Aus den Ländern

Viren – die unsichtbare Gefahr

Fortbildung auf dem Heidelberger Herbstkongress

cae | Der alljährliche Heidelberger Herbstkongress der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg fand am 22. und 23. November statt und war mit 1000 Teilnehmern wieder ausgebucht. Das Generalthema der Fortbildung waren die Viren.

Prof. Dr. Theodor Dingermann, Frankfurt/Main, referierte über Viren als „Informationspakete“ und grenzte sie von eigenständigen Organismen ab. Viren können sich ohne Wirtszelle nicht vermehren und nur bedingt außerhalb eines Wirts existieren. An drei Beispielen zeigte Dingermann die aktuellen Strategien gegen pathogene Viren auf: Gegen HIV sind antiretrovirale Therapien etabliert, gegen das Influenzavirus hilft die Schutzimpfung. Relativ hilflos ist man derzeit beim Ebolavirus, weil man die Gefahr durch das Virus „aus dem Busch“ unterschätzt und die Forschung vernachlässigt hatte.

Foto: LAK BW
LAK-Präsident Dr. Günther Hanke (3. v.r.) mit den Referenten (v.l.) Dr. Karsten Geletneky, Prof. Dr. Schubert-Zsilavecz und Dr. Eric Martin sowie den wissenschaftlichen Leiterinnen (v.l.) Silke Laubscher, Andrea Litzinger, Dr. Bianca Scholz.

Empfohlene Schutzimpfungen

Prof. Dr. Hartmut Hengel, Freiburg, betonte die herausragende Bedeutung der Impfprävention von Virusinfektionen. Eine hohe Durchimpfungsrate der Bevölkerung schafft auch für Nichtgeimpfte eine „Herdenimmunität“.

Die STIKO (Ständige Impfkommission) empfiehlt derzeit neun Regelimpfungen gegen Virusinfektionen: Polio, Rotavirus, Masern, Mumps, Röteln, Varizellen, Influenza, HPV, Hepatitis B.

Prof. Dr. Magnus von Knebel Doeberitz, Heidelberg, referierte über die humanen Papillomaviren (HPV), die für weltweit mehr als 600.000 Krebserkrankungen jährlich verantwortlich sein sollen. Sie werden durch intime Kontakte übertragen und befallen bei der Frau vor allem Zellen des Gebärmutterhalses (Zervix uteri), wo sich dann eine Präkanzerose und schließlich ein Zervixkarzinom entwickeln kann. Die STIKO und die Krankenkassen empfehlen jungen Frauen die HPV-Impfung, doch nur eine Minderheit der „Impfberechtigten“ nimmt das Angebot wahr.

Pharmakotherapie der HCV-Infektion …

Über neue Therapiemöglichkeiten bei Infektionen mit dem Hepatitis-C-Virus berichtete Prof. Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz, Frankfurt/Main. Die HCV-Infektion ist die häufigste Ursache für eine Lebertransplantation. Die Erkrankung verläuft symptomarm, bis die Leber nahezu zerstört ist. Wegen der hohen Variabilität des HCV existiert kein Impfstoff, doch die Pharmakotherapie macht Fortschritte: Mit Sofosbuvir (Sovaldi®) und Daclatasvir (Daklinza®) wurden in diesem Jahr zwei innovative Arzneistoffe zur Behandlung der Hepatitis C in Deutschland zugelassen (s. DAZ 2014, Nr. 34, S. 38).

… sowie der HSV- und VZV-Infektionen

Mit Herpesviren befasste sich Dr. Eric Martin, Marktheidenfeld. Nach dem Primärinfekt (zumeist im Kleinkindalter) überdauern die Viren in Nervenganglien, wo sie wieder aktiviert werden und einen Sekundärinfekt auslösen können. Der Primärinfekt mit dem Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV-1) äußert sich durch Bläschen auf Zahnfleisch und Mundschleimhaut, Schmerzen und vermehrtem Speichelfluss. Obwohl über 90% der Erwachsenen HSV-seropositiv sind, ist nur gut die Hälfte von der Sekundärinfektion, dem Lippenherpes, betroffen. Zur Selbstmedikation empfiehlt Martin Hydrokolloidpflaster (Herpes-Patches) oder topische Virustatika, daneben Penetrationshemmer, die das Eindringen der Viren in nicht infizierte Hautzellen verhindern (s. DAZ 2014, Nr. 16, S. 62).

Windpocken und Gürtelrose (Herpes zoster) werden durch das Varicella-Zoster-Virus (VZV) ausgelöst. Windpocken werden topisch mit Adstringenzien und Lokalanästhetika behandelt; systemische Lokalanästhetika kommen bei nächtlichem Juckreiz, Antipyretika bei Fieber zum Einsatz. Die Gürtelrose tritt nur bei 25 bis 30% der VZV-Seropositiven auf, und dann in der Regel nur einmal. Die Behandlung erfolgt durch die frühzeitige, hoch dosierte Gabe systemischer Virustatika.

Onkolytische Viren

Mit der Virotherapie, d.h. dem Einsatz onkolytischer Viren zur Tumortherapie, befasste sich Dr. Karsten Geletneky, Heidelberg. Das Konzept entstand aufgrund von Beobachtungen. So kam es bei einem afrikanischen Patienten mit Burkitt-Lymphom nach einer Maserninfektion zu einer partiellen Tumorremission. Onkolytische Viren befallen vorzugsweise Tumorzellen, und dieser Tropismus kann durch Manipulation der Viren noch weiter eingeschränkt werden. Ihre klinische Erforschung ist beim malignen Melanom und beim Kopf-Hals-Plattenepithelkarzinom am weitesten fortgeschritten (jeweils Phase-III-Studien). 

Preis für Weiterbildung

Foto: LAK BW
In der Mitte Preisträgerin Daniela Landhäußer

Seit 2008 vergibt die LAK Baden-Württemberg für die beste Projektarbeit im Rahmen der Weiterbildung zum Fachapotheker für Allgemeinpharmazie einen Preis. Präsident Dr. Günther Hanke überreichte den mit 750 Euro dotierten Preis für das Jahr 2013 an Daniela Landhäußer in Walldorf. Ihr Thema lautete „Verbesserung der pharmazeutischen Betreuung von Patienten mit Tumorerkrankungen in der öffentlichen Apotheke“.

Quelle: Stefan Möbius, LAK Baden-Württemberg

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