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Personalführung
Führung nutzt
Was gute Personalführung wirklich bedeutet
Führung braucht einen Kapitän auf der Brücke
Gerade in Apotheken, wo eine tiefe Fachkenntnis und ausgewiesene Expertise notwendige Voraussetzungen für die Rolle des Inhabers oder Filialleiters sind, beobachten wir oft ein bekanntes Phänomen. Statt von der Brücke der Unternehmens-/Filialführung das Schiff zu steuern, verheddern sich diese Experten fast vollständig in Fachdiskussionen und Spezialaufgaben im Maschinenraum des Tagesgeschäfts. Um es gleich klarzustellen: Natürlich ist die „mitarbeitende Führungskraft“ in den allermeisten Apotheken die Regel, d. h., kein Inhaber, approbierter Mitarbeiter bzw. Filialleiter wird den Tag allein mit Arbeit auf der Brücke verbringen können.
Gerade deshalb bleibt es eine der großen Herausforderungen, den Unterschied zwischen Brücke und Maschinenraum nicht zu vergessen! Natürlich kennt man sich fachlich gut aus (sonst wäre man ja nicht in dieser Leitungs- und Koordinierungsrolle), aber die Rolle als Führungskraft ist eine andere: Die Mitarbeiter an Deck von der Brücke so zu beeinflussen, dass ihr persönliches Arbeitsverhalten und die Kooperation im Team definierte Ziele erreicht. Führung bedeutet, dass die richtigen Dinge von den am besten dafür geeigneten Personen getan werden. Denn Führung ist kein Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck, die angestrebten Ergebnisse mithilfe der Führungskraft effektiver zu erreichen. Wäre die Ergebniserreichung ohne die betreffende Führungskraft besser, wird Führung an dieser Stelle überflüssig.
Das Revier erfolgreicher Manager ist dagegen der Maschinenraum der Tools, Methoden und Verfahrensanweisungen. Als Manager sorgt die Führungskraft in der Apotheke dafür, dass die Dinge richtig, gut und ökonomisch effizient getan werden. „Wie können wir diesen Prozess noch besser machen“, ist das, was Management antreibt.
Kaum eine andere Tätigkeit birgt eine so große Gefahr der Verzettelung, wie die der Führungskraft. Daher ist Konzentration und Disziplin essenziell, sich in seiner Arbeit auf Weniges, das wichtig ist, zu beschränken. Prioritäten setzen, delegieren und sich selbst managen können, wird damit zu einer zentralen Führungskompetenz. Wer sich am Abend vorher einen Plan macht, welche drei bis fünf Dinge morgen passieren sollen und den Tag so plant, dass mindestens 30 Prozent des Tages „noch frei für Unvorhergesehenes“ sind, hat alle Chancen, erfolgreicher zu sein als der Kollege, der „es nimmt, wie es kommt“.
Die Fähigkeit zur Delegation wird immer wieder dem harten Praxistest unterzogen. Achten Sie darauf, dass Ihre erste Reaktion nicht die Aussage „ich kümmere mich darum“ ist, sondern die an sich selbst gestellte Frage „Wer kann sich darum kümmern?“. Dazu ist es gut, durch Einzelgespräche mit allen Mitarbeitern detailliert in Erfahrung zu bringen, wer welche Kompetenzen hat, wer sich in welchen Prozessen gut auskennt und wer sich wohin entwickeln möchte. Ich empfehle, eine kleine Matrix mit den Antworten aller Mitarbeiter zu befüllen, das macht die Arbeitsverteilung leichter und die Mitarbeiter zufriedener.
Trotzdem lauern überall die Verführungen, kurz mal wieder im Maschinenraum nach dem Rechten zu schauen. Man kennt das ja, eigentlich wollte man sich nur kurz erkundigen „ob es läuft“ und danach stellt man fest, dass man über eine Stunde damit verbracht hat, die Rezepte durchzusehen und zu kontrollieren. Wirksame Kapitäne fragen sich deshalb laufend: Ist diese Bitte des Teams, dieser Wunsch des Mitarbeiters an mich als Führungskraft gerichtet oder wird da mein kollegiales, mitarbeitendes Ich angesprochen?
