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Mehr Schaden als Nutzen
Alternativer Drogen- und Suchtbericht kritisiert Betäubungsmittelgesetz
Hinter dem Alternativen Drogen- und Suchtbericht stehen drei Verbände: der akzept e. V. – Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik, die Deutsche AIDS-Hilfe und das Selbsthilfe-Netzwerk JES Bundesverband. Die Herausgeber wollen das Thema breit darstellen – von Alkohol und Tabak über Cannabis bis Heroin – und damit dazu beitragen, „Irrtümer in der Drogenpolitik zu korrigieren und Erkenntnisse der Sucht- und Präventionsforschung in dauerhaft erfolgreiche Maßnahmen zu übersetzen“. Dazu hält der Bericht eine Reihe von Aufsätzen unterschiedlicher Fachleute zu drei großen Themenkreisen bereit.
Bisherige Drogenpolitik ist gescheitert
Für die Herausgeber des Berichts ist klar: Verbotspolitik und Repression sind im Bereich der Drogen gescheitert. „Es fehlt der Drogenpolitik der Bundesregierung an strategischen, innovativen und substanzübergreifenden Konzepten sowie konsistenten Aktionsplänen“, heißt es im Vorwort von Prof. Dr. Heino Stöver, Vorstandsvorsitzender von akzept e. V. und Direktor des Instituts für Suchtforschung der Frankfurt University of Applied Sciences, und Dirk Schäffer von der Deutschen Aids-Hilfe. Fakt sei, dass sich eine gesellschaftliche Lernstrategie einer Kontrollstrategie als überlegen erwiesen hat. Bei der Vorstellung des Berichts betonte Stöver: „Es ist Zeit für einen Paradigmenwechsel. Wir brauchen jetzt den Schritt vom erfolglosen Verbot zu einer wirkungsvollen Regulierung.“ Drogenverbote verhinderten Drogenkonsum und -handel hingegen nicht. Sie verdrängten das Geschehen lediglich ins Verborgene, wo es schwer sei, einzuwirken und Hilfe anzubieten. Die Strafverfolgung, die im BtMG verankert ist, habe weitere massive schädliche Auswirkungen: So zögen organisierte Kriminalität und horrende Schwarzmarktpreise Beschaffungskriminalität nach sich. Zudem steige in Haft die Wahrscheinlichkeit, sich mit HIV oder HCV zu infizieren – unter anderem weil keine sauberen Spritzen zur Verfügung stehen. Nicht zuletzt verschwende die aufwendige Strafverfolgung von Konsumierenden enorme Summen Steuergelder. Diese könnte man aus Sicht der Verbände wirkungsvoller einsetzen.
Erleichterungen für die Substitutionstherapie
Abhängige von harten Drogen wie Heroin sollen offenbar bald leichter eine Substitutionstherapie machen können. Wie „Die Welt“ letzten Montag unter Berufung auf ein internes Eckpunktepapier berichtete, plant das Bundesgesundheitsministerium die Lockerung mehrerer rechtlicher Vorgaben. Ein Ministeriumssprecher bestätigte, dass entsprechende rechtliche Anpassungen geplant seien. Derzeit gebe es aber noch keine konkreten inhaltlichen oder zeitlichen Festlegungen.
Dem Bericht zufolge soll in Zukunft auch das Pflegepersonal in Alten- und Pflegeheimen die Substanzen zur Substitutionstherapie verabreichen dürfen. Erlaubt werden soll die Therapie zudem in stationären Reha-Einrichtungen und Gesundheitsämtern. Auch die Vorschriften für die Verschreibung der Substanzen an Patienten, die ihre Präparate zur selbstständigen Einnahme mit nach Hause nehmen dürfen, sollen gelockert werden. Der behandelnde Arzt soll bestimmten Patienten künftig für einen Bedarf von bis zu 30 Tagen statt bislang bis zu sieben Tagen die Substanzen verordnen dürfen. Allerdings müsse der Arzt auf dem Rezept vorgeben, dass die Apotheke die Substanzen nur in einzelnen Teilmengen an den Patienten abgibt.
Neue Ansätze
Eine zeitgemäße Drogenpolitik muss aus Sicht der BtMG-Kritiker das Ziel haben, das Leben der Abhängigen und ihre Gesundheit zu schützen. Dafür gelte es zu akzeptieren, dass manche Menschen Drogen konsumieren. Entsprechende Ergänzungen des BtMG seien bislang nur Stückwerk, weil Strafe das leitende Prinzip geblieben sei. Es werden verschiedene Maßnahmen vorgeschlagen, wie es anders gehen könnte.
So sollte es eine staatlich kontrollierte Produktion und Distribution von Cannabis-Produkten geben. Weiterhin sollte der Zugang zu Diamorphin (pharmazeutisch erzeugtem Heroin) ausgebaut werden – nach dem Vorbild der Schweiz. Auch sollten bundesweit einheitliche Drogenmengen zum straffreien Eigenbedarf festgelegt werden. Plädiert wird ferner für Drug-Checking-Angebote zur Untersuchung der Zusammensetzung von Drogen.
In Justizvollzugsanstalten sollten Abhängige Zugang zu Konsumutensilien wie sterilen Spritzen und Zubehör erhalten. Überdies sollten die rechtlichen Rahmenbedingungen für Substitutionsärzte verbessert werden. Substitutionsbehandlungen müssten im Modell „Therapie statt Strafe“ bundesweit zuverlässig als Therapie anerkannt werden. Nicht zuletzt könnten auch Drogenkonsumräume helfen – wenn sie bundesweit zur Verfügung stünden. |
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