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Logistik, Versorgung, Reinraum, Infozentrale
Was eine moderne Krankenhaus-Apotheke heute leistet
Der Neubau des SBK, seit Juli 2013 in Betrieb, ist eine Welt für sich. Das moderne Klinikum, zugleich akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Freiburg, liegt wie ein futuristisches Gesundheits-UFO auf einer kleinen Anhöhe zwischen Villingen und Schwenningen. Das Klinikum bietet an seinen beiden Standorten Villingen-Schwenningen und Donaueschingen 25 Abteilungen, 1000 Betten. Jährlich werden dort insgesamt fast 50.000 Patienten stationär und etwa 140.000 Patienten ambulant behandelt und versorgt von 2900 Mitarbeitern, darunter rund 360 Ärzten. Erst vor Kurzem konnte das Klinikum mit einem Meilenstein in der Krebsbehandlung von sich reden machen. Ende April 2015 eröffnete das SBK das CyberKnife Centrum Süd mit dem „Herzstück“, dem „Cyberknife M6“: Es ist das weltweit modernste robotergestützte Radiochirurgie-System zur Behandlung von Krebspatienten und das zweite dieser neuesten Generation bundesweit. Mit dieser Methode können Tumore beispielsweise alternativ zur Operation präzise bestrahlt werden, was vor allem bei inoperablen Tumoren ein großer Vorteil sein kann.
Die Apotheke
Ein modernes Klinikum dieser Art verlangt eine fortschrittlich aufgestellte Apotheke. Krankenhausapotheker Dr. Matthias Fellhauer hat die Krankenhausapotheke zu einem äußerst leistungsfähigen Dienstleistungszentrum ausgebaut. 28 Mitarbeiter, davon acht Apotheker(innen) auf 6,5 Stellen, zwölf pharmazeutisch-technische Assistentinnen und acht pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte, sind für die Arzneimittelversorgung dieses Klinikums und zwölf externer kleinerer Kliniken, meist Rehakliniken, sowie der Rettungsdienste zuständig. Damit gehört die Krankenhausapotheke des SBK zu den größten Einrichtungen dieser Art in Baden-Württemberg.
Im Untergeschoss des Klinikums gelegen, aber ohne Kelleratmosphäre aufgrund der leichten Hanglage mit Fenstern und Tageslicht, arbeitet die Apotheke auf einer Betriebsfläche von rund 1500 Quadratmetern. U-förmig um einen Innenhof gruppieren sich das Lager und der Logistikbereich, der Bereich Herstellung mit Reinraumabteilung sowie die Büroräume. Chefapotheker Fellhauer hat die Apotheke organisatorisch in pharmazeutische Bereiche eingeteilt:
Arzneimittelinformation, klinische Studien, onkologische Pharmazie, Pharmakoökonomie und Qualitätsmanagement, pharmazeutische Logistik, aseptische Herstellung, unsterile Herstellung, pharmazeutische Analytik.
Basisleistung Logistik
„Klinische Pharmazie, patientennahe Pharmazie, Arzneimittelberatung – ganz klar“, so der Chefapotheker, „das sind moderne Aufgaben, die wir erbringen wollen, die heute von uns verlangt werden und mit denen wir uns profilieren können. Wenn aber die Logistik, unsere Basisleistung, nicht rund läuft, braucht man alles andere nicht zu machen.“ Ein Großteil der Arbeit einer Krankenhausapotheke bestimmen der Einkauf und die Logistik. Ein Apotheker und vor allem die pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten sind nur für diesen Bereich der Krankenhausapotheke zuständig. „Das richtige Arzneimittel zur richtigen Zeit am richtigen Ort und dies zum besten Preis – das ist die Herausforderung, der wir uns täglich stellen“, bringt es der Krankenhausapotheker auf den Punkt. Die Arzneimittel fürs Klinikum bezieht die Apotheke in erster Linie und überwiegend im Direktbezug von den pharmazeutischen Herstellern. Erst dann folgen als Bezugsquellen der pharmazeutische Großhandel und Importeure. In Notfallsituationen wird das eine oder andere Arzneimittel auch mal von einer anderen Krankenhausapotheke bezogen.
Die Krankenhausapotheke des SBK verteilt die Arzneimittel entsprechend den Anforderungen an die Stationen des Zentralklinikums an den Standorten Villingen-Schwenningen und Donaueschingen, außerdem an die Rettungsdienste im Umkreis sowie an externe Häuser in Villingen-Schwenningen und in der Umgebung.