Statt also immer selbst in den Maschinenraum zu eilen, sorgen gute Kapitäne für kollegiale Hilfe, indem sie Transparenz zwischen den einzelnen Aufgabengebieten schaffen, statt jede Frage immer selbst zu beantworten. Jeder muss wissen, was er zu tun hat, sollte aber auch Einblick in andere Bereiche erhalten, damit untereinander kollegiale Hilfe möglich ist.
Führungskräfte bleiben auf der Brücke, denn da braucht es Führung und Entscheidung, der Maschinenraum kommt allein zurecht, hilft sich untereinander oder wird sich melden, wenn er Entscheidungen braucht.
Klare Ansagen entscheidend
Führung bedeutet „sagen, was ist!“. Gerade in schwierigen Situationen wollen und müssen die Mitarbeiter wissen, woran sie sind und mit wem sie es zu tun haben. Verbindlichkeit in der Beziehung entsteht durch klare Kommunikation und verbindliches Handeln und nicht durch die üblichen Apelle wie „wir sollten jetzt mal …“.
Gerade, wenn Team und Chef schwierige Situationen zu bewältigen haben, ist es notwendig, dass die Führungskraft nicht im Konjunktiv spricht, sondern ihre Meinung im hier und jetzt schildert. „Ich lege Wert darauf, direkt und persönlich zu kommunizieren“ wird nämlich viel besser verstanden als „schön fände ich es, wenn wir uns nicht immer nur Notizzettel schreiben würden“.
Sie werden es merken, die Lust an eigenständiger Arbeit im Team wird wachsen, wenn Sie Ihre Erwartungen und Ziele klar, deutlich und ohne viele Umwege kommunizieren. Am Anfang noch unsicher, erfahren die Teammitglieder durch die gute Begleitung der Führungskraft, wohin die Reise geht. Ihre Fragen werden rasch beantwortet, so dass eine Arbeitsatmosphäre entsteht, in der sie nun immer mehr Themen selbst beantworten können. Die Freiheitsgrade werden berechenbar. Jetzt kennt jeder seine Verantwortung und seinen Spielraum. Die Aufgaben werden mit Spaß und Motivation bearbeitet.
Denn Führung ist Bringschuld: Wer steuern will, muss aktiv handeln. Wer passiv und über Appelle führt, fördert vor allem die Fantasie seines Teams darüber, was wohl gemeint sein sollte. Deshalb sind Fragen viel wichtiger als Erklärungen. Fragen signalisieren Interesse und machen den Mitarbeitern deutlich, worauf es Ihnen als Führungskraft ankommt. Statt also einer Mitarbeiterin ungefragt zu erklären, wie der Bestellprozess abläuft, stellen Sie lieber die Frage „Und wie kommen Sie mit der Bestellung voran? Bei welchem Schritt sind Sie gerade? Ist Ihnen etwas aufgefallen, was wir in diesem Prozess ändern sollten? Wie gut geht Ihnen diese Aufgabe denn von der Hand?“ Anhand der Antworten erkennen Sie, ob der Kurs immer noch der richtige ist oder wo Sie steuernd eingreifen sollten.
Mit der Methode der Drei-Wege-Kommunikation (sagen was ist – den Antworten auf meine Fragen zuhören – um Feedback bitten bzw. geben), stellen Sie sicher, dass die Kommunikation im Team effektiv und wirksam ist. Als „Sender“ beginnen Sie die Kommunikation, indem Sie das Gespräch mit einer Frage oder Aussage eröffnen, wie z. B. oben mit der Frage nach der Bestellung. Falls Sie nur das Wort „gut“ als Antwort des „Empfängers“ bekommen, setzen Sie mit einer weiteren Frage nach, die Sie mit dem Feedback „Ich möchte gern etwas detaillierter erfahren, woran Sie gerade arbeiten“ einleiten und dann die Frage anschließen „In welchem Schritt sind Sie gerade?“. Jetzt wird auch der Empfänger zum Sender und wird Ihnen ausführlicher mitteilen, was gerade wie läuft. Die gemeinsame Kommunikation durchläuft mehrmals die drei Wege, ein echter Austausch von Informationen und ein Führungsdialog finden statt.
