Arzneimittel und Therapie

Lebensgefährlich oder „wurscht“?

Wissenswertes zu Listerien

jb | Seit September 2013 sind 20 Menschen in Dänemark nach dem Verzehr von „verseuchter Wurst“ an Listeriose erkrankt. Zwölf von ihnen sind an den Folgen der Infektion gestorben. Da wohl auch kon-taminierte Ware auf den deutschen Markt gelangt ist, stellt man sich auch hierzulande die Frage, wie groß die Gefahr durch Listerien ist.

Listerien sind stäbchenförmige, grampositive, nicht endosporenbildende, fakultativ anaerobe Bakterien, die ubiquitär verbreitet sind. Die bedeutendste humanpathogene Spezies ist Listeria monocytogenes. Bis 10% der Menschen sollen Träger dieser Art im Darm sein und scheiden sie genauso wie viele Säugetierarten (Wild- und Haustiere), Vögel oder Kaltblüter im Stuhl aus. Tierische und pflanzliche Produkte können daher sowohl über Fäkalien als auch über die Umwelt kontaminiert werden. Da Listerien nicht zum Verderb der Lebensmittel führen, ist eine Kontamination weder am Geruch noch am Aussehen der Lebensmittel erkennbar. Temperaturen über 70 °C machen die Erreger unschädlich, Kälte hingegen überleben sie. Auch bei 4 bis 8°C sind sie zu Wachstum fähig. Trotz der weiten Verbreitung der Listerien sind Listeriosen im Vergleich zu anderen Lebensmittel-bedingten Infektionen in Deutschland aber selten. Die Zahl der gemeldeten Fälle beschränkt sich auf einige Hundert im Jahr. So wurden im Jahre 2013 467 Fälle erfasst, die höchste Inzidenz seit sieben Jahren (zum Vergleich: Salmonellosen 18.986, Campylobacter-Enteritiden 63.636). Infektion und Ausmaß einer Erkrankung sind von der Menge der aufgenommenen Erreger abhängig. Der zugelassene Grenzwert für verzehrfertige Lebensmittel liegt während der gesamten Haltbarkeitsdauer bei 100 Keimen von L. monocytogenes pro Gramm.

Wer ist gefährdet?

Für immunkompetente Erwachsene stellt eine Listeriose keine Gefahr dar. Sie verläuft häufig symptomlos oder es tritt nach dem Verzehr kontaminierter Lebensmittel innerhalb weniger Stunden bis zu zwei Tagen eine schwere, fieberhafte, selbstlimitierende Gastroenteritis auf. Die Infektion bleibt oft unerkannt. Akute Gefahr besteht hingegen für abwehrgeschwächte Personen wie Neugeborene, alte Menschen, Patienten mit chronischen Erkrankungen (z.B. Tumoren, Aids), Transplantierte und Schwangere. Die manifeste Listeriose äußert sich mit grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Muskelschmerzen sowie Erbrechen und Durchfall. In schweren Fällen kann es dann zur Sepsis kommen. 2013 gab es in Deutschland 31 Todesfälle, bei denen Listeriose als Ursache angegeben war. Das entspricht einer Letalität von 7%, womit die Listeriose die meldepflichtige Erkrankung mit der höchsten Sterblichkeit ist.

Bei Schwangeren bleibt die Erkrankung oft symptomfrei oder verursacht nur relativ unauffällige grippeähnlichen Symptome. Die große Gefahr besteht hier jedoch darin, dass das ungeborene Kind sich noch während der Schwangerschaft, während der Geburt oder postnatal durch Kontakt infizieren kann. Neonatale Listeriosen sind durch Sepsis, Atemnotsyndrom und Hautläsionen gekennzeichnet. Säuglinge, die sich während der Geburt infizieren, erkranken häufig an einer Meningitis. Oft kommt es auch zu Früh- oder sogar Totgeburten. Die Letalität der Neugeborenen-Listeriosen liegt bei 10%.

Therapie

Mittel der ersten Wahl sind Amoxicillin oder hochdosiertes Ampicillin, das, sofern keine Kontraindikation wie Schwangerschaft vorliegt, mit einem Aminoglykosid kombiniert wird. Als Alternative kommt Cotrimoxazol infrage. Zu anderen Wirkstoffen (z.B. Moxifloxacin, Makrolide, Linezolid) sind die Empfehlungen sehr zurückhaltend bzw. werden in der Fachliteratur kontrovers diskutiert. Da Resistenzen bei Ampicillin, Gentamicin und Cotrimoxazol derzeit praktisch keine Rolle spielen, kann die Therapieentscheidung getroffen werden, ohne ein Antibiogramm abzuwarten. Allerdings sprechen die Patienten oft auf die Therapie nicht ausreichend an. Das liegt zum einen an der intrazellulären Lebensweise des Erregers und an der oft späten Diagnosestellung aufgrund der unspezifischen Symptomatik. Trotz gezielter Therapie verliefen in den letzen Jahren etwa 21% der Listerien-Septikämien und 13% der Listerien-Meningitiden tödlich.

Daher liegt die wichtigste Maßnahme in der Prävention. Risikogruppen sollten auf den Verzehr roher, möglicherweise belasteter Lebensmittel (z.B. Tartar, Sushi, Rohmilchkäse) verzichten. Weitere Tipps, wie sich Infektionen vermeiden lassen, finden sich beispielsweise auf der Homepage des Bundesamtes für Risikobewertung www.bfr.bund.de

Quelle

Listeriose. RKI-Ratgeber für Ärzte, Infektionsepidemiologisches Jahrbuch 2013 des Robert Koch-Instituts (RKI)

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