„Logistik gehört zu den Brot- und Butter-Aufgaben einer Krankenhausapotheke – und dennoch“, so gibt Fellhauer zu bedenken, „sieht sich die Apotheke immer wieder neuen Herausforderungen gegenüber. So sind manche Arzneimittelanforderungen besonders dringlich, was rasche Abläufe erfordert. Oder mitunter ist der Bedarf nur schlecht planbar. Herausforderungen ergeben sich auch, wenn Arzneimittel nur eine begrenzte Haltbarkeit haben – der Verfall soll minimiert werden.“ Zusatzaufwand im Bereich Logistik entsteht durch die vorgeschriebenen Dokumentationspflichten z. B. bei Blutprodukten und Betäubungsmitteln. Ein zunehmendes Problem stellen die Lieferengpässe und Lieferausfälle dar, die nach wie vor ein relevantes Problem in der Versorgung darstellen und in den letzten Monaten sogar noch zugenommen haben.
Die Arzneimittelherstellung
Neben der Logistik ist die Arzneimittelherstellung ein zentraler Arbeitsbereich der Krankenhausapotheke des SBK. Hergestellt werden Arzneimittel, wenn sie nicht in der notwendigen Dosierung oder Arzneiform eingekauft werden können oder wenn die eigene Fertigung erheblich kostengünstiger ist. Hergestellt werden Arzneimittel vor allem auch dann, wenn die zubereitete Form nur sehr begrenzt haltbar ist. Schwerpunkt im Herstellungsbereich sind individuell dosierte Arzneimittel, wie beispielsweise Chemotherapeutika, kindgerechte Dosierungen von Arzneimitteln und spezielle Dermatika, z. B. Hautsalben. „Hier kommen teils individuelle Rezepturen auf uns zu“, so Fellhauer, „teils können wir häufig angeforderte Rezepturen auch im Rahmen der Defektur herstellen.“
„Die Reinräume im neuen Klinikum waren nach dem Umzug die größten Veränderungen für uns“, erinnert sich Fellhauer, „während wir früher in Räumen der Reinraumklasse C produziert haben, stehen uns jetzt B-Räume zur Verfügung.“ Im Reinraumbereich der Apotheke findet beispielsweise die aseptische Herstellung der sterilen Arzneiformen wie Mischinfusionen statt. In einem davon räumlich getrennten Bereich werden applikationsfertige Zytostatikalösungen hergestellt, nicht nur fürs Klinikum, sondern auch im Auftrag für öffentliche Apotheken. „Der tägliche Personalbedarf für diese Tätigkeit ist relativ gut planbar“, so Fellhauer, „Zytostatika werden morgens auf Anforderung hergestellt und gehen unmittelbar nach ihrer Herstellung auf die Stationen und an externe Kunden.“
In einem Reinraum werden auch Lösungen für die parenterale Ernährung von Früh- und Neugeborenen mithilfe eines Compounders angefertigt.
Die Eigenherstellung von Augentropfen kommt dagegen vergleichsweise selten vor, was damit zusammenhängt, dass sich am Klinikum keine ophthalmologische Abteilung befindet.
Selbst die Herstellung von Rezepturen wie Salben oder Zäpfchen findet in Räumen statt, die unter leichtem Überdruck stehen, so dass eine Kontamination beim Betreten zumindest erschwert wird. Die Mitarbeiter betreten diese Räume durch eine Schleuse, sie ziehen für das Arbeiten in diesen Räumen andere Schuhe und einen anderen Kittel an, außerdem eine Haube und einen Mundschutz. Falls es einmal nötig sein sollte, ist dieser Bereich durch wenige Veränderungen sogar in eine höhere Reinraumklasse umbaubar.
Engagiert ist die Apotheke zudem beim Thema Wundversorgung. Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe mit Ärzten und Pflegenden hat zusammen mit der Apotheke einen Wund-Leitfaden erarbeitet für eine standardisierte Wundversorgung, für die Dekubitusprophylaxe – „eine wichtige Aufgabe auch für uns, mit ökonomischem Hintergrund“. Und letztlich hat dies auch mit Behandlungs- und Pflegequalität zu tun.
