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Auf dem Weg

Bayerischer Apothekertag im Zeichen des Medikationsmanagements

AMBERG (diz/jb) | Bayerns Apotheker wollen es: das Medikationsmanagement. Und sie wollen kollegial mit den Ärzten zusammenarbeiten. Aber von dieser Seite ist noch Widerstand zu spüren. Auf dem Bayerischen Apothekertag vom 8. bis 10. Mai im oberpfälzischen Amberg verdeutlichten die Apotheker, wie sie sich die optimierte Versorgung vorstellen und was sie von der Politik verlangen. Denn: Heilberuf muss sich auch lohnen.

Über 500 Teilnehmer hatten den Weg in die „heimliche Hauptstadt der Oberpfalz“ gefunden. Wie es in Bayern mittlerweile schon gute Tradition ist, haben Pharmaziestudierende die Möglichkeit, auf Einladung der Kammer am Apothekertag teilzunehmen. Und so konnten auch 110 zukünftige Kollegen aus München und Regensburg begrüßt werden.

Fotos: DAZ/jb; DAZ/diz

Honorar endlich anpassen!

Das Perspektivpapier ist da, es ist, so Dr. Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbands bei der politischen Eröffnung des Apothekertags, ein Bekenntnis zum Heilberuf Apotheker. Man wolle im heilberuflichen Netzwerk mit anderen Gesundheitsberufen, vor allem mit den Ärzten, kollegial zusammenarbeiten, um die Prävention und die Arzneimitteltherapie zu optimieren. Dafür benötigt die Apotheke ein wirtschaftliches Fundament. Die unzureichende Erhöhung des Fixums und die Vergütung durch den Nacht- und Notdienstfonds reichten längst nicht aus. Das Honorar sei auf dem bestehenden Niveau eingefroren, das ist „absolut leistungsfeindlich“, so Hubmann, die Apotheke sei vom wirtschaftlichen Fortschritt abgekoppelt. Eine jährliche Überprüfung des Honorars sei unverzichtbar, ebenso wie eine Anpassung der BtM-Gebühr und ein Zuschlag für die Rezeptur. Hubmann eiferte Cato dem Älteren nach: „Ceterum censeo, honorarem apothekecarii esse augendum!“

Auch Bayerns Kammerpräsident Thomas Benkert forderte, das Medikationsmanagement für Patienten auszubauen. Die Bundesapothekerkammer habe bereits ein Fortbildungscurriculum zur Medikationsanalyse erarbeitet, ausführliche, standardisierte Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen zum Thema Medikationsmanagement werden folgen, so Benkert, und eine ­entsprechende Überarbeitung des Pharmaziestudiums sei geplant. Da Medikationsanalyse und Medikationsmanagement nicht „mal schnell nebenbei“ zu erbringen seien, müssten diese Leistungen auch separat und angemessen honoriert werden. Zur größten Herausforderung werde allerdings die Kommunikation und Zusammenarbeit mit den Ärzten.: „Damit steht und fällt ein erfolgreiches und vor allem den Patienten zugute kommendes Medikationsmanagement.“ Benkert machte deutlich, dass die Apotheker „in keiner Weise eine Kontrollinstanz für die Therapie der Ärzte sein wollen“, man wolle vielmehr dazu beitragen, die Arzneimitteltherapie optimal, effektiv und effizient zu gestalten.

Des Weiteren appellierte Bayerns Kammerpräsident an die Politik, den Apotheker beim Präventionsgesetz zu berücksichtigen – der Apotheker sei der prädestinierte Heilberuf zur flächendeckenden Umsetzung von Prävention. Und mit Blick auf das bevorstehende eHealth-Gesetz forderten Benkert und Hubmann, dass nicht nur, wie im Entwurf vorgesehen, der Arzt einen Medikationsplan initiieren dürfe, sondern dies auch vom Apotheker ausgehen dürfe.

Einfach mal anfangen!

Die in Vertretung von Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml gekommene Ministerialdirektorin Ruth Nowak zeigte sich wenig erfreut über das Blockadeverhalten der bayerischen Ärzte beim Thema Medikationsmanagement und bei der Zusammenarbeit mit Apotheken. Mit Blick auf das in Thüringen und Sachsen laufende Modellprojekt ARMIN würde sie Bayern gerne weiter vorne sehen und meinte: „Wir sollten in Bayern so was wie ARMIN langsam auch mal anfangen.“ Die Patienten würden es bald einfordern.

Die von den Apothekern geforderte Anpassung des Honorars werde von Bayern unterstützt. „Wir haben einen Änderungsantrag zum GKV-Versorgungsstärkungsgesetz gestellt, der in diese Richtung geht“, so Nowak.

Wenig Verständnis habe sie für das Ansinnen der EU-Kommission, am Fremd- und Mehrbesitzverbot zu rütteln, wie das Beispiel Griechenland zeige. Hier habe man auf Druck der Troika das Fremdbesitzverbot bei Apotheken aufgehoben. Nowak riet zur Wachsamkeit.

