Prisma

Mit Sport gegen Depressionen

Muskelenzym baut Kynurenin ab

cae | Die Erfahrung lehrt: Sport verscheucht depressive Stimmungen. Für den Wirkmechanismus auf molekularer Ebene gibt es nun eine schlüssige Erklärung.

Dauerstress wirkt sich u.a. auf die Muskeln aus, indem er dort den Abbau der Aminosäure Tryptophan beschleunigt. Tryptophan gilt zwar als natürliches Antidepressivum, aber ein bestimmtes Abbauprodukt hat genau die gegenteilige Wirkung. Beim Abbau von Tryptophan wird zuerst dessen Pyrrolring gespalten, und nach einem weiteren Reaktionsschritt entsteht die Aminosäure Kynurenin, die die Blut-Hirn-Schranke überwindet. Im Hirn interagiert Kynurenin so mit den Neuronen, dass sich die Stimmung des Individuums negativ verändert.

Schwedische Forscher wollten wissen, wie Sport in diesen Mechanismus eingreifen kann. Sie stressten Mäuse fünf Wochen durch Lärm, Licht und Schlafentzug und maßen dann erwartungsgemäß hohe Kynureninkonzentrationen im Blut. Danach durften sich die Mäuse ausgiebig im Laufrad abreagieren, und ihre Kynureninspiegel sanken auf Normalwerte – nicht etwa, weil in den Muskeln weniger Tryptophan abgebaut worden wäre, sondern weil das Kynurenin in Kynurensäure umgewandelt wurde; Kynurensäure ist nicht hirngängig und beeinträchtigt die Psyche nicht.

Als Agens für den Abbau von Kynurenin identifizierte die Arbeitsgruppe das im Muskelgewebe synthetisierte Protein PCG-1α1; dieses ist ein Koaktivator des intrazellulären Rezeptors PPAR-γ, dessen Rolle bei der Entstehung von Diabetes und Arteriosklerose bereits gut erforscht ist.

Mit einem weiteren Test bestätigten die Schweden ihre neue Erkenntnis: Gentechnisch veränderte Mäuse, die auch ohne Muskeltraining viel PCG-1α1 synthetisierten und Kynurenin abbauten, zeigten auch bei starkem Stress kein depressives Verhalten.

Quelle: Agudelo LZ, et al. Skeletal Muscle PGC-1α1 Modulates Kynurenine Metabolism and Mediates Resilience to Stress-Induced Depression. Cell 2014;159:33-45

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