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- DAZ 14/2015
- Grob fahrlässig
Die Seite 3
Grob fahrlässig!
Erinnern Sie sich noch an die ersten Schlagzeilen zum Thema Lieferengpässe? Zum Beispiel, als im Jahr 2012 Klinikapotheker Alarm schlugen, weil zunehmend lebensnotwendige Medikamente wie Antibiotika und Krebstherapeutika nicht zu beschaffen waren. Wenig später meldete sich auch der Hessische Apothekerverband zu Wort und beklagte Lieferengpässe in öffentlichen Apotheken, unter anderem bei Antibiotika, Statinen und Heparinen. Preisdruck und Monopolbildung bei der Herstellung wurden als wichtige Ursachen für die Probleme ausgemacht, die Politik wurde aufgefordert, gegenzusteuern. Doch statt einer Besserung wuchs die Liste nicht lieferbarer Arzneimittel immer weiter. Einen weiteren traurigen Höhepunkt erreichte die Entwicklung dann im Jahr 2013, als L-Thyroxin-Präparate unterschiedlichster Hersteller über Wochen und Monate hinweg immer wieder nicht lieferbar waren. Die Nachfrage übersteige die Produktionskapazitäten, lautete die Erklärung. Doch wer glaubte, dass das Problem schnell durch Steigerung und Ausbau der Produktionskapazitäten gelöst werden konnte, der muss sich aktuell wieder eines Besseren belehren lassen. Zwei Jahre später müssen immer noch bzw. erneut Hersteller einräumen, dass sie das lebensnotwendige Schilddrüsenhormon nicht in ausreichenden Mengen in Deutschland auf den Markt bringen können. Mit von der Partie ist die Firma Hexal, die ihre Lieferschwierigkeiten erneut mit der hohen Nachfrage begründet (s. S. 25). Aber weil sich Hexal auf die Fahnen geschrieben hat, dass Grundlegendes grundsätzlich verfügbar sein müsse, soll jetzt der Ausbau der Produktionsanlage in Angriff genommen worden sein. Wann Hexal wieder voll lieferfähig sein wird, steht in den Sternen. Zu komplex scheinen die Herstellung des Schilddrüsenhormons und die gesetzlichen Auflagen zu sein, zu lange scheint es zu dauern, bis eine neue Produktionsstätte von den Behörden freigegeben werden kann (s. S. 18 ff). Doch nicht nur unzureichende Produktionskapazitäten bereiten Hexal Probleme. Aktuell ruft das Unternehmen mehrere Chargen von L-Thyrox 25 und L-Thyrox 50 zurück (s. S. 101), weil Stabilitätsuntersuchungen „Überschreitungen der Spezifikation in Wirkstoffgehalt und bei Abbauprodukten“ ergeben hätten.
Für die Patienten, die dringend auf solche Arzneimittel angewiesen sind, dürfte es unerheblich sein, was nun tatsächlich die Ursache dafür ist, dass sie ihr Arzneimittel nicht bekommen können. Ihnen ist schon lange nicht mehr zu vermitteln, warum es immer wieder zu Lieferengpässen kommt. Zumal die Problematik seit Jahren bekannt und auf allen Ebenen diskutiert worden ist. Dabei war von vornherein klar, dass Kostendruck und Konzentrierung auf nur eine Produktionsstätte bei Problemen zwangsläufig zur Nichtlieferbarkeit führen müssen. Und das wird so lange so bleiben, solange für die Arzneimittelversorgung in Deutschland nicht auf mehrere Wirkstoffquellen und Produktionsstätten zurückgegriffen werden kann. Hier ist der Gesetzgeber gefordert. Er hat die Monopolbildung durch Preisdruck gefördert. Er hat damit auch dafür gesorgt, dass es lukrativer sein kann, Arzneimittel zu exportieren als in Deutschland auf den Markt zu bringen. Er hat auf diese Weise die ordnungsmäße und sichere Arzneimittelversorgung in Deutschland untergraben. Er hätte längst gegensteuern müssen, Kosten hin oder her. Das hätte schon allein die Fürsorgepflicht geboten, die er gegenüber seinen Bürgern hat. Er muss dieser Pflicht endlich nachkommen und handeln. Alles andere ist grob fahrlässig.
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