Blutdruckmessung

Von Riva-Rocci und Korotkoff

Wissenswertes zum Blutdruckmessen

Von Julia Borsch | Zu hoher Blutdruck ist ein wichtiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Ereignisse. Da sich ein Hypertonus im Gegensatz zum Hypotonus nicht bemerkbar macht, kann er nur durch Messung diagnostiziert werden. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über wichtige Fakten zur Blutdruckmessung.

In verschiedenen Gefäßen des Körpers herrschen unterschiedliche Blutdrücke. Spricht man nur von „Blutdruck“ ist in der Regel der arterielle Blutdruck (BD, BP= blood pressure) gemeint. Häufig wird der Blutdruck auch abgekürzt mit „RR“. Das geht auf den italienischen Arzt Scipione Riva-Rocci zurück. Er entwickelte 1896 eine Methode zur Messung des systolischen Blutdruckes mittels einer pneumatischen Armmanschette in Verbindung mit einem Quecksilber-Blutdruckmessgerät. Entscheidend verbessert wurde das Verfahren dann durch den russischen Arzt Nikolai Sergejewitsch Korotkow, der es erstmalig ermöglichte nicht nur den systolischen, sondern auch den diastolischen Blutdruck zu messen. Er hörte zusätzlich die Arterie mit einem Stethoskop ab, wobei pulssynchrone Strömungsgeräusche zu hören sind (Korotkoff-Geräusche). Wird der Druck aus der Manschette abgelassen, entspricht der Druck, bei dem die Strömungsgeräusche erstmalig hörbar sind, dem systolischen Blutdruck, der Druck beim vollständigen Verschwinden des Geräuschs (bei Erwachsenen) dem diastolischen Blutdruck. Obwohl heutzutage keine Quecksilber-haltigen Messgeräte, sondern vor allem Membranmanometer, verwendet werden, wird der Blutdruck immer in der traditionellen Einheit mmHg (Millimeter Quecksilbersäule) angegeben und nicht in der SI-Einheit für den Druck Pascal (N/m2).

Prinzipiell werden heute zwei Arten der Blutdruckmessung unterschieden: die invasive und die nicht-invasive. Bei der invasiven oder auch direkten Blutdruckmessung wird mittels eines Druckfühlers in einem Blutgefäß gemessen. Sie ist die genaueste Methode den Blutdruck zu bestimmen und erlaubt als Einzige eine kontinuierliche Messung, spielt aber im Alltag in der Apotheke und in der Arztpraxis keine Rolle, sondern wird vor allem von Anästhesisten zur Überwachung während einer Operation und auf Intensivstationen eingesetzt.

Bei der nicht-invasiven Messung wird mittels einer Manschette an einer Extremität gemessen. Hier gibt es drei Verfahren.

Die auskultatorische Methode

Die auskultatorische Methode (von lat. auscultare – zuhören, horchen) ist nach wie vor Standard der Blutdruckmessung der nicht-invasiven Messverfahren und findet in der Arztpraxis und im Krankenhaus auch heute noch breite Anwendung. Sie gilt bei geübten Anwendern als sehr genau und ist auch bei Herzrhythmusstörungen gut geeignet. Die Methode basiert im Wesentlichen auf der oben beschriebenen Methode nach Riva-Rocci. Wichtig ist, dass die Manschette etwas über den erwarteten Druck aufgepumpt wird. Als Ablassgeschwindigkeit der Luft werden 2 bis 3 mmHg pro Sekunde empfohlen. Das heißt bei einem Blutdruck von 160/90 mmHg (Blutdruckamplitude von 70 mmHg) bedeutet das, dass es etwa eine halbe Minute dauert, bevor systolischer und diastolischer Wert ermittelt sind. Für die Selbstmessung zu Hause eignet sich die auskultatorische Methode weniger. In der Apotheke spricht nach entsprechender Schulung und Übung nichts gegen die manuelle Blutdruckmessung mit einem klassischen Blutdruckmessgerät (Sphygmomanometer) und dem Stethoskop. Eine Bestimmung der Pulsfrequenz muss allerdings separat erfolgen.