„Institut für Klinische Pharmazie“
Sucht man auf der Website des Klinikums nach der Krankenhausapotheke, findet sie sich im Kreis der medizinischen Fachabteilungen unter „Apotheke“, aber versehen mit einem zusätzlichen Eintrag: „Institut für Klinische Pharmazie“ – eine Besonderheit der Krankenhausapotheke am Klinikum in Villingen-Schwenningen. Fellhauer konnte diese Zusatzbezeichnung für die Apotheke vor einigen Jahren mit der Geschäftsführung abstimmen mit einer plausiblen Begründung: Als „Kliniken“ werden die Fachabteilungen des SBK bezeichnet, die Betten haben. Die Fachabteilungen Pathologie sowie Radiologie und Nuklearmedizin, jeweils ohne Betten, aber organisatorisch den Kliniken gleichgestellt, nennen sich dagegen Institute. Vor diesem Hintergrund erschien es in der Systematik des SBK logisch, auch die Apotheke, da ohne Betten, aber mit patientennahen Aufgaben betraut, als „Institut“ zu führen. „Das hatte für uns bereits viele Vorteile, da wir mit anderen Instituten der Klinik auf einer Ebene stehen“, zeigt sich Fellhauer zufrieden, „nicht zuletzt auch für die Außenwirkung in einer Zeit, in der die Klinische Pharmazie eine immer größere Bedeutung für die Pharmazie bekommt.“ Möglicherweise hat die Apotheke durch diese Bezeichnung auch in der Kommunikation mit den Ärzten einen hohen Stellenwert.
Als patientenorientierte, patientennahe Dienstleistung versteht Krankenhausapotheker Fellhauer den Bereich der Klinischen Pharmazie. Apotheker sind regelmäßig auf den Stationen und teilweise bei Visiten anwesend. Der teilnehmende Apotheker checkt die Medikation, schaut nach arzneimittelbezogenen Problemen. Bei einer Medikationsänderung besprechen die Ärzte die mögliche Umstellung, wobei der Apotheker denkbare Probleme eruiert und gegebenenfalls Empfehlungen zu einer Umstellung gibt. „Die Erfahrung zeigt: Wenn von uns regelmäßig Mitarbeiter auf den Stationen mit dabei sind“, weiß Fellhauer, „dann bildet sich viel eher eine sehr enge Zusammenarbeit mit den Ärzten heraus, die über das Gespräch im Rahmen der Visite hinausgeht. Der Arzt ruft dann schon mal eher in der Apotheke an, um Probleme und Fragen mit der Apotheke zu besprechen – die Kommunikation ist einfach viel besser und intensiver.“
Die Apothekerinnen und Apotheker der Krankenhausapotheke informieren Ärzte, aber auch Patienten zu Fragen rund um die Arzneimitteltherapie. Zur klinischen Pharmazie gehört auch die pharmakokinetische Optimierung der Dosis, z. B. beim Antibiotikum Vancomycin. Mitarbeiter der Krankenhausapotheke sind zudem eingebunden in einen interdisziplinären Qualitätszirkel mit Ärzten, wo Fragen der Wundbehandlung besprochen werden. Nicht zuletzt ist die Krankenhausapotheke auch in das Entlassmanagement eingebunden; dazu zählen am Wochenende die Mitgabe der Übergangsmedikation und die arzneiliche Beratung der Patienten bei der Entlassung.
Hygiene und rationale Antibiotikatherapie
Über die im Klinikum verwendeten Arzneimittel entscheidet eine interne Arzneimittelkommission, deren Vorsitz der Krankenausapotheker innehat. „Neben der Arzneimittelkommission haben wir noch eine Reihe anderer Arbeitsgruppen und Kommissionen wie z. B. die Hygienekommission, die gerade in den letzten Jahren eine besondere Bedeutung gewonnen hat“, ergänzt Fellhauer. Der ärztliche Direktor des Klinikums ist der Vorsitzende, Fellhauer ist Geschäftsführer dieser Hygienekommission, so dass hier beide Heilberufe vertreten sind. Fellhauer: „Klinikhygiene hat auch bei uns eine sehr große Bedeutung. In den Zuständigkeitsbereich der Krankenhausapotheke fällt auch die Koordination des Antibiotic Stewardship Programms (ABS) des Klinikums.“ Hierunter versteht man ein programmatisches, nachhaltiges Bemühen einer medizinischen Institution um Verbesserung und Sicherstellung einer rationalen Verordnungspraxis von Antiinfektiva. Dazu zählen Strategien bzw. Maßnahmen, die die Qualität der Antiinfektivabehandlung bezüglich Auswahl, Dosierung, Applikation und Anwendungsdauer sichern, um das beste klinische Behandlungsergebnis unter Beachtung einer minimalen Toxizität für den Patienten zu erreichen. ABS-Programme, die mehrere ABS-Maßnahmen bündeln, haben einen günstigen Einfluss auf Resistenz-, Kosten- und Verbrauchsentwicklung. „Leider haben wir keine eigene Stelle hierfür bekommen, so dass diese Aufgaben von unserem Personal zusammen mit einigen Ärzten, die sich für dieses Gebiet interessieren, mit übernommen werden müssen“, beklagt Fellhauer, „viele halten die Beobachtung der Resistenzentwicklung und die Erstellung dieser Statistiken für wichtig, aber die Bereitschaft, dafür auch Stellen zu schaffen, ist von den Krankenhausträgern und der Politik doch gering.“
