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Bahr wird Privatkassen-Vorstand

Ex-Gesundheitsminister geht zur Allianz – Kritik an schnellem Wechsel

STUTTGART (wes) | Der ehemalige Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hat einen neuen Job: die Allianz Private Krankenversicherung beruft ihn in ihren Vorstand. Bahr erkennt bei diesem Wechsel keinen Interessenkonflikt – doch das sieht nicht jeder so. Sozial- und Gesundheitspolitiker kritisierten Bahrs Wechsel ebenso wie der Verein Lobbycontrol.

Der ehemalige Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr soll ab 1. November als Generalbevollmächtigter in die Allianz Private Krankenversicherung (APKV) eintreten und dort die Bereiche Leistungsmanagement und Zentrale Vertriebskoordination übernehmen, erklärte die Versicherung am Montag. Nach einer Einarbeitungszeit und vorbehaltlich der Zustimmung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) soll Bahr dann mit dieser Ressortzuständigkeit in den Vorstand berufen werden.

Foto: DAZ/Schelbert
Na und? Ex-Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr sieht in seiner neuen Tätigkeit bei der Allianz nichts Anrüchiges. Andere schon …

Diesen Wechsel nicht einmal ein Jahr nach dem Ende seiner Amtszeit als Gesundheitsminister hält Kathrin Vogler für anrüchig. Er wechsle auf einen hochbezahlten Posten ausgerechnet in der Branche, „die er auch schon als Minister auf das Feinste bedient hat“, empört sich die Sprecherin für Arzneimittelpolitik und Patientenrechte der Linken-Fraktion. Und nicht nur die Opposition kritisiert Bahrs neue Tätigkeit. Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, sagte dem Handelsblatt: „Es ist politisch unerträglich, dass ein Politiker in die Branche wechselt, für deren Regulierung er zuständig war.“ Das zerstöre das Vertrauen in die Integrität der Politik. Der Anti-Lobbyismus-Verein Lobbycontrol kritisiert die fehlende „Abkühlzeit“ vor dem Wechsel: „Bahr reiht sich damit ein in die lange Liste von Mitgliedern der schwarz-gelben Bundesregierung, die ohne Karenzzeit oder nach nur kurzer Wartezeit zu Unternehmen oder Verbänden gewechselt sind“, sagte ein Sprecher des Vereins dem Tagesspiegel.

Während seiner Zeit im Bundesgesundheitsministerium hatte sich Bahr mehrfach für die private Krankenversicherung (PKV) stark gemacht. Am bekanntesten ist wohl die „Pflege-Bahr“ genannte staatlich geförderte private Pflege-Zusatzversicherung – die auch sein neuer Arbeitgeber anbietet.

Bahr verteidigte seinen Wechsel in die Versicherungswirtschaft in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Durch seine Ausbildung und sein Engagement in den letzten Jahren sei das ein logischer Schritt. „Es wäre ja eher verwunderlich gewesen, wenn ich jetzt für die Automobilindustrie arbeiten würde, wo ich mich nicht auskenne.“ Der Wechsel zwischen Wirtschaft und Politik sei sinnvoll und müsse möglich sein. Er werde sich im „klassischen Unternehmensgeschäft“ um Vertriebsfragen, Abrechnungen und Verträge mit Leistungserbringern kümmern. „Für das Lobbying bei der Allianz sind andere zuständig.“

Bahr ist gelernter Bankkaufmann und hat Volkswirtschaftslehre studiert. Ein berufsbegleitendes Management-Studium mit dem Schwerpunkt International Health Care and Hospital Management hat er mit einem Master of Business Administration abgeschlossen. Seit 2002 war Bahr Bundestagsabgeordneter für die FDP, seit 2009 Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, von Mai 2011 bis Dezember 2013 Bundesgesundheitsminister. Nach seinem Ausscheiden aus der Politik ging er in die USA, wo er für die Denkfabrik Center for American Progress, die auch US-Präsident Barack Obama bei der Gesundheitsreform berät, tätig war. Außerdem unterrichtete er Gesundheitsökonomie an der University of Michigan. 

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