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Zwischen Kirchentag und Wirtschaft
Boehringer-Chef Barner ist Kirchentagspräsident
Motto des Evangelischen Kirchentags ist „damit wir klug werden“, ein Zitat aus dem 90. Psalm, Vers 12, wobei die vollständige Bibelstelle Aufschluss über die Bedeutung dieses Zitats gibt: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“ Für den Boehringer-Chef bedeutet dies, dass die Menschen darüber nachdenken sollen, dass ihre Tage gezählt sind. „Das heißt innehalten und überlegen, was wir tun und wie wir es tun. Dann hat man schon den halben Weg, um klug zu werden“, so Barner im Gespräch mit der Evangelischen Landeskirche Württemberg.
Zwischen Kirchentag und Wirtschaft sei es nie ganz spannungsfrei zugegangen, resümiert Barner, der auch Forschungs- und Entwicklungschef des zweitgrößten deutschen Pharmaherstellers ist. Für ihn sei es Aufgabe und Chance zugleich, das Thema voranzutreiben. Mehr als zwei Drittel aller Beschäftigten arbeiteten in der Privatwirtschaft und die meisten seien überzeugt, in guten Unternehmen zu arbeiten. „Da muss es positive Bezüge geben, zwischen dem, was Menschen als Glauben leben, und dem, was sie beruflich tun“, ist Barner überzeugt, „es müssen Zusammenhänge sichtbar werden. Das zu verstärken, gehört für mich zu meiner Verantwortung als Kirchentagspräsident.“ Er sehe dies auch vor dem Hintergrund, dass Pharmaunternehmen in der Regel unterstellt werde, ethische Prinzipien nicht zu achten.
Als Christ sei es ihm wichtig, Entscheidungen zu treffen, die ethisch vertretbar seien. Als Verantwortlicher für die Forschung sehe er seine Aufgabe als Chance, so etwas wie Kollektivmedizin zu betreiben und Lösungen für ganz viele Patienten zu ermöglichen, wobei es hier auch um ethische Werte gehe. Der Kirchentag biete die Chance, diese Werte zu reflektieren, so Barner. Als Beispiel nannte er das AIDS-Präparat Viramune (Nevirapin), das die Übertragung der HIV-Infektion von der Mutter auf das Kind während der Geburt um die Hälfte senken könne. Boehringer habe das Präparat vielen Entwicklungsländern kostenfrei zur Verfügung gestellt – für Barner ist dies ein Beispiel guter kollektiver Medizin.
Barner bekennt sich dazu, dass der christliche Glaube eine große Bedeutung in seinem Leben spielt. Er bete z. B. dafür, dass er mit der richtigen Geisteshaltung an seine Arbeit gehe, Prinzipien nicht zu verletzen, die ihm wichtig seien. Dazu gehörten auch so einfache wie Zuhören können, alle Punkte zu berücksichtigen und erst dann eine Entscheidung zu fällen. Barner: „Es geht darum, richtige Maßstäbe zu setzen und gute Rahmenbedingungen zu schaffen, die sich an der Werteorientierung des Glaubens ausrichten.“
Das Besondere an einer Bewegung wie dem Evangelischen Kirchentag sind für Barner drei Elemente: die besonderen Gottesdienste, auch die ökumenischen (er selbst ist Protestant, seine Frau und seine Tochter katholisch), dann die unvorhersehbaren Begegnungen, Gespräche, Veranstaltungen, und schließlich die stillen Momente wie beim Abendgebet. Besonders schätzt er, „dass man sich Zeit nimmt, über Glauben nachzudenken“, so Barner in einem Interview.
Andreas Barner studierte Medizin in Freiburg und Mathematik an der ETH Zürich. Nach seinen Promotionen in Medizin und Mathematik wechselte er zur Ciba-Geigy AG. Seit 1992 ist er für die Boehringer Ingelheim GmbH tätig, seit 1999 als Mitglied der Unternehmensleitung, seit 2009 deren Sprecher. Den Titel des Professors erhielt er 2008 durch den Bundespräsidenten von Österreich verliehen. Barner ist in der Wirtschaft und Wissenschaft zu Hause und Mitglied zahlreicher Organisationen und Gesellschaften.
Dass Stuttgart Veranstaltungsort des diesjährigen Kirchentages ist, freut ihn besonders. Zum einen habe er familiäre Wurzeln im Schwäbischen. Sein Krankenpflegepraktikum für das Medizinstudium absolvierte er in Stuttgart, er kenne Stuttgart besser als andere Städte. Stuttgart sei auch die Stadt, die es mit am besten geschafft habe, Menschen mit Migrationshintergrund zu integrieren, ist Barner überzeugt. Und so wird der Kirchentag für ihn ein Erfolg, wenn es ein Fest des Glaubens wird, wenn auch geschwiegen wird, wenn zugehört wird, und „wenn die Stuttgarter Diskussionskultur dazu führt, dass wir alle ein bisschen weiser werden ...“ |
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