Denken Sie daran: Je motivierender eine Botschaft sein soll, je mehr die wirklichen Interessen der Empfänger berührt sein sollen, d. h., je emotional aufgeladener eine Situation ist, desto notwendiger ist ein echter Dialog. Nur im echten, d. h. durch aktives Zuhören und wahrhaftiges Aussprechen gekennzeichneten Dialog klären sich Interessen, Ziele, Hoffnungen und Befürchtungen. Je mehr wir uns in der Praxis vor einer direkten Begegnung und Auseinandersetzung fürchten, desto eher ist sie also angesagt. Je emotionaler die Situation, desto größer ist die Gefahr der selektiven Wahrnehmung. Dies geschieht meist unter dem Einfluss von zwei Faktoren: Glaubwürdigkeit des Senders und Vorerfahrungen des Empfängers; an der einen Seite haben Führungskräfte direkten Einfluss …
„Sagen, was ist“ gilt jedoch nicht nur in eine Richtung. Wer als Führungskraft wirksam sein will, der holt aktiv Feedback zu seiner Führung ein. Auch Kritik ist die Chance zur Kurskorrektur! Und kleine Korrekturen kosten viel weniger Zeit und Energie als die größeren, die fällig werden, wenn man bereits auf Grund gelaufen ist oder gar Schiffbruch erlitten hat.
Dabei ist das direkte, persönliche und mündliche Feedback der Mitarbeiter immer noch die beste Quelle für Informationen. Fragebogen, Mitarbeiterbefragungen und 360-Grad-Feedback-Verfahren können da nur Ergänzungen sein und kommen bei den meisten Betriebsgrößen ohnehin kaum infrage. Auch hier gilt: Wer ehrlich und offen nach Feedback fragt, wird es mit großer Wahrscheinlichkeit auch ehrlich und offen erhalten.
Themen zu denen Sie sich Feedback einholen sollten, sind Kommunikationsverhalten, Entscheidungsverhalten, Unterstützung und Hilfe für die Mitarbeiter, Delegation und Kontrolle sowie Förderung der Teammotivation und -leistung. Ein guter Zeitpunkt für ein erstes Feedbackgespräch, das mindestens 30 Minuten dauert, ist der Ablauf der berühmten ersten 100-Tage-Frist. Mit zunehmender Zeit und Erfahrung bieten sich dann auch Feedbackrunden im Team an, für die eine externe Moderation sinnvoll sein kann.
Wirksame Führung braucht souveräne Entscheidung
„Führen heißt, das Unentscheidbare zu entscheiden“, lautet die scheinbare Paradoxie, die wir dem Biologen und Systemforscher Heinz von Förster verdanken. Und tatsächlich ist das Entscheidbare in den meisten Unternehmen ja schon entschieden, in der Apotheke kommt die starke externe Regulierung durch Gesetze, Verordnungen und Verträge dazu.
Daher wendet sich eine Führungskraft, die effektiv sein will, den Fragestellungen zu, die nicht bereits einer Regel unterliegen – denn sonst bräuchte es die Führungskraft ja nur noch zur Überwachung der Regeleinhaltung. Sie wendet sich also den unentscheidbaren Entscheidungen zu.
Ein Kapitän, der mit einer unentscheidbaren Entscheidung konfrontiert ist, kann letztlich nur auf Erfahrungen aus vergleichbaren Situationen zurückgreifen. Zu führen bedeutet also, auf der Basis von Prognosen und des Abgleichs mit dem Erfahrungswissen des Teams Entscheidungen zu treffen. Dabei gehe ich immer das Risiko ein, „falsch“ zu entscheiden. Denn welche Alternative die wirklich richtige ist, kann ich bei einer unentscheidbaren Entscheidung nicht wissen.
In dieses Risiko zu gehen, das ist es, wofür Führungskräfte letztendlich bezahlt werden bzw. was unternehmerisches Handeln ausmacht!
