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Strukturelle Probleme

Dr. Benjamin Wessinger, Chefredakteur der DAZ

Die Apothekerschaft hat, wie die anderen verkammerten freien Berufe auch, die Wahrnehmung der quasi-hoheitlichen Aufgaben der Kammern von der wirtschaftlichen Interessenvertretung durch Verbände getrennt (s. „Wer macht was in der Berufspolitik?“, S. 18). Beide „Zweige“ der Berufsvertretung haben sich wiederum je einen „Dachverband“ gegeben: die Bundesapothekerkammer und den Deutschen Apothekerverband. Doch es gibt noch einen weiteren Dachverband, in dem sowohl die 17 Kammern wie auch die 17 Verbände Mitglied sind: die ABDA.

Und dieses Konstrukt ist nun ganz spezifisch für die Apotheker, die anderen freien Berufe kennen keine entsprechende Dachorganisation. Die Ärzte beispielsweise trennen fein säuberlich zwischen Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

Als Begründung für das ABDA-Konstrukt wird oft angeführt, ein so kleiner Berufsstand wie die Apotheker müsse „mit einer Stimme sprechen“. Für Ansprechpartner in der Politik, von den Krankenkassen oder aus anderen Berufsgruppen mag das ja auch bequem sein, dass sie sich immer an die ABDA wenden und sicher sein können, dass ihre Fragen und Anliegen ihren Adressaten schon erreichen. Dieses Kon­strukt kann aber auch verwirrend sein, da eben nicht jedem immer ganz klar ist, wer nun für welches Problem zuständig ist: die ABDA, die BAK, der DAV oder doch einzelne „MOs“, wie die Mitgliedsorganisationen der ABDA intern gerne genannt werden?

Und es kommt zu Reibungsverlusten: Bei wichtigen Entscheidungen wollen 34 Kammern und Verbände mit teilweise sehr machtbewussten Vorsitzenden bzw. Präsidenten gefragt werden. „Der Geschäftsführende Vorstand führt nur das aus, was wir in der Mitgliederversammlung beschließen““, hat das ein LAV-Vorsitzender einmal treffend zusammengefasst. Schnelle, entschiedene Reaktionen auf aktuelle Entwicklungen werden dadurch nicht gerade gefördert. Da wundert es nicht, dass es der ABDA so manches Mal an Schnelligkeit, Wendigkeit und Schlagkraft fehlt.

Doch es gibt auch ganz grundsätzliche Probleme. Beispielsweise werden im heutigen ABDA-Konstrukt die Apothekenleiter gegenüber den angestellten Apothekern strukturell bevorzugt. Denn die 17 Landesapothekerverbände (LAVs) vertreten ausschließlich die Interessen der Inhaber. In den Kammern dagegen bilden die Angestellten zwar die Mehrheit der Mitglieder, aber schon in den Delegiertenversammlungen ist das umgekehrt – und in den Vorständen oder Präsidien der Landes- wie der Bundesapothekerkammer sind Angestellte nur noch marginal vertreten. Die gleichen strukturellen Ungleichgewichte kann man zwischen den Berufsfeldern (Offizin- vs. Krankenhaus-, Industrie-, Verwaltungsapotheker usw.) konstatieren. Aber selbst wenn in den Kammern die Angestellten (und die Industrie-, Krankenhaus-, Verwaltungsapotheker) ihrer tatsächlichen Mitgliederzahl entsprechend berücksichtigt würden, bliebe durch die LAVs im „Gesamtverband“ ABDA das Ungleichgewicht bestehen. Jedenfalls solange nicht auch Interessenvertretungen der in Offizinapotheken Angestellten sowie der anderen Berufsfelder Mitglied der ABDA werden dürfen.

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