Ein weiteres Anliegen von ihr sei die gute Gesundheitsversorgung auf dem Lande: „Die Apotheke gehört dazu“, so die Ministerialdirektorin, „ohne Apotheke kann man Menschen nicht wirklich glücklich machen.“

Es hakt am Miteinander

In der gesundheitspolitischen Diskussionsrunde auf dem Bayerischen Apothekertag in Amberg war das Ärzte-Bashing nicht zu überhören. Gerne hätte man auch im Freistaat Medikationsplan und Medikationsmanagement erprobt, aber die Ärzte weigerten sich seinerzeit vehement, in einen Modellversuch mit einzusteigen und so startete die Arzneimittelinitiative in Sachsen und Thüringen. Bayerns Kammerpräsident Thomas Benkert und Verbandschef Hans-Peter Hubmann bedauerten dies. Dennoch, nachtragend seien sie nicht. Nach wie vor wollen sie die Arzneimitteltherapiesicherheit gemeinsam mit den Ärzten verbessern und stehen zur Zusammenarbeit bereit. Die Ärzte sollen wissen: „Wir wollen mit unserem Beitrag zum Medikationsmanagement in keiner Weise eine Kontrollinstanz für die Therapie der Ärzte sein.“

Prinzipiell aufgeschlossen gegenüber einem Medikationsmanagement zeigte sich Peter Krase, Ressortdirektor Leistungsmanagement bei der AOK Bayern. Auch er bedauerte, dass ein konkretes Management-Modell in Bayern an den Ärzten gescheitert sei. Aus dem Nebeneinander von Arzt und Apotheker in Bayern müsse ein Miteinander werden. Man werde jetzt auf die Ergebnisse von ARMIN aus Thüringen und Sachsen warten und sich die Zahlen genau anschauen. Denn es müsse eine Refinanzierung gegeben sein, wenn Honorare gezahlt würden. Um dies zu beurteilen, brauche man belastbare Zahlen.

Auch die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bayerischen Landtag, Kathrin Sonnenholzner (SPD), von Beruf Ärztin, bedauerte, dass sich die bayerischen Ärzte beim Thema Medikationsmanagement so ablehnend den Apotheken gegenüber verhielten. Sie meinte, Ärzte seien für Veränderungen wohl nicht so aufgeschlossen, weil sie befürchteten, dass ihnen Geld verloren gehe. Dabei sollten sie zugeben, dass sie in Pharmakologie weniger Wissen als die Apotheker hätten. Ihrer Ansicht nach seien Medikationsplan und Medikationsmanagement mehr als überfällig.

Dass es auch anders geht, zeigte eine Wortmeldung von Krankenhausapotheker Dörje aus Erlangen, der die enge Zusammenarbeit von Arzt und Apotheker im Krankenhaus beim Medikationsmanagement herausstellte: „Wir sollten das auch dringend im ambulanten Bereich umsetzen. Es ist höchste Zeit, dass wir in Bayern nicht die rote Laterne tragen.“

Erste Anzeichen eines Umdenkens in der Ärzteschaft machten Wortmeldungen anwesender Ärzte deutlich. Sie gaben sich zuversichtlich, gemeinsam in Sachen Medikationsmanagement etwas zu erreichen. Als das Projekt seinerzeit in Bayern anstand, seien die Ärzte möglicherweise zu wenig informiert gewesen, sie hätten sich fachlich nicht damit auseinandergesetzt. Man könne sich eine Zusammenarbeit mit Apotheken aber vorstellen, allerdings müsse das Medikationsmanagement letztverantwortlich beim Arzt bleiben.

Zum geplanten Präventionsgesetz merkte die SPD-Abgeordnete Sonnenholzner an, dass eine Chance vertan werde, wenn Ärzte und Apotheker nicht stärker mit eingebunden würden. Apotheker könnten beispielsweise sehr gut die Impfpasskontrolle übernehmen. Und im geplanten eHealth-Gesetz sollte ergänzt werden, dass ein Medikationsplan sowohl vom Arzt als auch vom Apotheker initiiert werden könne.

Wie glaubwürdig ist die Evidenz?

Den Einstieg in das Fortbildungsprogramm bildete dann die Lesmüller-Vorlesung, deren Titel lautete „Wie glaubwürdig ist die Evidenz?“. Und wer könnte besser über dieses Thema sprechen als der Leiter einer Institution, die sich der Evidenz verschrieben hat, das Cochrane Zentrum. So referierte der Leiter des deutschen Cochrane-Zentrums Prof. Dr. Gerd Antes über die Schwierigkeit der wissenschaftlichen Bewertung von Nutzen und Schaden therapeutischer Verfahren, auch im Hinblick auf den Wunsch der Apothekerschaft nach mehr Evidenz in der OTC-Beratung. Allerdings war der kurzweilige Vortrag diesbezüglich nicht sehr ermunternd. Apotheker befänden sich im Bermuda-Dreieck unseriösen Wissens, so Antes. Schuld daran sei nicht allein die Industrie. Auch die Stellen, die durch striktere Gesetze und Regeln – sowohl für Studien als auch für die Verbreitung von Gesundheitsinformationen für Laien – vieles unterbinden könnten, trügen ihren Teil dazu bei.