Oszillometrische Messung

Automatische Blutdruckmessgeräte oder halbautomatische, bei denen die Manschette manuell aufgepumpt werden muss, messen den Blutdruck oszillometrisch. Bei dieser Methode werden keine akustischen Signale, sondern Oszillationen erfasst, die beim Ablassen des Manschettendrucks durch den wieder einsetzenden arteriellen Puls im Arm entstehen. Diese Oszillationen werden zuerst stärker, dann allmählich schwächer, bis sie ganz aufhören. Erfasst wird das Auftreten der größten Oszillation, was dem mittleren Blutdruck entspricht. Die separate Berechnung des systolischen und des diastolischen Wertes erfolgt mithilfe mathematischer Algorithmen. Hochwertige moderne Geräte mit Prüfsiegel (wie dem der Deutschen Hochdruckliga) stehen, was die Genauigkeit betrifft, der manuellen Messung mit dem Stethoskop nichts nach. Einzelne Leitlinien empfehlen dieses Messverfahren mittels eines Automaten als zusätzliche Methode zur Hypertonie-Diagnostik in der ärztlichen Praxis, da es ermöglicht, automatisch in Abwesenheit von Arzt oder Pflegepersonal zu messen. Das soll den Weißkitteleffekt minimieren. Auch die 24-Stunden-Blutdruckmessung, die Standard-Methode bei der Hypertonie-Diagnostik, basiert auf dem oszillometrischen Prinzip. Blutdruck und Puls können in einem Vorgang bestimmt werden.

Entscheidend für das Messergebnis ist die Auswahl der richtigen Manschette für den jeweiligen Armumfang (siehe Merkblatt).

DAZ-Merkblatt „Richtig Blutdruck messen“

Blutdruckmessungen gehören zum Standardrepertoire fast jeder Apotheke. Was auf den ersten Blick einfach scheint, birgt jedoch einige Fehlerquellen. Ist man sich der möglichen Fallstricke bewusst und ruft sich diese immer wieder ins Gedächtnis, lassen sie sich aber leicht ausräumen. Auf dem DAZ-Merkblatt, das für Abonnenten der aktuellen Ausgabe beiliegt, finden Sie in Kürze die wichtigsten Hinweise zum Blutdruck messen sowie Blutdruckmessgeräte mit dem Prüfsiegel der Deutschen Hochdruckliga, die sowohl zur Messung in der Apotheke als auch zur Selbstmessung geeignet sind.

Für Abonnenten steht das Merkblatt hier auch zum Download zur Verfügung.

Sind die Manschetten zu klein oder werden sie nicht fest genug angelegt, so liegen die Messwerte zu hoch. Bei zu großen Manschetten misst man zu niedrige Werte. Wird die Manschette über der Kleidung angelegt oder ist der Oberarm durch enge Kleidung eingeengt, so sind die Messwerte ebenfalls unzuverlässig.

Prinzipiell ist die Messung des Blutdrucks am Oberarm oder am Handgelenk möglich. Allerdings ist die Messung mit Handgelenksgeräten fehleranfälliger. Es muss unbedingt auf die richtige Armhaltung geachtet werden, so dass der Messpunkt in Herzhöhe ist. Am besten wird der Ellenbogen auf den Tisch aufgesetzt oder der Arm locker vor dem Körper gehalten. Handgelenkmessgeräte eignen sich vor allem für die Blutdruckkontrolle von Menschen bis zum mittleren Alter, die noch keine arteriellen Veränderungen oder andere Grunderkrankungen haben. Der Grund: Je weiter entfernt vom Herz der Druck gemessen wird, desto eher kann das Messergebnis verfälscht werden. Herzrhythmusstörungen, Diabetes mellitus, Parkinson oder Arteriosklerose können zu falschen Werten führen. Messgeräte mit Prüfsiegel messen mittlerweile genauso zuverlässig wie Oberarm-Messgeräte und gelten für die Kontrolle zu Hause als ausreichend zuverlässig.