„Immerhin“, so der Krankenhausapotheker, „ hatten wir bisher zum Glück noch keine gravierenden Probleme hinsichtlich der Resistenzentwicklungen, unser Antibiotikaverbrauch ist eher unterdurchschnittlich. Bei uns steht daher an erster Stelle, diesen Stand zu bewahren. Würde allerdings ein multiresistenter Keim von außen ins Klinikum eingeschleppt werden, dann nützt auch ein ABS-Programm wenig. Dann sind Hygienemaßnahmen gefragt, um eine weitere Verbreitung des Keims zu verhindern. Die Hygienemaßnahmen zielen auf die Prävention ab. In unserer Hygienekommission geht es im Wesentlichen um die Vermeidung nosokomialer Infektionen. Das ABS-Programm dagegen möchte die Qualität der Therapie mit Antiinfektiva verbessern, um den Selektionsdruck zu vermindern, was dann mittel- oder langfristig zu weniger Resistenzen führt.“
Entlassmedikation, Info und Beratung
Eine Anamnese der Medikation bei Aufnahme eines Patienten wäre wünschenswert und sehr sinnvoll, „aber“, so Fellhauer, „das ist ein Kapazitätsproblem – dafür haben wir nicht die personelle Ausstattung. Bei rund 50.000 Patienten im Jahr würde dies einen erheblichen Aufwand bedeuten.
Wir kümmern uns allerdings auf vielen Stationen um die Entlassmedikation. Wir geben dem Patienten, der freitags entlassen wird, seine Medikamente, die er für die nächsten drei Tage benötigt, mit nach Hause. Anhand des Arztbriefes stellen wir die Arzneimittel zusammen und verblistern sie. Wir bieten den Patienten, die gehfähig sind, an, ihre Arzneimittel bei uns in der Apotheke abzuholen und geben ihnen dazu eine entsprechende Beratung. Für diese Initiative hat die Apotheke im Jahr 2010 sogar den Qualitätspreis des Sozialministeriums bekommen. Den Service der Entlassmedikation dürfen wir allerdings, so die Apothekenbetriebsordnung, nur vor Feiertagen und an Wochenenden bieten. Nicht nur die Patienten, sondern auch die Pflegeheime sind für diesen Service sehr dankbar.“
Ärztemangel zeigt sich auch schon in der Klinik, gerade hier im ländlichen Raum. Die vorhandenen Ärzte sind ausgelastet, und vor diesem Hintergrund sind die Ärzte dankbar, wenn der Krankenhausapotheker sich um die Entlassmedikation kümmert, die Aufklärung und Information der Patienten zu seinen Arzneimitteln übernimmt.
Für die Information und Beantwortung von Anfragen des ärztlichen und des Pflegedienstes innerhalb der Klinik steht ständig ein Apotheker für die Info-Hotline zur Verfügung. „Da die Antwort nach Möglichkeit immer umgehend erfolgen sollte“, so Fellhauer, „ist die Kollegin an der Hotline ausschließlich dafür zuständig.“
Zur Kommunikation allgemein: Die Apotheke informiert die Ärzte und Stationen mit einer Art Newsletter. „Per E-Mail erreicht man leider nicht alle. Außerdem möchten wir die Ärzte und alle, die es angeht, mit Informationen nicht überfrachten, die Infos nicht zu breit streuen, die nur für bestimmte Bereiche von Interesse sind“, ergänzt Fellhauer. „Besonders kritisch und fehlerträchtig wird es dann, wenn sich beispielsweise die Konzentration von Lösungen ändert: Hier müssen wir sehr nachdrücklich darüber informieren, dass bei der Programmierung von Perfusionen volumenbezogene Verabreichungen umzuprogrammieren sind. Die Infos werden hier nur mit dem betreffenden Arzneimittel herausgeben.“
Struktur, Einkauf, Lieferengpässe
Fellhauer hat die Krankenhausapotheke in verschiedene pharmazeutische Bereiche aufgeteilt mit jeweils zuständigen Apothekerinnen und Apothekern als Bereichsleitungen. Daneben gibt es in der Apotheke auch ein Assistenz-Team, unterteilt in die Gruppe der Logistik mit PKA und die Gruppe der Pharmazie mit PTA.
