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Adexa-Info
„Die Glaubwürdigkeit leidet“
Interview zum Tarifstreit mit Reinhild Berger
ADEXA: Frau Berger, was stellt aus Ihrer Sicht für die Apothekeninhaber die größte Belastung durch die Nachtnotdienste dar: die Personalkosten, die Herausforderung, überhaupt ausreichend Personal zur Verfügung zu haben, oder andere Aspekte?
Berger: Aus meiner Sicht stehen die Personalkosten im Vordergrund. Es war ja wohl auch das Hauptargument in den Verhandlungen um zusätzliches Honorar, dass der Nacht- und Notdienst aufgrund häufig geringer Umsätze, aber der doch nötigen Präsenz- und Beratungspflicht nicht kostendeckend ist. Sprich: Der Apothekenleiter legt bei den Personalkosten drauf bzw. arbeitet umsonst, wenn er den Dienst selbst versieht.
ADEXA: Welche Reaktion halten Sie aus der Politik für wahrscheinlich bzw. möglich, wenn die angestellten Nachtnotdienstleistenden nach Einführung des Notdienstfonds nicht besser gestellt werden?
Berger: Wenn sich die Apothekenleiter weigern, die angestellten Approbierten für Not- und Nachtdienste besser zu honorieren, wird das aus meiner Sicht die Glaubwürdigkeit des Berufsstands (der ja nach außen mehrheitlich durch die Apothekenleiter präsentiert wird!) stark schwächen. Das Argument, es handle sich bei den Geldern aus dem Notdienstfonds um eine „Strukturkomponente“, ist für mich eine abstrakte Worthülse. Das qualifizierte Fachpersonal ist der wichtigste Grundpfeiler einer Apotheke und trägt ganz wesentlich dazu bei, jegliche Struktur zu erhalten und zu festigen.
ADEXA: Welche Auswirkungen kann ein unspezifischer Einsatz der Notdienstpauschale auf künftige Honorierungsforderungen personalaufwendiger Leistungen haben?
Berger: Die Berufsvertretung wird zumindest großen Erklärungsbedarf haben, wofür das Geld nötig ist, wenn es nicht – zumindest teilweise – zur Deckung von Personalkosten eingesetzt wird. Das Personal ist das Rückgrat der Apotheke.
ADEXA, aber auch alle Mitarbeiter der Apotheke sind in der Pflicht, immer wieder selbstbewusst eine angemessene Bezahlung zu verlangen und nicht stillschweigend zu niedrige Gehälter hinzunehmen.
Zitiert
„Der neugeschaffene Nacht- und Notdienstfonds verteilt Zuschüsse für diese personalaufwendige Gemeinwohlpflicht. 20.000 Patienten pro Nacht- und Notdienst.
Notdienstpauschale 4. Quartal 2013: 252,75 EUR pro Volldienst“
ABDA, Zahlen Daten Fakten 2013
„Aufgrund des Gesetzes erhalten die Apotheken unabhängig von der Inanspruchnahme für jeden zwischen 20 Uhr und 6 Uhr des Folgetages vollständig erbrachten Notdienst einen pauschalen Zuschuss. Damit werden wir den individuell unterschiedlichen Belastungen der Apotheken durch den Notdienst gerecht.“
Der damalige Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr zur Verabschiedung des ANSG durch den Bundestag
Und das sagen notdienstleistende Apothekenangestellte:
„Wenn der Nachtdienst deutlich besser bezahlt wird, ist auch der/die Ausführende daran zu beteiligen. Das ist eigentlich selbstverständlich.“
Apothekerin, Niedersachsen
„Die Notdienstleistenden sollten zu 100 Prozent Arbeitszeit bezahlt bekommen.“
Pharmazie-Ingenieurin, Sachsen-Anhalt
„Meiner Meinung nach sollten die angestellten Notdienstleistenden mindestens 50 Prozent der gezahlten Pauschale bekommen, vor allem, wenn der Inhaber sich an den Diensten nicht beteiligt.“
Apothekerin, Hamburg
„Einen Teil sollte der Notdienstleistende erhalten.“
Apotheker, Hessen
„Den Notdienstleistenden sollte wenigstens ein Teil der Notdienstpauschale zugute kommen, vor allem bei häufigen Notdiensten oder starker Inanspruchnahme nachts.“
Apothekerin, Baden-Württemberg
„Einen Teil der neuen Pauschale sollte sicherlich die die Leistung erbringende Apothekerin erhalten; bei uns ist der Leiter vom Notdienst ausgespart.“
Apothekerin, Hessen
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