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DAZ aktuell
Keine Kuschelsocken bei Rezepteinlösung
Oberverwaltungsgericht: Auch kleine Sachzugaben sind geldwerter Vorteil
Im November 2013 hatte ein Apotheker Werbeflyer verteilt. Unter der Überschrift „Unsere Coupons im November“ fand sich ein Gutschein über Geschenkpapier, der bei der Abgabe eines Rezeptes eingelöst werden konnte. Im Januar 2014 gab es entsprechende Werbeflyer, die mit einem Gutschein über „Kuschelsocken“ verknüpft waren. Die Apothekerkammer untersagte diese Werbung und ordnete die sofortige Vollziehung an. Der Apotheker beantragte in einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Dabei blieb er allerdings erfolglos. Die gegen den erstinstanzlichen Beschluss beim OVG NRW eingelegte Beschwerde ist nun ebenfalls gescheitert.
Das Verhalten des Apothekers verstoße gegen das Berufsrecht und die geltenden Preisbindungsvorschriften, so die Richter. Sie verweisen auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach ein Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung nicht nur dann vorliegt, wenn der Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt. Er ist vielmehr auch gegeben, wenn für das Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt an den Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen. Eine solche Kopplung liege hier vor: Der Apotheker gewähre den Vorteil nur bei Einlösung eines Rezepts. Der Apothekenkunde erhalte also nicht nur das Arzneimittel, sondern zugleich auch die Sachzugabe. Diese lasse den Erwerb des Arzneimittels für den Kunden günstiger erscheinen. Denn auch Zugaben wie Geschenkpapier oder Kuschelsocken, hätten einen – wenn auch geringen – Geldwert, so das OVG.
Nicht maßgeblich: Sinnvolle Verwendbarkeit
Dieser geldwerte Vorteil entfalle auch nicht deshalb, weil der Kunde die Sachzuwendung nicht aus einem Sortiment frei wählen könne. Unerheblich sei ferner, ob der den Gutschein einlösende Kunde im konkreten Einzelfall eine sinnvolle Verwendung für die Zuwendung hat oder ihr überhaupt einen finanziellen Wert beimisst. Dass es sich um geringfügige Sachzugaben mit einem Wert unter 50 Cent handelt, sei für die Annahme eines Verstoßes gegen die Preisbindungsvorschriften unerheblich. Eine Bagatellgrenze für zulässige Abweichungen enthalten die Preisbindungsvorschriften nicht.
Dieser Einschätzung stehe auch die Einheitlichkeit der Rechtsordnung nicht entgegen. Denn auch zivilrechtlich sind die Zugaben unzulässig. Das stellt § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) im 2. Halbsatz nunmehr klar. Anlass für die jüngste Änderung dieser Norm waren die Boni-Urteile des Bundesgerichtshofs. Dieser hatte entschieden, dass Zuwendungen und sonstige Werbegaben heilmittelwerberechtlich zulässig sind, wenn sie eine Geringfügigkeitsschwelle nicht überschreiten – selbst wenn sie entgegen der Preisvorschriften gewährt werden. In berufsrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Verfahren kennt man jedoch keine Geringfügigkeitsgrenze – so kam es infolge der BGH-Urteile zu einer uneinheitlichen Rechtsprechung. Mit der Änderung in § 7 HWG habe der Gesetzgeber jedoch eindeutig zu erkennen gegeben, dass er jegliche – auch geringfügige – Vergünstigungen für preisgebundene Arzneimittel als unzulässig erachtet. Diese Verschärfung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG ist nach Überzeugung des OVG auch mit dem Unionsrecht vereinbar.
Rechtsansicht des Verbandes bindet Kammer nicht
Der Umstand, dass die Gewährung von Sachzugaben auch bei preisgebundenen Medikamenten lange Zeit berufsrechtlich nicht geahndet wurde, mache die Untersagungsverfügung ebenfalls nicht unverhältnismäßig. Auch könne sich der Apotheker nicht darauf berufen, dass der Apothekerverband Westfalen-Lippe in seiner Mitteilung „Brandneu“ Nr. 32/2013 die Zugabe von geringfügigen Kleinigkeiten zu verschreibungspflichtigen Medikamenten als zulässig eingestuft und er darauf in schutzwürdiger Weise vertraut habe. Die Rechtsansicht einer Interessenvertretung sei für die Kammer nicht bindend, so das OVG.
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