Denn eine unentscheidbare Entscheidung zu treffen bedeutet, unter mehreren sinnvollen und nützlichen Alternativen die auszuwählen, die man für die beste hält, und nicht die, die die objektiv beste ist. Die Führungskraft übernimmt Verantwortung für die Auswahl einer Alternative und steht zu den Konsequenzen.
Da ist es gut, die Kraft der Gruppe zu nutzen und sich die Analysen, Meinungen und Ideen der Mitarbeiter einzuholen. Die Tabelle zeigt, welche Varianten der Beteiligung wann möglich sind.
Tab.: Wie man Mitarbeiter in Entscheidungen mit einbeziehen kann
Dieses Entscheidungsverhalten … | passt zu … |
---|---|
Sie lösen das Problem selbst oder treffen allein eine Entscheidung. Dabei nutzen Sie alle Informationen, die Ihnen aktuell zur Verfügung stehen. | „heiklen“, „politischen“ und „geheimen“ Themen, die einer Vertraulichkeit unterliegen (z. B. Gehaltsfindung, Disziplinarmaßnahme, strategische Überlegungen). |
Sie holen nur die aus Ihrer Sicht notwendigen Informationen bei Ihren Mitarbeitern ein und entscheiden dann allein (auch ob Sie den Mitarbeitern mitteilen, warum Sie diese Information benötigen). Die Mitarbeiter haben die Rolle/ Aufgabe, die notwendigen Informationen zu liefern, mehr nicht … | strategischen und planerischen Themen, bei denen Sie sich ein eigenes Bild machen/eine Position erarbeiten und die „Zwischenschritte“ nicht kommunizieren wollen (z. B. Reorganisation, Veränderung der Prozesse, Produkt- und Preispolitik). |
Sie diskutieren mit Einzelnen und holen auch deren Ideen und Vorschläge ein. Dann treffen Sie Ihre Entscheidung, die u. U. die Ideen der Einzelnen aufnimmt. | Expertenthemen oder Themen, die nur einen Teil der Gruppe betreffen und wo Sie die „Zwischenschritte“ nicht kommunizieren, sondern nur ein Endergebnis vorstellen wollen (z. B. Prognosen, Angebotserstellung). |
Sie diskutieren mit allen Mitarbeitern und holen auch deren Ideen und Vorschläge ein. Zusammen analysieren und bewerten Sie mögliche Lösungen. Ihre Rolle ist einerseits moderierend mit dem Ziel, eine Alternative zu finden, der alle zustimmen können, aber andererseits treffen Sie auch dann eine Entscheidung, wenn Sie bestimmte „Eckpunkte“ setzen wollen/müssen. | Themen, die die Gruppenorganisation, Zusammenarbeit oder gemeinsame Prozesse/Produkte betreffen(z. B. Spielregeln der Zusammenarbeit, Urlaubsplanung). |
Sie delegieren das Thema an den betreffenden Mitarbeiter und stellen alle relevanten Informationen und Ressourcen zur Verfügung. Der Mitarbeiter ist verantwortlich für die Lösung und den Bericht an Sie. | Themen, die im Rahmen der Ziele und Kompetenz des Mitarbeiters/Gruppe/Teams liegen. |
Wirksame Führungsentscheidungen brauchen die ganze Frau, den ganzen Mann mit allen bewussten und logischen genauso wie mit allen unbewussten und intuitiven Kompetenzen. Erfolgreiche Führungskräfte nutzen deshalb Logik und Bauchgefühl gleichermaßen. Ich empfehle, auf die eigenen Gefühle und auf spontane Reaktionen und Körperempfindungen genauso zu achten wie auf Fakten, Berechnungen und Modelle. Denn Intuition ist nichts Esoterisches (und somit für den harten Führungsalltag unbrauchbar), sondern einfache, praktische Klugheit. Es handelt sich um implizites Wissen, das sich aus Erfahrung speist und Führungskräfte in die Lage versetzt, Bewertungen vorzunehmen, die von der praktischen Lebenserfahrung geleitet sind.
So koppeln sie Kreativität und Rationalität, die erst gemeinsam zu einer brauchbaren Entscheidung führen. |
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