Arzneimittel und Therapie

„Präventionsmaßnahmen dürfen nicht umsonst sein“

GLICEMIA-Autoren im DAZ-Interview

Die GLICEMIA-Studie zeigt, dass Prävention in Apotheken machbar und effektiv ist. Wir haben mit zwei der Studienautoren, Karin Schmiedel und Dr. Helmut Schlager, gesprochen.

DAZ: Nach einem Jahr Intervention wurden Verbesserungen bei Diabetes-relevanten Parametern erzielt. Wird es ein Follow-up geben oder ist die Studie damit abgeschlossen?

Schmiedel: Die Studie ist erst einmal abgeschlossen. Auch wenn die Frage, inwiefern die Probanden die Änderungen in ihrem Lebensstil auch ohne intensive Betreuung beibehalten, hochinteressant ist.

Schlager:

Im Sinne der Nachhaltigkeit wäre eine Fortführung sicherlich sehr spannend. Andererseits darf man den personellen und finanziellen Aufwand solcher Studien nicht unterschätzen. Der Wissenschaftliche Beirat des WIPiG wird sich in seiner nächsten Sitzung im Sommer mit genau dieser Frage beschäftigen.

Foto: jb/DAZ

Dr. Helmut Schlager und Karin Schmiedel

DAZ: Die Patienten wurden ein Jahr intensiv betreut. Es gab Schulungen und Einzelgespräche, der Aufwand ist nicht zu unterschätzen. Was würde GLICEMIA pro Patient kosten?

Schmiedel: Nach unseren Berechnungen rund 350 Euro. Diese Kalkulation basiert auf dem LeiKa (Leistungskatalog der Beratungs- und Serviceangebote in Apotheken). Die Teilnehmer wären im Schnitt bereit gewesen, 100 Euro selbst zu bezahlen. Viele sind aber auch der Meinung, so etwas müsse von der Kasse übernommen werden.

Schlager: Es muss auf jeden Fall klar gemacht werden, dass derartige Zusatzleistungen von Apotheken nicht umsonst angeboten werden können. Der LeiKa gibt da hervorragende Hilfestellung, wie welche Leistung berechnet werden kann. Darauf müssen die Apotheker künftig noch viel mehr hingewiesen werden. Wie sie letztendlich kalkulieren, ob Vollkostenrechnung oder nur den Arbeitsaufwand, oder ob sie beispielsweise im Rahmen von Aktionen die Leistung dann günstiger anbieten, bleibt ihnen selbst überlassen, aber der Wert dieser Dienstleistungen muss den Patienten klar kommuniziert werden. Die auf dem LeiKa basierenden Honorar-Forderungen, die wir in anderen Projekten z. B. für die Vortragshonorare, gestellt haben, sind von den Kostenträgern akzeptiert worden.

DAZ: Waren die teilnehmenden Apotheker zufrieden?

Schmiedel: 95% der Interventionsapotheken haben das Studienkonzept als sehr gut oder gut beurteilt. Die Apotheker der Kontrollgruppe waren aber zum Teil schon recht traurig, weil sie nicht intervenieren durften. Einige würden auch an weiteren derartigen Erhebungen nur als „Kontrollapotheker“ nicht mehr teilnehmen wollen. Die Apotheker der Interventionsgruppe haben zwar zum Teil den doch erheblichen Aufwand kritisiert, der notwendig war, die Leute bei der Stange zu halten. Völlig begeistert waren sie jedoch vom positiven Effekt auf die Kundenbindung.

DAZ: Was können Apotheken, die in der Prävention aktiv werden wollen, konkret tun?

Schlager: Auf der Website des WIPiG stehen zu einer Vielzahl von Themen Materialien zur Verfügung. Dort finden sie zum Beispiel fertig ausgearbeitete Vorträge und Flyer, aber auch alle Unterlagen der GLICEMIA-Studie, wie u. a. den Ablauf der Beratungsgespräche und Musterrechnungen, um den Aufwand zu beziffern. Neben dem wissenschaftlichen Beweis der Machbarkeit und der Effektivität, der ja auf höchster Evidenzstufe gelungen ist, war es unser Ziel, allen Apotheken ein vollständiges Diabetes-Präventionsprogramm zur Verfügung zu stellen.

Die Materialien stehen allen Mitgliedern der Förderinitiative Prävention zur Verfügung. Derzeit sind 17 Kammern und Verbände Mitglied in der Förderinitiative, und über deren Mitgliedschaft können die Apotheker die Materialien kostenfrei von der WIPiG-Homepage herunterladen. Lediglich in vier Bundesländern sind weder Kammer noch Verband Mitglied, nämlich im Saarland, in Berlin, in Rheinland-Pfalz und in Mecklenburg-Vorpommern. Dort müssten interessierte Apotheker dann Einzelmitglieder werden.

DAZ: Vielen Dank für das Gespräch! |

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