„Die Krankenhausapotheke ist Mitglied einer Einkaufskooperation, die mit sechs teilnehmenden Kliniken relativ klein ist, aber eine beachtliche Größe hat, wenn man die Zahl der Betten betrachtet“, so Fellhauer, „beispielsweise kaufen hier die großen Krankenhäuser von Leipzig, Bremen oder Stuttgart gemeinsam ein. Wir haben keine große Organisationsstruktur und können sehr flexibel agieren. Wir teilen uns beispielsweise die Verhandlungsführerschaften auf, jeder von uns hat eine bestimmte Anzahl von Firmen, mit denen er auch im Namen der anderen Kliniken verhandelt.“
„Ein Dauerbrenner ist das Problem der Lieferengpässe“, klagt Fellhauer, „die Situation hat sich nicht gebessert. Die Zahl der Lieferengpässe hat sich nicht verringert und sie nehmen jetzt auch in ihrer Bedeutung zu.“ Als Beispiel nannte der Krankenhausapotheker das Antibiotikum Ampicillin-Sulbactam in seiner i.v.-Form: Alle Hersteller dieses Stoffs, auch die Generikahersteller sind nicht lieferfähig: „Wir müssen unsere Bestände stark rationieren und andere Antibiotika kombinieren. Wir müssen unsere Ärzte immer wieder bitten zu überlegen, ob sie dieses Präparat in seiner oralen Form anwenden können. Ursache ist eine weltweite starke Zunahme des Bedarfs und zu geringe Produktionskapazitäten, so wird es uns gegenüber begründet.“ Lieferprobleme gibt es auch bei Arzneimitteln, die man nicht austauschen soll. „In vielen Fällen mussten Patienten hier aufwendig umgestellt werden“, erinnert sich der Krankenhausapotheker, „im letzten Jahr hatten wir rund einhundert Lieferengpässe. Allein die Kommunikation in einem großen Klinikum ist schwierig: Jedem, der es wissen muss, mitzuteilen und ihm nahezubringen, das es bei diesem oder jenem Präparat Lieferschwierigkeiten gibt, ist enorm aufwendig. Mit dem Verschicken einer internen Mail ist es leider nicht getan.“
Unterweisungen, „schlaue Stunden“, Studien
Für die Mitarbeiter der Krankenhausapotheke stehen regelmäßige und vorgeschriebene Unterweisungen an, angefangen beim Brandschutz bis hin zu Sicherheitsrundgängen. Hinzu kommt die fachliche Fortbildung – „wir nennen sie ‚schlaue Stunden’“, so Fellhauer, „zu bestimmten Themen, die die Mitarbeiter meist auch selbst wählen. Die Themen werden von eigenen Leuten im Haus übernommen oder wir laden Referenten von anderen Abteilungen des Klinikums ein, um darüber zu informieren, wie sie die Arzneimittel einsetzen, bei welchen Krankheitsbildern etc.“
Eingebunden ist die Krankenhausapotheke des SBK auch in die pharmazeutische Betreuung klinischer Studien, die in aller Regel im Bereich der Hämatologie/Onkologie und der gynäkologischen Onkologie ablaufen. Zu diesen Studien gibt es entsprechende apothekeninterne Fortbildungen: „Jede Studie hat ihre Besonderheiten und ihre Anforderungen, wie die Studienware zubereitet werden muss und worauf zu achten ist. Die PTAs, die diese Zytostatika zubereiten, müssen intensiv geschult werden, damit hier keine Fehler passieren: Jeder Wirkstoff erfordert eine besondere Vorgehensweise.“ Veranlasst werden diese Studien zum einen von der Pharmaindustrie, zum anderen sind es sogenannte investigator initiated studies, die z. B. von Fachgesellschaften initiiert werden. „Studiensponsoren sprechen unser Haus an, die Ärzte entscheiden, ob sie teilnehmen wollen. Wenn die Entscheidung für die Studienteilnahme gefallen ist, beginnt die Bürokratie“, weiß Fellhauer zu berichten. „Von jedem involvierten Apotheker und jeder PTA müssen beispielsweise Lebenslauf und weitere Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, um zu belegen, dass sie dafür qualifiziert ist. Es folgen Unterweisungen für alle Mitarbeiter der Apotheke, die an der Durchführung der Studien beteiligt sind. Die Lagertemperatur der Studienware ist täglich zu dokumentieren. Hinzu kommen die Besuche der Studienmonitore, die alle Unterlagen prüfen. Es können Relabelings stattfinden, bei denen die Studienware umettiketiert wird – alles in allem ist das sehr aufwendig und kompliziert.