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Die Seite 3
Unser Ding: pharmazeutische Bedenken
Patienten, Ärzte und Apotheker müssen mit Rabattverträgen leben. Sie sind ein Instrument der Krankenkassen, das Milliarden spart. Die Schattenseite: Rabattverträge mit der Verpflichtung zum Austausch von Präparaten bereiten Compliance-, Liefer- und Handlingsprobleme, kosten Zeit in der Apotheke und verursachen Kosten. Immerhin, gegen die Complianceprobleme des Patienten können wir etwas tun, ja, es ist nach meiner Auffassung unsere Pflicht als Pharmazeuten, dagegen etwas zu tun, da wir zur Therapieoptimierung beitragen müssen. Das Zauberwort heißt „pharmazeutische Bedenken“. In diesem Fall gibt der Apotheker kein rabattbegünstigtes Arzneimittel ab, sondern wählt – ohne Retaxationsgefahr – unter pharmazeutischen Kriterien das wirkstoffidentische Generikum aus, das ihm am geeignetsten erscheint! Um von der Krankenkasse nicht retaxiert zu werden, trägt er die Ziffer 6 ins Faktorfeld des Rezeptformulars. Pharmazeutische Bedenken kann der Apotheker immer dann anmelden, wenn es bei einem Austausch wirkstoffgleicher Arzneimittel beispielsweise zu Complianceproblemen beim Patienten und zur Gefährdung der Therapie kommen kann. Die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft hat in einer vor Kurzem aktualisierten Leitlinie „Gute Substitutionspraxis“ die Grundsätze für eine generische Substitution zusammengestellt, die erfüllt sein sollten, um sachgerecht austauschen zu können.
Warum ich hier noch mal so deutlich auf diese Eingriffsmöglichkeit der Pharmazeuten aufmerksam mache: Leider haben Apothekerinnen und Apotheker ihr Instrument der pharmazeutischen Bedenken nicht in dem Maße genutzt, wie es notwendig gewesen wäre. Sie hätten vermutlich so manche Therapie optimieren, viel zu einer besseren Compliance beitragen können. Und sie hätten sich so manche unliebsame Auseinandersetzung mit Patienten ersparen können, wenn sie vor diesem Hintergrund auf einen Präparateaustausch verzichtet und dem Patienten seine gewohnten Präparate, auf die er eingestellt war, ausgehändigt hätten. Pharmazeutische Bedenken anzumelden – das ist unser Ding!
Im Übrigen hätten allerdings auch Ärzte viel häufiger eine Substitution durch Auskreuzen des Aut-idem-Kästchens ausschließen müssen.
Letztlich hat dieses Versäumnis von Ärzten und Apothekern dazu geführt, dass die Politik – auf Druck von Patienten – nun eine Substitutionsverbotsliste vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erstellen lässt. Diese Liste soll solche Arzneimittel enthalten, die nicht ausgetauscht werden dürfen. Ein denkbar ungünstiges Szenario. Einerseits ist im G-BA nicht der pharmazeutische Sachverstand vorhanden, um z.B. die Darreichungsformen und ihre Austauschbarkeit kompetent zu beurteilen, andererseits ist den Apothekern mit dieser Liste jedwede Substitution bei diesen Wirkstoffen untersagt – selbst wenn sie pharmazeutische Bedenken haben.
Was jetzt noch möglich ist und welche Chancen für eine Therapieoptimierung trotz Rabattverträge bestehen, haben wir in einem Gespräch erörtert mit Autoren der DPhG-Leitlinie für eine Gute Substitutionspraxis (siehe unten).
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