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Projekt 2030: Evidenzbasierte OTC-Beratung
In regelmäßigen Abständen kommen Testkäufer in Apotheken. Im Anschluss heißt es meist, es werde nur unzureichend beraten, zudem würden häufig nicht geeignete Arzneimittel abgegeben. Doch wie berät man nun richtig zur Selbstmedikation? Die Bundesapothekerkammer bietet hierzu eine Leitlinie. Für Laven eine sinnvolle Hilfe. Es gilt insbesondere, die Eigendiagnose mit den W-Fragen abzuklären und die Grenzen der Selbstmedikation zu erkennen. Allerdings: Diese Leitlinie sieht vor, den Arzneistoff nach pharmakologisch-toxikologischen Kriterien auszuwählen. Diese Prüfung erledige aber schon die Zulassung des Arzneimittels, so Laven. Wichtiger sei, die Evidenz zu hinterfragen, überhaupt eine Rationale in die Selbstmedikation einzubringen. Doch die Evidenzlage zu OTC ist angesichts sich ständig wandelnder Erkenntnisse nur aufwendig recherchierbar. Für ihre Doktorarbeit hat Laven systematisch vorhandene Datenbanken durchsucht. Die bestmögliche Evidenz findet sich in Metaanalysen verschiedener randomisierter klinischer Studien, etwa in Cochrane-Reviews. Beispiel Vorbeugung und Therapie der klassischen Erkältung: Hier zeigen die Studien, dass Echinacea und Knoblauch keine Evidenz aufweisen. Bedingt belegt ist sie hingegen für Vitamin C in der Prävention. Personen mit hoher physischer Belastung, die hochdosiert über drei Monate Vitamin C einnehmen, weisen danach weniger Krankheitstage auf. Kinder (14%) profitieren dabei noch etwas mehr als Erwachsene (8%). Dies, so Laven, ist eine Information, die man Apothekenpersonal an die Hand geben sollte – ob sie am Ende im individuellen Fall zu- oder abraten bleibt ihre eigene Entscheidung. Zink ist ein anderer gut untersuchter Wirkstoff. In der Therapie von Erkältungen hat er sich allerdings nur bei Erwachsenen und sehr hochdosiert als wirksam erwiesen. Für Kinder ließ sich keine Evidenz ausmachen. Was die Cochrane-Reviews ebenfalls zeigen: Die bei Apothekentests vielfach von „Experten“ kritisierten Arzneimittelkombinationen gegen Erkältungen – gleich welcher Art – haben sich durchweg als wirksam erwiesen.
Was ist evidenzbasierte Pharmazie?
Nach der Definition des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e.V. ist sie „der gewissenhafte, ausdrückliche und vernünftige Gebrauch der gegenwärtig besten externen wissenschaftlichen Evidenz für Entscheidungen in der pharmazeutischen Versorgung und Beratung“.
In einem weiteren Schritt fragte sich Laven, wie diese Informationen standardisiert in den Apothekenalltag integriert werden können. Mittels Umfragen und Schulungen zeigte sie auf: Wer zum Thema evidenzbasierte Pharmazie geschult wurde, stellt anschließend deutlich öfter die richtigen Fragen und kommt zu nachvollziehbaren Empfehlungen – und das bei einer kaum längeren Beratungszeit. Etwas über vier Minuten dauerte eine solche evidenzbasierte Beratung. Laven ist auch überzeugt: Wirtschaftlich wird die Entscheidung pro Evidenzbasierter Beratung einer Apotheke nicht schaden. Vielmehr könne man sich in bestimmten Indikationen auf Team-Empfehlungen einigen und sein Einkaufsverhalten besser steuern.
Antrag zum Apothekertag
Für den VdPP sind dies ermutigende Erkenntnisse. Der Verein wird zum diesjährigen Apothekertag in München über Vertreter der Allianz Aller Apotheker (AAA) und anderer Listen einen Antrag zur Förderung der evidenzbasierten Beratung in der Selbstmedikation einbringen. Die Zielrichtung: Für die in der Selbstmedikation am häufigsten abgegebenen OTC-Arzneimittel soll die Evidenz zu Nutzen und Schaden aufgearbeitet werden – etwa durch die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker. Die Ergebnisse sollen sodann in geeigneter, praxistauglicher Form der Apothekerschaft zur Verfügung gestellt werden. Unterstützt sieht sich der Verband auch durch einen Passus im Perspektivpapier „Apotheke 2030“. Darin heißt es: „Die öffentlichen Apotheken versorgen ihre Patienten individuell und grundsätzlich evidenzbasiert.“ Um diesem Anspruch gerecht zu werden bedürfe es einer transparenten und standespolitisch anerkannten Aufbereitung der Datenlage, betonte VdPP-Vorstand Florian Schulze. Bislang sei es für Apotheken schwer, diese Informationen zu bekommen, meist stammten sie vom Hersteller. Dem VdPP schwebt daher vor, dass die Daten in geeigneter Weise, etwa indikationbezogen in die ABDA-Datenbank implementiert werden. Wie die anschließende Diskussion zeigte, gibt es dafür viel Zuspruch. Doch es ist auch allen bewusst: Es wird seine Zeit brauchen. Der Zeitrahmen des Perspektivpapiers 2030 ist sicherlich nicht übertrieben.
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