Aus den Ländern

Datenflut statt Bücherstapel?

Die Digitalisierung pharmaziehistorisch wertvoller Bücher

cae | Die Digitalisierung macht auch vor der Pharmaziegeschichte nicht halt. Apotheker Stefan Wulle von der Universitätsbibliothek Braunschweig berichtete am 23. April auf Einladung der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie (DGGP) in Kooperation mit der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) in Hannover über den Stand der Digitalisierungs­projekte in deutschen Bibliotheken und gab Ausblicke auf zukünftige Entwicklungen.

Pharmazie in der Universitätsbibliothek Braunschweig

Die Universitätsbibliothek Braunschweig verfügt über einen der umfangreichsten Bestände pharmazeutischer Literatur in der Bundesrepublik, da sie ab 1949 das „Sondersammel­gebiet Pharmazie“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) beheimatete, das soeben in das neue Förderprogramm „Fachinformationsdienst für die Wissenschaft“ überführt wurde. Siehe www.biblio.tu-bs.de/fid.

Der Fokus der UB Braunschweig liegt zwar auf der Bereitstellung aktueller Literatur für die Forschung, aber die Bibliothek besitzt auch viele wertvolle historische Werke.

In Deutschland gibt es weitere Bibliotheken mit pharmaziehistorisch bedeutsamen Beständen u. a. in Berlin, München, Wolfenbüttel, Weimar, Kiel, Düsseldorf, Marburg (Institut für ­Geschichte der Pharmazie), Stuttgart (Pharmazeutische Zentralbibliothek) und Heidelberg (Deutsches Apotheken-Museum).

Einige Bibliotheken haben bereits vor über 15 Jahren begonnen, ihre Schätze zu digitalisieren und einer breiten ­Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In der Regel werden nur Werke digitalisiert, deren Urheberrecht erloschen ist (in Deutschland 70 Jahre nach dem Tod des Verfassers). Neuerdings dürfen aber vergriffene oder „verwaiste“ Werke, bei denen biografische An­gaben zu den Verfassern nicht recherchierbar sind, ebenfalls digitalisiert werden.

Vom 16. Jahrhundert bis 1969

Die Kosten der Digitalisierung verlangen selbstverständlich eine sinnvolle Auswahl. Die UB Braunschweig hat bislang etwa 1100 pharmaziehistorisch bedeutsame Monografien und 500 Zeitschriftenbände digitalisiert und ins Internet gestellt. Dazu gehören Pharmakopöen, Arzneitaxen und Kräuterbücher des 16. und 17. Jahrhunderts sowie Zeitschriften – vom Taschenbuch für Scheidekünstler bis zur Pharmazeutischen Zeitung und Deutschen Apotheker-Zeitung (bis zum Jahrgang 1969 bzw. 1950, jeweils mit Erlaubnis der Verlage). Zurzeit wird die Süddeutsche Apothekerzeitung digitalisiert. Das Einscannen der Werke erfolgt nicht mehr in der Bibliothek selbst, sondern extern.

Eine Herausforderung bei der Digita­lisierung ist die Strukturdatenerfassung. Die Monografien müssen „von Hand“ mit Inhaltsverzeichnissen oder Seitenzahlen versehen werden, damit sich bequem in den Digitalisaten navigieren lässt. Die automatisierte Volltexterkennung ist bei Werken mit Frakturschriften (noch) problematisch, bei der Schriftart Antiqua ist es deutlich einfacher, die Fehlerquoten in Grenzen zu halten. Die Ergebnisse müssen stets auf ihre Richtigkeit überprüft werden (zumindest stichprobenweise).

Recherche in Online-Katalogen und im KVK

Zugänglich sind die digitalisierten Bestände im Internet über die jeweiligen Bibliothekskataloge (z. B. UB Braunschweig: www.vifapharm.de/digibi.htm) oder über den Karlsruher Virtuellen Katalog, einen Gesamtkatalog: www.ubka.uni-karlsruhe.de/kvk. Wichtig bei der Recherche im KVK ist, ein Häkchen bei „nur digitale Werke“ zu setzen. In den digitalisierten Werken kann geblättert oder über Inhaltsverzeichnisse navigiert werden. Es lassen sich dann einzelne Seiten oder die ganze Monografie downloaden.

Die Digitalisierung von Bibliotheks­beständen erfordert auch deren Sicherung vor Datenverlust. Veraltete ­Speichermedien, veraltete Software, Datenmigration und Datenverfall sind Probleme, die erhebliche Mittel verschlingen. Andererseits schont die ­Digitalisierung die originalen Bücher, deren Benutzung in der Regel eingeschränkt wird, und spart dadurch ­Restaurierungskosten. |

Quelle: Dr. Gabriele Beisswanger, Minden

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