Arzneimittel und Therapie

Ballaststoffe helfen nach Herzinfarkt

Ernährungsumstellung kann Prognose verbessern

Patienten, die nach einem überstandenen Herzinfarkt zu einer ballaststoffreichen Nahrung wechseln, können damit ihr Mortalitätsrisiko senken. Das ist das Ergebnis einer US-amerikanischen epidemiologischen Studie.

Kann das Mortalitätsrisiko von Herzinfarkt-Patienten durch die Ernährung beeinflusst werden und ist dabei die vermehrte Zufuhr von Ballaststoffen sinnvoll? Diese Frage ist nicht neu und kann aus theoretischer und praktischer Sicht beantwortet werden. Die Antwort aus theoretischer Sicht lautet ja, denn der vermehrten Zufuhr von Ballaststoffen können folgende protektive Effekte zugeschrieben werden:

  • Eine Verbesserung der glykämischen Kontrolle und der Insulin-Sensitivität,
  • eine vermehrte Bildung kurzkettiger Fettsäuren sowie
  • ein gesteigertes Sättigungsgefühl, das sich wiederum günstig auf das Körpergewicht auswirkt.
  • Des Weiteren ist die Aufnahme von Ballaststoffen umgekehrt assoziiert mit dem Risiko von Fettstoffwechselstörungen, Hypertonie, Übergewicht, Diabetes, Schlaganfall, koronarer Herzkrankheit und peripher vaskulären Erkrankungen.

Doch wie sieht die Bestätigung durch die Praxis aus? Bislang gab es nur eine klinische Studie (DART = The Diet and Reinfarction Trial), in der der Einfluss von Ballaststoffen bei mehr als 2000 Männern, die einen Herzinfarkt überlebt hatten, untersucht worden ist. Diese vor rund 30 Jahren durchgeführte Studie zeigte keinen günstigen Einfluss von Ballaststoffen im Hinblick auf die Gesamtmortalitätsrate und auf die Sterblichkeit aufgrund koronarer Erkrankungen. Allerdings weist diese Studie aus heutiger Sicht einige Mängel auf, so unter anderem eine kurze Nachbeobachtungszeit und eine schlechte Compliance der Teilnehmer. Des Weiteren sind Patienten vergangener Zeiten nicht mehr ohne Weiteres mit heutigen Herzinfarkt-Patienten vergleichbar. Das heißt, die Frage, ob Ballaststoffe die Prognose heutiger Herzinfarkt-Ppatienten beeinflussen können, ist aus jetziger Sicht ungeklärt. Daher nahm sich eine US-amerikanische Arbeitsgruppe dieser Frage erneut an.

Was war bekannt?

  • Bei gesunden Menschen ist der Verzehr von Ballaststoffen mit einem geringeren Risiko für eine koronare Herzkrankheit assoziiert.
  • Es ist unklar, ob nach einem Herzinfarkt die vermehrte Aufnahme von Ballaststoffen mit einer verringerten Mortalität einhergeht.

Was ist neu?

  • Nach einem Herzinfarkt ist der vermehrte Konsum von Ballaststoffen, insbesondere von Zerealien, mit einer verringerten Gesamtmortalität assoziiert.
  • Nach einem Herzinfarkt führt ein Wechsel von ballaststoffarmer Kost auf ballaststoffreiche Nahrung zu einer 31%igen Abnahme der Gesamtmortalität und zu einer 35%igen Reduktion der kardiovaskulären Sterblichkeit.

Zwei Kohortenstudien

Um die Frage beantworten zu können, ob Veränderungen bei der Ballaststoffaufnahme vor und nach dem Myokardinfarkt einen Einfluss auf die Gesamtmortalität sowie auf die kardiovaskuläre Sterblichkeit ausüben, wurden zwei große Kohortenstudien ausgewertet. In beiden prospektiven Studien, der Nurses’ Health Study sowie der Health Professional Follow-Up Study, war unter anderem der Zusammenhang zwischen Ernährung und Mortalität bei einem großen Kollektiv untersucht worden. Aus diesen beiden Studien wurden die Ernährungsgewohnheiten von 2258 Frauen und 1840 Männern analysiert, die zu Beginn der Studie gesund waren (keine kardiovaskuläre oder onkologische Erkrankung, kein Schlaganfall) und die im Verlauf der Studie einen Herzinfarkt erlitten hatten. Das Augenmerk lag hierbei auf der Einnahme von Ballaststoffen vor und nach dem Herzinfarkt. Der primäre Studienendpunkt ermittelte die Assoziation zwischen der Ballaststoffaufnahme vor und nach dem Herzinfarkt und der Gesamtsterblichkeit sowie der kardiovaskulären Mortalität. Die Nachbeobachtungszeit lag bei rund neun Jahren. Nach der Berücksichtigung von Lifestyle-Faktoren, der Krankengeschichten und der Einnahme von Medikamenten konnten folgende Aussagen getroffen werden:

  • Eine vermehrte Ballaststoffzufuhr nach einem erlittenen Herzinfarkt war mit einer niedrigeren Gesamtmortalität assoziiert. So konnte für die Probanden, deren Ballaststoffzufuhr im oberen Fünftel lag – das bedeutet eine mediane tägliche Einnahme von 27,4 g bei Frauen und 35,6 g bei Männern – ein um 25% reduziertes Sterberisiko ermittelt werden (HR 0,75; 95% Konfidenzintervall 0,58 bis 0,97). Die Abnahme der kardiovaskulären Mortalität betrug 13% (HR 0,87; 95% Konfidenzintervall 0,6 bis 1,24). Eine tägliche Ballaststoffzufuhr von 10 g konnte die Gesamtsterblichkeit um 15% senken (HR 0,85; 95% Konfidenzintervall 0,74 bis 0,97).
  • Die vermehrte Zufuhr von Ballaststoffen aus Getreide (z.B. Frühstückszerealien) führte zu einer stärkeren Abnahme der Gesamtmortalität (HR 0,73; 95% Konfidenzintervall 0,58 bis 0,91) und zu einer stärkeren Reduktion der kardiovaskulären Mortalität (HR 0,72; 95% Konfidenzintervall 0,52 bis 0,99) als die Ballaststoffzufuhr aus anderen Quellen (z.B. aus Obst und Gemüse).
  • Den größten Benefit hatten Patienten, die nach dem Herzinfarkt ihre Ernährung umstellten und dann vermehrt Ballaststoffe zu sich nahmen. In dieser Gruppe (Probanden, deren Ballaststoffzufuhr im oberen Fünftel lag) konnte die Gesamtmortalität um 31% (HR 0,69; 95% Konfidenzintervall 0,55 bis 0,87), die kardiovaskuläre Mortalität um 35% (HR 0,65; 95% Konfidenzintervall 0,47 bis 0,90) gesenkt werden. 

Quelle

Li S et al. Dietary fiber intake and mortality among survivors of myocardial infarction: prospective cohort study. BMJ 2014; 348: g2659doi:10.1136/bmj.g2659 (veröffentlicht am 29. April 2014).

 

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

Das könnte Sie auch interessieren

Blutdrucksenkung bei Diabetikern abhängig vom Ausgangswert

Weniger ist mitunter mehr

Screening und konsequente Sekundärprophylaxe soll Prognose verbessern

Der übersehene Infarkt

Wegweisende Studien zu Omega-3-Supplementen mit scheinbar widersprüchlichen Ergebnissen

Fischöl ist nicht gleich Fischöl

Zwei aktuelle Studien stellen Primärprävention infrage

ASS-Prophylaxe: Mehr Schaden als Schutz

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.