Die palpitatorische Messung

In lauter Umgebung zum Beispiel bei Notarzteinsätzen ist es oft nicht möglich, die Korotkoff-Geräusche zu hören. Hier kommt die palpitatorische Messung zum Einsatz. Auch hier wird eine Druckmanschette am Oberarm angelegt und über den erwarteten Druck aufgepumpt. Ist die Arteria brachialis vollständig komprimiert, ist kein Puls fühlbar. Der Blutdruck, bei dem der Puls beim Ablassen des Druckes zum ersten Mal tastbar wird, entspricht dem Wert für den systolischen Blutdruck. Der diastolische Wert kann auf diese Weise allerdings nicht ermittelt werden.

Wie geht man vor?

Eine Blutdruckmessung sollte, wenn möglich, immer in Ruhe durchgeführt werden, das heißt der Patient sollte mindestens fünf Minuten sitzen. Für bestimmte Fragestellungen kann es auch erforderlich sein, den Blutdruck in anderen Lagen z.B. nach dem Aufstehen oder nach Belastung zu messen. Bei der Routine-Bestimmung des arteriellen Blutdrucks spielt das keine Rolle. Anfangs sollte immer an beiden Armen gemessen werden. Bei einer ausgeprägten Seitendifferenz besteht sonst die Gefahr, dass eine Hypertonie nicht erkannt oder nicht ausreichend behandelt wird. Unterscheidet sich der Blutdruck um mehr als 10 mmHg, wird zukünftig der Arm mit dem höheren Druck für die Bestimmung herangezogen. Ein weiterer Grund für die beidseitige Messung: Unterschiede im systolischen Blutdruck von 10 mmHg und mehr deuten auf ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse hin. Bei gleichmäßigen Druckverhältnissen sollte aber auch immer derselbe Arm verwendet werden. Entscheidend ist, dass der Messpunkt auf Herzhöhe liegt. Ist er zu niedrig, ist der gemessene Wert zu hoch. Wird das Gerät zu hochgehalten, ist der Wert zu niedrig. Legt man beispielsweise im Sitzen bei der Messung am Handgelenk die Hände in den Schoß, kann bei 30 Zentimeter Höhenunterschied zum Herzen ein 20 mmHg höherer Blutdruck als in Herzhöhe gemessen werden. Einige neue Geräte beginnen die Messung erst, wenn der Messpunkt auf Herzhöhe liegt und die Armhaltung stimmt. Während der Messung selber sollte nicht gesprochen werden. Wird der Blutdruck über einen längeren Zeitraum dokumentiert, empfiehlt es sich zur selben Tageszeit zu messen und durchaus auch mehrmals täglich. Weitere Hinweise zum korrekten Blutdruckmessen finden Sie auf dem beiliegenden Merkblatt „Richtig Blutdruck messen“.

Verbot der Heilkunde

Wird bei einer Messung in der Apotheke ein erhöhter Blutdruck (Werte siehe Tab.) festgestellt, darf allerdings lediglich über die abweichenden Werte (s. Tabelle) informiert und die Empfehlung ausgesprochen werden, einen Arzt aufzusuchen.

Ein konkreter Krankheitsbezug, also die Stellung oder bloße Vermutung einer Diagnose, darf nicht hergestellt werden, da dies bereits als „Ausübung der Heilkunde“ gilt. Die Ausübung der Heilkunde verstößt gegen die Berufspflichten eines Apothekers und ist allein dem Arzt vorbehalten. Die Diagnose „Hypertonie“ basiert nie auf einem einzelnen erhöhten Wert. Um sie zu stellen, wird in der Regel eine 24-Stunden-Messung durchgeführt. 

Literatur

Myers MG. The great myth of office blood pressure measurement. J Hypertens. 2012 Oct;30(10):1894-8. doi: 10.1097/HJH.0b013e3283577b05

www.hochdruckliga.de

www.pro-blutdruck-messen.de/blutdruck-messen

www.hochdruckliga.de/positive-beurteilung-handgelenkmessung.html

www.tensoval.de

www.springermedizin.de/seitendifferenz-beim-blutdruck-entlarvt-risikopatienten/2509410.html

www.hypertension.ca/en/professional/chep/diagnosis-measurement/accurate-measurement-of-blood-pressure

Letzter Zugriff jeweils am 4. Mai 2014

Autorin

Julia Borsch, Apothekerin, Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität München, derzeit Redakteurin bei der Deutschen Apotheker Zeitung.

jborsch@deutscher-apotheker-verlag.de

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