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Mehr an morgen denken
Gesundheitsforscher Fritz Beske mahnt Politik zum Handeln
Weiterzudenken – das hat sich der mittlerweile 92-jährige Beske selbst zur Aufgabe gemacht. Seine Gedanken zur „Gesundheitsversorgung von morgen“ hat er jetzt in einem neuen Buch zusammengetragen, das er letzte Woche in Berlin vorgestellt hat. Während die Politik „so konkret wie nötig“ argumentiere, will Beske „so konkret wie möglich“ sein. Seine Überlegungen basieren auf Daten und Fakten, wie er betont: So sinkt nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts die Bevölkerungszahl in Deutschland bis zum Jahr 2060 von derzeit rund 82 Millionen auf 65 Millionen Menschen. Zugleich wird es weniger Personen im erwerbsfähigen Alter geben. 2060 wird auf einen Erwerbstätigen eine Person im nicht mehr erwerbsfähigen Alter kommen – heute ist die Relation noch 3:1. Mit der steigenden Lebenserwartung erhöht sich überdies das Risiko für schwerer verlaufende und chronische Erkrankungen sowie für Multimorbidität. Die Folge ist ein höherer medizinischer Versorgungsbedarf. Auch die Pflegebedürftigen schließt Beske in seine Analyse ein – ihre Zahl werde sich bis 2060 nahezu verdoppeln, auf dann rund 4,5 Millionen Menschen. Um dies finanziell schultern zu können, muss laut Beske der Leistungskatalog an die zunehmend begrenzten Mittel angepasst werden. Die Familienversicherung, versicherungsfremde Leistungen sowie Prävention seien gesamtgesellschaftliche Aufgaben, die aus seiner Sicht nicht die Krankenkassen bezahlen sollten. Weiterhin will er das – in Deutschland vergleichsweise moderate – Zuzahlungssystem auf den Prüfstand stellen und Festzuschüsse für verschiedene Leistungen einführen oder ausbauen.
Aber auch die Versorgungsstruktur müsse sich in den nächsten Jahren wandeln. Ziel sei eine hohe Versorgungsqualität – die werde allerdings nicht immer wohnortnah zu finden sein, räumt Beske ein. Zudem müsse der Grundsatz „ambulant vor stationär“ gelten. In der ärztlichen Versorgung plädiert Beske dafür, dass sich die Versicherten bei einem Hausarzt einschreiben müssen, bei dem alle medizinischen Daten zusammenfließen. Der unmittelbare Besuch eines anderen Arztes soll dagegen zehn Euro kosten. Wenn es doch das Krankenhaus sein muss, so werde dieses künftig ein großes sein, das viele Disziplinen unter einem Dach vereint. Kliniken mit weniger als 200 Betten sieht Beske schwinden – außer es handelt sich um Spezialeinrichtungen oder Krankenhäuser, die einem Verbundsystem angehören.
In der Arzneimittelversorgung erwartet Beske, dass Apotheken immer wichtiger werden. Dabei sieht er sie künftig auch in Verbundsystemen der medizinischen Versorgung. Dies würde die Beratung von Patienten durch Arzt und Apotheker erleichtern – eine Kooperation, die er für dringend nötig hält. Auch bei den Apotheken plädiert Beske für ein Einschreibesystem. Gerade für multimorbide Menschen mit komplexer Medikation sei die kontinuierliche Beratung durch eine Hausapotheke wichtig. Damit einhergehen müsse auch eine andere Honorierung der Apotheken. Statt packungsbezogen müsse eine solche intensive Betreuung patientenbezogen vergütet werden.
Buchtipps
Das Buch „Gesundheitsversorgung von morgen – Was kommt auf Versicherungen, was auf Ärzte und was auf Patienten zu“ ist in der Wissenschaftlichen Verlagsgesellschaft Stuttgart erschienen
(ISBN 978-3-8047-3234-6).
Zudem hat sich Fritz Beske dem Thema aus Sicht der Betroffenen angenommen. Sein Ratgeber zur Vorbereitung auf das Alter „Bewusst älter werden“ ist im Deutschen Apotheker Verlag erschienen
(ISBN 978-3-7692-6187-5).
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