“ Pro Jahr sind es etwa 25 bis 30 Studien, die neben der täglichen Arbeit einer Krankenhausapotheke zu bewältigen sind. Fellhauer: „Eine unserer Apothekerinnen hat sich hierauf spezialisiert – es ist mittlerweile ein eigener Bereich der Krankenhausapotheke geworden.“
Das Notfalldepot
Wegen der günstigen geografischen Lage des SBK hat die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg in der Krankenhausapotheke des Klinikums ihr Notfalldepot eingerichtet. Öffentliche Apotheken können dort rund um die Uhr selten benötigte Arzneimittel abrufen, beispielsweise ein Antiserum gegen Bisse europäischer Giftschlangen oder Arzneimittel gegen Pilzvergiftungen. 35 bis 40 verschiedene Präparate liegen hier im Depot – „eine Einrichtung, die durchaus in Anspruch genommen wird“, so Fellhauer. „Das Notfall-Depot ist dabei mit dem hauseigenen Notfall-Depot zusammengelegt, so dass wir auf das Depot der Kammer und auf unser eigenes Depot der Klinikapotheke zugreifen können. Im Gegenzug helfen wir öffentlichen Apotheken aus, für die eigentlich nur das Depot der Kammer zur Verfügung steht. Es versteht sich von selbst, dass wir auch den öffentlichen Apotheken beispielsweise mit einem teuren und äußerst selten gebrauchten Präparat wie beispielsweise einem Digitalis-Antitoxin, das wir vorrätig halten, im Notfall aushelfen würden.“ Eine ständige Dienstbereitschaft für das Notfall-Depot ist sichergestellt.
Das RAIZ
Die Klinikapotheke des SBK fungiert außerdem als Regionales Arzneimittelinformationszentrum (RAIZ) – ein Service, den die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg für ihre Mitglieder zur Verfügung stellt. Das RAIZ beantwortet klinisch-pharmazeutische und pharmakologische Fragen von öffentlichen Apotheken zu Themen wie beispielsweise Arzneimittelanwendung von transdermalen Systemen, Teilen von Tabletten, Stabilität von Anbrüchen, Arzneimittel über Ernährungssonden, Fragen zur Pharmakologie bis hin zu Fragen zu Überdosierungen sowie Neben- und Wechselwirkungen. Der Informationsdienst besteht bereits seit mehr als zehn Jahren. Insgesamt zehn Klinikapotheken sind in diesen Informationsdienst in Baden-Württemberg eingebunden. Die Klinik-Apotheke des SBK ist formal für rund 300 öffentliche Apotheken zuständig. Apotheken, die eine Frage haben, können den RAIZ per Fax oder E-Mail kostenlos in Anspruch nehmen. Rund 50 bis 60 mal im Jahr wird der Dienst der Klinikapotheke in Anspruch genommen.
„Auch dafür muss gutes Personal vorhanden sein, das diese Aufgabe quasi noch nebenbei mit erledigt.“ Doch Fellhauer weiß sich hier bestens aufgestellt: „Ich habe zum Glück so gutes Personal“, lobt er sein Team, „die Qualifikation und Motivation meiner Mitarbeiter ist spitze – das ist außergewöhnlich“. Und das Zweite, auf das der Krankenhausapotheker stolz ist, ist die sehr gute Zusammenarbeit und Vernetzung mit den Ärzten am Klinikum mit vielen persönlichen Kontakten. Alles in allem zeigt sich der Krankenhausapotheker zufrieden mit der personellen und instrumentellen Ausstattung seiner Krankenhausapotheke, räumt aber auch ein: „Die generell hohe Arbeitsverdichtung in den Krankenhäusern hinterlässt ihre Spuren auch in den Apotheken. Die Qualifikation und Motivation des gesamten Teams ist daher unser wichtigster Erfolgsfaktor“. |
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