Arzneimittel und Therapie

Mehr kindliches Asthma durch Antibiotika?

Autoren schwedischer Kohortenstudie sehen keine Kausalität

Erneut ist eine Studie erschienen, die den Zusammenhang zwischen einer Antibiotika-Exposition im Mutterleib oder in der früheren Kindheit und dem kindlichen Asthma-Risiko untersucht hat. Zwar fanden die Autoren zunächst ein höheres Risiko durch Antibiotika; dieses verschwand jedoch nach Geschwisteranalysen. Zweifel an einer Kausalität kamen auch bei der Art der Antibiotika: Bei Substanzen gegen Infektionen der Harnwege oder der Haut war kein Zusammenhang nachweisbar.

Bereits mehrere Studien sind zu der Frage erschienen, ob ein Zusammenhang zwischen einer Antibiotika-Therapie in der Schwangerschaft oder der frühen Kindheit der Nachkommen dieser Mütter und dem Auftreten von Asthma im Kindesalter besteht. Doch bisher ließen sich keine verallgemeinerbaren Schlussfolgerungen ziehen.

Erstmalig Geschwisteranalysen

Die kürzlich im British Medical Journal veröffentlichte schwedische Kohortenstudie war die erste, die Geschwisteranalysen durchgeführt hatte, wodurch familiäre Einflüsse auf das Asthma-Risiko diskutiert werden konnten. Zu diesen Faktoren zählen beispielsweise eine genetische Prädisposition für viral bedingte Atemwegsinfektionen und Asthma, der Lebensstil der Eltern und die Wohnumgebung.

Aus schwedischen Bevölkerungs- und Gesundheitsregistern wurden die Daten von 493.785 zwischen 2006 und 2010 geborenen Kindern bezogen. 29.753 von ihnen erkrankten ab einem Alter von zwei Jahren an Asthma. 180.894 Datensätze eigneten sich für Geschwisteranalysen, bei denen dem an Asthma erkrankten Kind mindestens ein Geschwister als Kontrolle zugeordnet wurde. Der primäre Endpunkt Asthma war sowohl durch das Vorliegen einer Asthma-Diagnose als auch durch die Einnahme von Asthma-Medikamenten definiert. Es wurde außerdem untersucht, ob das Asthma bevorzugt durch bestimmte Antibiotika-Gruppen ausgelöst worden war.

Erhöhtes Risiko ja, aber …

Die Auswertung zeigte, dass eine Antibiotika-Exposition im Mutterleib mit einem erhöhten Asthma-Risiko assoziiert war (hazard ratio, HR, 1,28, 95% KI 1,25 bis 1,32). In den Geschwister-Analysen konnte dies jedoch nicht bestätigt werden (HR 0,99, 0,92 bis 1,07).

Wurden Kinder im ersten Lebensjahr mit Antibiotika gegen Atemwegsinfektionen behandelt, so war das Risiko für Asthma nahezu vervierfacht (HR 4,12, 3,78 bis 4,50). Bei Substanzen, die üblicherweise gegen Harnwegs- oder Hautinfektionen eingesetzt werden, zeigte sich ein deutlich geringeres Risiko (HR 1,54, 1,24 bis 1,92).

Auch hier war der Effekt in Geschwisteranalysen deutlich geringer ausgeprägt; bei den Atemwegs-Antibiotika war es zwar mehr als doppelt so hoch (2,36; 1,78 bis 3,13), bei den anderen Substanzen aber nicht mehr vorhanden (HR 0,85, 0,47 bis 0,55).

... wahrscheinlich keine Kausalität

Die Autoren schließen aus ihren Ergebnissen, dass möglicherweise kein kausaler Zusammenhang zwischen kindlichem Asthma und einer Antibiotika-Behandlung im frühen Lebensalter bzw. einer Exposition im Mutterleib besteht. Wahrscheinlicher ist es, dass andere Faktoren eine Rolle spielen. Dazu zählen neben den genannten familiären Einflüssen auch häufige Atemwegsinfektionen, die seit Langem im Verdacht stehen, Asthma zu triggern, sowie Umweltfaktoren.

Außerdem diskutieren die Autoren eine „reverse Kausalität“: Wenn bei einem Kind die ersten Asthma-Symptome auftreten, könnten sie als Infektion fehlgedeutet und fälschlicherweise mit Antibiotika behandelt worden sein. Dies würde dann einen Zusammenhang zwischen Antibiotika-Gebrauch und Asthma-Risiko „suggerieren“.

Obwohl nach dieser großangelegten Studie vermutet werden kann, dass die Antibiotika-Exposition im Mutterleib bzw. im ersten Lebensjahr nicht zu einem erhöhten kindlichen Asthma-Risiko führt, raten die Autoren weiterhin zu einem umsichtigen und zurückhaltenden Einsatz dieser Substanzen. 

Quelle

Örtqvist AK et al. Antibiotics in fetal and early life and subsequent childhood asthma: ationwide population based study with sibling analysis. BMJ (2014); 349:g6979 doi: 10.1136/bmj.g6979, online vorab publiziert am 28. November 2014.

 

Apothekerin Dr. Claudia Bruhn

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