Medikationsmanagement in der Praxis

Das weitere Fortbildungsprogramm schloss dann thematisch nahtlos an die Podiumsdiskussion bei der politischen Eröffnung am Freitag an: es ging ums Medikationsmanagement und dabei vor allem um die Frage der praktischen Umsetzung. Besonderer Schwerpunkt lag auf der Arzneimitteltherapiesicherheit in der Pädiatrie.

Als Einstieg zeigte der Referent der Arzneimittelsicherheit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Dr. Amin-Farid Aly Lösungsansätze zur Verbesserung der AMTS auf. Der Geschäftsführer der ABDA für den Bereich Arzneimittel, Prof. Dr. Martin Schulz, erläuterte dann anhand von Beispielen aus ARMIN und der PHARM-CHF-Studie wie Medikationsanalyse und Medikationsmanagement in die Praxis umgesetzt werden können. Unterstützung erhielt er dabei von Kardiologin Dr. Stephanie Bötzl, die ihre positiven Erfahrungen aus der interdisziplinären Zusammenarbeit im Rahmen der PHARM-CHF-Studie schilderte. Bei den weiteren Plenarvorträgen standen dann endlich die Kinder im Mittelpunkt. Besonderheiten der Arzneimitteltherapie, pädiatrische Rezepturen, Besonderheiten bei der Anwendung von Arzneiformen bei Kindern, sowie Asthma und Fieber waren die Themen. In zwei Workshops bestand dann die Möglichkeit, einen praktischen Einblick in das Thema Medikationsanalyse zu bekommen. Sebastian Lenhart und Dr. Sonja Mayer, beide als Apotheker auf Station tätig, erklärten anhand von Fallbeispielen das Vorgehen bei einerMedikationsanalyse.

Die Tatsache, dass Apotheker sich in einem ständigen Spagat zwischen Heilberufler und Kaufmann befinden, spiegelte sich auch im Programm wider. So war auch zu wirtschaftlichen Themen einiges geboten und stellenweise fiel die Entscheidung zwischen pharmazeutischen und nicht-pharmazeutischen Themen, die aufgrund der Vielzahl an Veranstaltungen teilweise gleichzeitig angeboten wurden, nicht leicht. So informierte beispielsweise Dr. Frank Diener von der Treuhand über die Branchenlage der Apotheken und der BAV-Vorsitzende Dr. Hans-Peter-Hubmann widmete sich aktuellen wirtschaftlichen Themen.

Oberpfälzer Abend

Neben der Fortbildung, in deren Pausen sich die Teilnehmer am Samstag auf der Fachmesse mit über 20 Ausstellern „erholen“ konnten, durfte natürlich auch der gesellige Teil nicht zu kurz kommen. So feierten und tanzten fast 200 Apotheker und Studenten beim „Oberpfälzer Abend“ bis spät in die Nacht. Noch mehr Fotos und Eindrücke vom 49. Bayerischen Apothekertag finden sich auf der Facebook-Seite „Bayerischer Apothekertag“. Der 50. Bayerische Apothekertag wird 2016 im niederbayerischen Straubing stattfinden. |

Mitgliederversammlung Förderinitiative Prävention

Foto: DAZ

Grenzüberschreitende Prävention: die alte und neue Vorsitzende der Förderinitiative Jutta Rewitzer mit dem Präsidenten der österreichischen Apothekerkammer Max Wellan.

Im Umfeld des bayerischen Apothekertags fand zudem die Mitgliederversammlung der Förderinitiative Prävention statt. Neben dem Bericht über die zahlreichen Förderprojekte darunter auch die Vorstellung der Ergebnisse einer wissenschaftlichen Studie zur Diabetesprävention in öffentlichen Apotheken (GLICEMIA) stand die Wahl des Vorstands auf der Tagesordnung. Nachdem sich alle bisherigen Vorstandsmitglieder zur Wiederwahl zur Verfügung stellten und einstimmig in ihren Ämtern bestätigt wurden, setzt sich der alte und der neue Vorstand der Förderinitiative Prävention folgendermaßen zusammen:

  • Vorsitzende Jutta Rewitzer
  • Stellvertretender Vorsitzender ­Mathias Arnold
  • Beisitzerin Gabriele Overwiening
  • Beisitzerin Magdalene Linz
  • Schatzmeister Dr. Christian Machon

17 Kammern und Verbände vertreten

Nach Antrag des Apothekerverbandes Brandenburg auf Mitgliedschaft sind neben der Österreichischen Apothekerkammer nun 17 deutsche Kammern und Verbände in der Förderinitiative vertreten. Lediglich in vier Bundesländern besteht noch keinerlei Mitgliedschaft, nämlich im Saarland, in Rheinland-Pfalz, in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin.

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