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Work-Life-Blending

Verschmelzen von Beruf und Privatleben birgt Gefahren

Work-Life-Balance ist out. Work-Life-Blending heißt der neueste Trend, wenn man aktuellen Ver­öffentlichungen im Internet und ­sogar in der Fachpresse glauben darf (AZ vom 4. 5. 2015, S. 6). Aber ist die völlige Vermischung von Arbeit und Freizeit wünschenswert?

Work-Life-Balance – darin sehen Kritiker eine Aufspaltung in die böse, energiezehrende Arbeitswelt einerseits und das erholsame, inspirierende Privatleben andererseits. Dabei ist der Begriff erst einmal neutral. Sicher gibt es viele Arbeitsverhältnisse, die nur dem Gelderwerb dienen, aber ebenso auch viele, die Selbstbestätigung und Erfüllung bringen. Das gilt nicht nur für Künstler, Selbstständige und Akademiker. In der Regel dürften sich, von prekären und Niedriglohn-Arbeitsverhältnissen abgesehen, Lust und Frust im Beruf die Waage halten, Ausschläge nach beiden Seiten inbegriffen.

Definition:

Work-Life-Blending

engl. blend: (ver)mischen, ­mixen, verschmelzen

„Work-Life-Blending beschreibt einen fließenden Übergang bzw. die Vermischung von Arbeits- und Privatleben, ermöglicht durch neue Technologien und dem Wunsch, selbstbestimmt agieren zu können.“

Quelle: YouGov

Das gilt ebenso für unser Privatleben: Auch das besteht nicht nur aus Er­holung, sondern daneben aus jeder ­Menge an Haus-, Familien- und Beziehungs­arbeit, gekrönt vielleicht noch von einem Ehrenamt. Das kann Kraft geben oder manchmal auch viel Energie verbrauchen, beispielweise bei der Pflege von Angehörigen oder beim Streit mit dem Partner oder den Kindern. Da ist man manchmal vielleicht sogar lieber am Arbeitsplatz als zu Hause.

Beide Bereiche in Balance zu halten heißt daher nur, ausreichend Zeit für beide Lebenswelten zu haben.

Grafik: Kheng Guan Toh – Fotolia.com

Das grenzenlose Vermischen von Beruf und Privatleben kann zu psychischer und physischer Überlastung bis hin zum Burn-out führen.

Ungestörte Erholung

Um den unvermeidlichen Stress und die Anspannung bei der Arbeit auszuhalten, sind Phasen der Entspannung und Erholung nötig. Und zwar ungestört! Das gilt für den Feierabend, für das Wochenende und den Urlaub. Die Idee, als Arbeitgeber während der Geburtstagsfeier seines Kindes ein wichtiges Gespräch mit einem Mitarbeiter zu führen und dies als positiven Trend zu begreifen, ist absurd. Natürlich kann es Notfälle geben, bei denen man als Chef reagieren muss. Wer das aber zum Normalfall macht, bekommt hoffentlich den verdienten Ärger mit seiner Familie. Ähnliches gar von ­Angestellten zu verlangen, ist eine Schreckensvision. Es gibt sogar Arbeitgeber, die um drei Uhr nachts eine SMS absetzen, um noch was zum folgenden Arbeitstag zu sagen.

Wenn sich im angepriesenen Work-Life-Blending alles vermischt, werden die Regenerationszeiten ständig unterbrochen. Das ist der Wegbereiter für Burn-out! Man schaltet nie richtig ab, sondern ist immer im Lauermodus: Es könnte ja eine wichtige E-Mail ­kommen, das Handy klingeln oder auch eine Idee im Kopf rumspuken, die dann sofort umgesetzt werden muss.

Bei abhängiger Lohnarbeit wiegt dies umso schwerer, wenn nicht richtig definiert ist, wann man ansprechbar sein sollte und wann nicht. Wer lässt denn ohne schlechtes Gewissen und Rechtfertigungsdruck das Handy am Abend klingeln, wenn der Chef dran ist? In Wirklichkeit ist man dann in ständiger Rufbereitschaft. Aus Arbeitgebersicht wäre das vielleicht schön, die Angestellten auch in ihrer Freizeit zur Verfügung zu haben, aus Arbeitnehmersicht aber ganz und gar nicht. Wenn schon Rufbereitschaft, dann zu entsprechenden Konditionen (sprich ein ordentlicher Lohnzuschlag und eben auch nie durchgehend, ­sondern zu festgelegten Zeiten).

Workaholics sind keine Vorbilder

Natürlich ist es toll, wenn man seinen Job so gerne macht, dass man ihn nicht als Belastung ansieht. Und vielleicht geht es dem einen oder anderen Arbeitnehmer dabei gut, wenn er regelmäßig am Wochenende und in den Ferien zu Hause Konzepte schreiben oder E-Mails beantworten kann. Für die große Mehrheit der Arbeitnehmer gilt das aber auf keinen Fall. Wer von der Arbeit nicht loslassen kann und ständig Arbeitsthemen in die Freizeit und das Familienleben nimmt, den nennt man einen Workaholic. Und dahinter steht ein Krankheitsbild!

Trotzdem gibt es diesen Trend. Das hat aber selten etwas mit Freude an der Flexibilität und Erfüllung durch Arbeit zu tun, sondern eher mit hoher Arbeitsbelastung und (übertriebenem) Verantwortungsbewusstsein.

Online-Umfrage

Work-Life-Blending in der Apotheke?

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Zeit für Privates am Arbeitsplatz?

Und wie sieht es mit dem Blending am Arbeitsplatz aus? Ist es erstrebenswert, dass Mitarbeiter dort ihre WhatsApp-Nachrichten und Facebook-Postings von Freunden abrufen? Gute ­Arbeit in der Apotheke braucht Konzentration und Zuwendung. Für die ­Regeneration gibt es Pausen – und so lange kann die Neugier auf die Urlaubsfotos der besten Freundin wohl im Zaum gehalten werden.

Von anderer Art sind wichtige private Belange und Notfälle wie die bettlägerige Mutter, die Theateraufführung der Tochter, die Beerdigung des Patenonkels – dafür muss man im Team ­familiengerechte Lösungen finden, und dann muss man als Arbeitnehmer auch davor sicher sein, durch Anrufe und Mails vom Team oder Chef gestört zu werden.

Fast jeder zweite angestellte Akademiker in Deutschland, der entgrenzt arbeitet, ist am Ende des Arbeitstages erschöpft. Dagegen gibt nur jeder dritte klassisch Arbeitende an, häufig erschöpft zu sein.

Quelle: YouGov

In der Regel wird viel eher die Arbeit ins Private überschwappen als umgekehrt. ADEXA rät daher, das Konzept Work-Life-Blending mit äußerster Vorsicht zu genießen. Letztlich dürften die Auswirkungen auf die Gesundheit der Mitarbeiter und die Arbeitsergebnisse negativ sein. |

Michaela Freudenfeld

Dr. Sigrid Joachimsthaler

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