamen Server statt, der nun noch datenschutzrechtlich zertifziert werden muss. Doch es geht voran – und im Herbst soll es dann so richtig losgehen. Mittlerweile habe man aber in beiden Bundesländern zusammen knapp 900 Apotheken und gut 450 Ärzte – und zwar gleichmäßig über Städte und das Land verteilt – für die Initiative gewonnen. Seit einem guten Jahr läuft die Wirkstoffverordnung auf Grundlage eines von den Ärzten erarbeiteten Medikationskataloges. Diese Wirkstoffverordnungen, so berichtete Schreiber, nehmen beständig zu. Hochgerechnet seien es bereits rund 50.000 im Monat, die schon nach den ARMIN-Erfordernissen ausgestellt werden. Dabei verordnet der Arzt weiterhin Fertigarzneimittel – den Rest erledigt die Software. Es gibt eine neue Standardverordnungszeile, nur sechs Ziffern führen zum PZN-Pool der möglichen Arzneimittel, aus denen die Apotheke dann wählen kann. Dies sei „endlos leicht“ in den Apotheken zu bearbeiten, so Schreiber. Jetzt steht noch das dritte Modul aus – das Medikationsmanagement. Die Basisschulungen der Apotheker, eine zertifizierte Fortbildung, ­finden bereits statt. Hier befindet man sich erst in der Pilotierungsphase, die Patienten für das richtige Projekt müssen noch rekrutiert werden. Das könne deshalb etwas schwierig werden, weil die Einschreibung nicht ganz ohne ist: Ein vierseitiges Dokument muss der Patient ausfüllen. Dennoch ist Schreiber zuversichtlich, dass bei ARMIN am Ende alles gut laufen wird. Klar sei: Das Medikationsmanagement ist kein Geschäft „zwischen Tür und Angel“. Für das Geld, das die Apotheken bekommen, ist auch Einsatz nötig. |

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