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Nur ein Mittel zur Einflussnahme?

Transparency International zweifelt am Sinn von Anwendungsbeobachtungen

BERLIN (ks) | Sind Anwendungsbeobachtungen (AWB) ein Instrument, um Erkenntnisse über zugelassene Arzneimittel im Versorgungsalltag zu erlangen – oder sind sie doch nur Scheinforschung und ein Mittel der Einflussnahme auf Ärzte? Bei Transparency International glaubt man eher Letzteres. Jüngste Erkenntnisse, die in zwei Klageverfahren auf Auskunft nach dem Informationsfreiheitsgesetz erlangt wurden, legten nahe, dass AWB ein mögliches Instrument der Korruption im Gesundheitswesen seien, so die Anti-Korruptionsorganisation.
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Anwendungsbeobachtungen haben nach Ansicht von Transparency International kaum wissenschaftlichen Nutzen. Vielmehr bergen sie die Gefahr der Einflussnahme.

AWB sind gängige Praxis. Im Arzneimittelgesetz finden sich einige wenige Regelungen zu derartigen Untersuchungen, die pharmazeutische Industrie hat in ihren Kodizes detailliertere Regeln aufgestellt. Doch AWB stehen immer wieder in der Kritik. 2011 wollte Transparency von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), dem GKV-Spitzenverband und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Genaueres zu diesen Studien wissen – allen drei Institutionen müssen pharmazeutischen Unternehmen oder die von ihnen beauftragten Clinical Research Organisations ihre AWB anzeigen. ­Dabei sind Ort, Zeit, Ziel und Beobachtungsplan der Anwendungsbeobachtung anzugeben sowie gegenüber der KBV und GKV-Spitzenverband die beteiligten Ärzte. Sofern beteiligte Ärzte Leistungen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen, sind auch Art und Höhe der an sie gezahlten Honorare anzugeben.

Transparency interessierte sich für die Anzahl der gemeldeten AWB in den Jahren 2008 bis 2010, die meldenden Unternehmen selbst, die Orte der AWB, die Präparate und die Dauer der AWB. Zudem wollte die Organisation wissen, wie viele Patienten und Ärzte pro AWB teilnehmen, wie hoch die gezahlten Honorare sind, welchen Anteil neu zugelassene Medikamente haben und welche Informationen über Auswertungen und Ergebnisse oder Publikationen es gibt.

Kein wissenschaftlicher Nutzen

Während der GKV-Spitzenverband die gewünschten Auskünfte unverzüglich erteilt habe – mit Ausnahme der als ­Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse angesehenen Honorare – gaben sich BfArM und KBV zugeknöpfter. Vor ­Gericht erstritt Transparency im Juni 2012 gegenüber der KBV und im Juli 2014 gegenüber dem BfArM die Herausgabe der AWB-Informationen – dann ging es an die Auswertung. Irritiert zeigt man sich bei Transparency darüber, dass die Daten der drei Stellen erheblich voneinander abweichen: So gebe es unterschiedliche AWB-Zahlen, unvollständige Meldungen, fehlende Beobachtungspläne sowie fehlende Ärzte-, Patienten- und Honorarangaben. Offensichtlich, so Transparency, erfolgte seitens der Institutionen kein Abgleich untereinander. Ebenso wenig habe man sich für den Verlauf oder die Ergebnisse der AWB, vor allem hinsichtlich der Arzneimittelsicherheit, interessiert, beklagt die Organisation. „Der wissenschaftliche Nutzen von AWB für die Allgemeinheit ist also gleich Null“, urteilt Dr. Ulrich Keil, Professor für Epidemiologie und Mitglied der Arbeitsgruppe Gesundheitswesen bei Transparency.

Die Bemühungen von Transparency haben jedoch auch konkrete Zahlen ans Licht gebracht: So gab es in den Jahren von 2008 bis 2010 insgesamt über eine Million Patienten und 126.764 Ärzte (Mehrfachnennungen möglich), die an AWB teilnahmen. Pro AWB seien durchschnittlich rund eine halbe Million allein an Honorarkosten veranschlagt worden. Für den einzelnen Arzt habe sich das Honorar auf im Schnitt rund 19.000 Euro belaufen. Damit, so Transparency, könnten AWB als ein Instrument von unzulässiger Einflussnahme auf Ärzte und Korruption im Gesundheitswesen angesehen werden. |

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