DAZ aktuell

„Importquote abschaffen“

Apotheker kritisieren Re- und Parallelimporte – Ministerium sieht keinen Zusammenhang mit Fälschungen

BERLIN (ks) | Auch in Deutschland sind Arzneimittelfälschungen und Lieferengpässe längst kein Fremdwort mehr. Dies nährt die ohnehin schon lange bestehenden Zweifel der Apotheker an den hierzulande bestehenden Regelungen zu re- und parallelimportierten Arzneimitteln. Jetzt hat der Landesapothekerverband Baden-Württemberg (LAV) den Gesetzgeber aufgefordert, die Importquote abzuschaffen. Auch der Detmolder Basis-Apotheker Gunnar Müller hat den Bundesgesundheitsminister angeschrieben und an ihn appelliert, über die geltenden Regelungen nachzudenken. Doch das Ministerium hat ihm wenig Hoffnung gemacht, dass hier Änderungen bevorstehen.


Mit den Regelungen zur bevorzugten Abgabe von Importarzneimitteln bezweckte der Gesetzgeber, Kosten im Gesundheitswesen zu sparen. Die deutschen Krankenkassen sollten davon profitieren, wenn bestimmte Medikamente im Ausland zu einem niedrigen Preis beschafft werden können. So war es jedenfalls bislang – nach dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz und der Einführung von Erstattungsbeträgen mögen die Vorteile aus internationalen Preisdifferenzen bei neueren Arzneimitteln schwinden. Auch die sich verbreitenden Rabattverträge über Originalarzneimittel werfen Zweifel auf, ob mit Importen tatsächlich generell gespart werden kann.

In der Apothekerschaft ist die Kritik an den Importregelungen nicht neu. Aktuell bekräftigt sie der LAV-Vizepräsident Christoph Gulde. Er stellt nicht nur die Wirtschaftlichkeit von Importarzneimitteln infrage, sondern verweist auch auf ihre Gefahren: „Generell birgt der Reimport von Arzneimitteln das Risiko, dass durch den Handel auf sogenannten Spotmärkten benötigte Arzneimittel stellenweise nicht verfügbar sind. Dazu kommt, dass viele Packungen aus dem Import den Patienten verunsichern“. So gebe es überklebte oder zerschnittene Schachteln und unregelmäßige Tablettenstreifen und Blister. Oft sähen die Packungen so aus, wie man sich ein Medikament aus der Apotheke eben gerade nicht vorstellt, so Gulde. Und das wiederum verkompliziert den Apothekenalltag.

Die Politik ist gefordert

Überdies könnten gestohlene und gefälschte Arzneimittel über Reimporte den Weg in die legale Lieferkette bis nach Deutschland nehmen. Dass dies keine Schwarzmalerei ist, haben die letzten Monate gezeigt: Die Medikamentendiebstähle in Italien sorgen noch immer für Rückrufe bei einigen deutschen Importeuren. Das habe die Apothekerschaft aufhorchen lassen und sie zusätzlich sensibilisiert, so der LAV in einer Pressemeldung. Die Systematik der Reimporte und die Erfüllung einer vorgeschriebenen Quote müsse jetzt genau unter die Lupe genommen werden. Die bestehenden Regelungen seien nicht nur überholt, sondern auch zunehmend gefährlich. Gulde: „Unsere sichere Versorgungskette wird angreifbar und zum Einfallstor für kriminelle Machenschaften, die mit Fälschungen und Hehlerware das schnelle Geld bringen sollen.“ Er fordert ein rasches Eingreifen der Politik: „Vor dieser dramatischen Entwicklung kann kein Gesundheitspolitiker seine Augen verschließen.“

Auch Gunnar Müller, „Basis“-Apotheker aus Westfalen-Lippe, hatte sich Ende Juli mit einem entsprechenden Appell an Minister Hermann Gröhe (CDU) gewandt. Zur Stärkung der Arzneimittelsicherheit bat er darum, die Importregelungen zu überdenken – „zumal der Aufwand, der in diesem Zusammenhang betrieben wird, die Einspareffekte inzwischen deutlich übersteigen dürfte und es mit den Festbeträgen, den Rabattverträgen und den Herstellerrabatten inzwischen andere Instrumente zur Kostendämpfung für die Gesetzlichen Krankenkassen geben dürfte“.

BMG steht zu Re- und Parallelimport

Die Antwort erfolgte bereits zwei Tage später durch den für die Arzneimittelversorgung zuständigen Ministerialrat Michael Meier. Dieser räumt in seinem Brief an Müller ein, dass es grundsätzlich möglich sei, dass über den Re- oder Parallelimport gefälschte Arzneimittel in die legale Vertriebskette eingeschleust werden. Dennoch: Der legale Parallelhandel trage im Rahmen des freien Warenverkehrs in der EU „wesentlich zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung und seiner Wirtschaftlichkeit bei“ – und zwar neben Rabattverträgen und Erstattungsbeträgen. „Einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der gesetzlichen Vorgabe der Abgabe von preisgünstigen importierten Arzneimitteln und einem Inverkehrbringen von gefälschten Arzneimitteln vermag ich nicht zu sehen“, so Meier weiter. Zuletzt verweist er darauf, dass das Nähere zur Abgabe importierter Arzneimittel GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband in ihrem Rahmenvertrag regelten. „Es ist ihre Angelegenheit, bei der Vereinbarung der Importquote die Marktsituation zu berücksichtigen.“ 

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