Arzneimittel und Therapie

Nicht über den Durst trinken

Sportlern droht Hyponatriämie durch erhöhte Flüssigkeitsaufnahme

jb | Unter dem Begriff Exercise-associated hyponatremia (EAH) versteht man lebensbedrohliche Hyponatriämien, die bei Sportlern während oder innerhalb von 24 Stunden nach körperlicher Anstrengung auftreten. Allerdings ist meist nicht erhöhter Natriumverlust durch Schwitzen die Ursache, wie man auf den ersten Blick vermuten könnte, sondern eine zu hohe Flüssigkeitszufuhr.

Denn viele Sportler, insbesondere bei extremen Ausdauersportarten wie Marathon, aber auch Breitensportler, z. B. Wanderer, trinken aus Angst vor einer Dehydration während Wettkampf oder Training mehr, als sie an Flüssigkeit über Urin und Schweiß verlieren. Die zusätzliche Flüssigkeit verdünnt sozusagen das Blut, der Natriumspiegel im Serum fällt. Ab einer Natriumkonzentration von unter 135 mmol/l im Serum (leichte Abweichungen sind je nach Labor möglich) spricht man von einer Hyponatriämie. Leichtere Fälle bleiben meist asymptomatisch, es können sich aber Symptome wie Benommenheit, Übelkeit, Kopfschmerzen oder auch Krampfanfälle als Folge eines Hirnödems entwickeln. Auch Todesfälle sind vereinzelt aufgetreten. Asymptomatische Fälle, die ohnehin nur per Zufall durch Blutspiegelkontrollen entdeckt werden, können mit oraler, hypertoner Kochsalzlösung behandelt werden. Bei schwereren Fällen sind eine Infusionstherapie und eine Behandlung im Krankenhaus unabdingbar.

Beschrieben wurden erste Fälle der belastungsbedingten Hyponatriämie 1981 in Durban, Südafrika, bei den Teilnehmern eines Rennens, das über sieben Stunden dauerte. Die Entwicklung des Phänomens ging mit einem Wandel der Empfehlungen der Trinkmenge beim Ausdauersport Hand in Hand. Während zuvor die Devise gegolten hatte, möglichst wenig zu trinken, wurde seit Beginn der 80er Jahre empfohlen, möglichst viel während und auch schon vor dem Wettkampf zu trinken, um Dehydrationen zu vermeiden. Eine Prämisse, die bis heute gilt und umgesetzt wird, mit den entsprechenden Folgen. So wurde beispielsweise im Jahre 2002 bei 13% von 488 Teilnehmern des Boston-Marathons eine Hyponatriämie (< 135 mmol/l im Serum) festgestellt, 0,6 % hatten sogar einen Natriumspiegel unter 120 mmol/l und somit eine schwere Hyponatriämie. Aber auch bei Nicht-Ex­tremsportlern wie Wanderern wurden derartige Hyponatriämien beobachtet.

Die Maßnahmen, eine EAH zu verhindern, sind ziemlich einfach: nicht zu viel trinken. Sportler sollen sich auf ihr Durstgefühl verlassen. Ein Risiko, zu dehydrieren, besteht dabei in der Regel nicht. Ein gesunder Organismus kann einen Wasserverlust von bis zu 3% der Körpermasse leicht verkraften. Da die EAH oft erst zum Ende eines Rennens oder bis zu 24 Stunden nach der Anstrengung auftritt, sollte auch hinterher nicht zu viel getrunken werden. Da der Elektrolyt- und Wasserverlust individuell verschieden ist, sind pauschale Empfehlungen zur Trinkmenge nicht möglich. Leistungs- und Extremsportlern wird daher empfohlen, vor und nach der Anstrengung das Gewicht zu kontrollieren, um den eigenen Flüssigkeitsverlust und dementsprechend die Trinkmenge abschätzen zu können.

Nutzen isotone Sportgetränke?

Auch isotone Sportgetränke vermögen das Problem nicht zu lösen. Denn die meisten Sportgetränke, auch wenn sie als „isoton“ bezeichnet werden, haben eine Natriumkonzentration, die deutlich unter der des Blutes liegt, sind also diesbezüglich hypoton. In Deutschland ist die Voraussetzung dafür, ein Getränk als „isoton“ vermarkten zu dürfen, dass dessen osmotischer Druck dem des Blutes entspricht. Mit welchen Molekülen dies realisiert wird, spielt aber keine Rolle. Zumeist ist es aber Zucker. In Österreich beispielsweise müssen auch Kationen wie Natrium und Kalium enthalten sein, damit das Label „isoton“ vergeben werden darf.

Für „Normalsportler“ aber besteht ohnehin kein Bedarf für angereicherte Getränke. Hier ist Mineralwasser in der Regel ausreichend, auch Saftschorlen sind empfehlenswert (siehe Abb.).

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) empfiehlt bei Belastungen, die über eine Stunde dauern, einen Kohlenhydratgehalt von 3 bis 8%, idealerweise polymere Verbindungen (z. B. Maltodextrin) in Kombination mit Monosacchariden wie Fructose, da die Kombinationen schneller aufgenommen werden sollen. Mono- oder Disaccharide (z. B. Haushaltszucker) sind wegen der hohen Osmolalität zumindest bei höheren Konzentrationen schlecht verträglich. Bei mehrstündigen Belastungen (> zwei Stunden) sollte laut DOSB auf einen ausreichenden Natriumgehalt geachtet werden (0,5 bis 1 g/l), der durch Kochsalz-Zugabe von 1 bis 2 g/l realisiert werden kann. |

Literatur

Belastungsbedingte Hyponatriämie: Wenn Sportler zu viel Wasser trinken; www.ärzteblatt.de; 1. Juli 2015

Hew-Butler T, et al. Statement of the Third International Exercise-Associated Hyponatremia Consensus Development Conference, Carlsbad, California, 2015; Clin J Sport Med. 2015 Jul;25(4):303-20. doi: 10.1097/JSM.0000000000000221.

Nieß AM, et al. Medizinischer Ratgeber Peking 2008: 1. Auflage 2007; Medienhaus Plump, Rheinbreitbach

Rosner MH, et al. Exercise-associated hyponatremia; www.uptodate.com: Zugriff am 4.7.2015

Foto: LianeM – Fotolia.com

Ein Teil Fruchtsaft plus drei Teile Natrium-haltiges Wasser (0,5 bis 1 g/l) empfiehlt der DOSB.

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