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Neues zum Thema „Haut“
Jahrestagung der Gesellschaft für Dermopharmazie
Im Mittelpunkt des ersten Veranstaltungstages stand die „Hans-Christian-Korting-Gedächtnis-Vorlesung“ zur Erinnerung an den Mitbegründer der GD. Prof. Dr. Hans F. Merk, Aachen, referierte über „die Haut als Zielorgan erwünschter und unerwünschter Arzneimittelreaktionen“. In zwei Symposien wurden Updates zur Behandlung des hellen Hautkrebses und zur Allergologie präsentiert.
Zu Beginn des zweiten Veranstaltungstages wurde Prof. Dr. Lajos Kemény, Szeged (Ungarn), für seine Arbeiten zur Immundermatologie und Photopharmakologie mit dem Dermopharmazie-Innovationspreis der GD ausgezeichnet. Im Überblick über seine langjährige Arbeit hob Kemény die Entwicklung des Einsatzes von Lasern mit einer Wellenlänge von 308 nm zur Behandlung der Psoriasis und der Vitiligo hervor. Derzeit beschäftige er sich besonders mit Vorbehandlungen der Haut zur Verringerung der Reflektion beim therapeutischen Einsatz von UV‑B-Strahlen.
Alles Nano oder was?!
Angesichts der gesellschaftlichen Diskussion über die Nanotechnologie veröffentlichte die GD zur Jahrestagung eine Stellungnahme zu Nanopartikeln in dermalen Produkten. Dort werden vielfältige Ergebnisse zusammengetragen, nach denen Nanopartikel die gesunde Hautbarriere nicht durchdringen.
Doch auch wenn die Partikel selbst nicht in tiefe Kompartimente gelangen, ist die Nanotechnologie interessant für den Wirkstofftransport und bildete einen Schwerpunkt im wissenschaftlichen Hauptprogramm der Tagung. Prof. Dr. Alfred Fahr, Jena, erinnerte an zahlreiche Untersuchungen zur Frage, ob Liposomen in die Haut eindringen. Die teilweise widersprüchlichen Ergebnisse ließen sich mit der These erklären, dass spezielle Lipide Kanäle öffnen können, durch die besonders kleine Liposomen in die Haut eindringen können, folgerte Fahr.
Der pharmazeutische Tagungsleiter der Veranstaltung, Prof. Dr. Rainer H. Müller, Berlin, beschrieb den Einsatz von Nanokristallen als Formulierungsprinzip, das die Bioverfügbarkeit schwer löslicher Wirkstoffe erhöht. Erforscht werde derzeit eine Zubereitung mit Azithromycin zur Vorbeugung gegen Borreliose durch Zeckenbefall als Alternative zu einem wirkstoffgleichen Gel, zunächst für den Einsatz bei Hunden.
Prof. Dr. Dr.-Ing. Jürgen Lademann, Berlin, berichtete über Untersuchungen, nach denen sich Nanopartikel nach Anwendung auf der Haut in Haarfollikeln anreichern und dort über zehn Tage verbleiben. Auch wenn Partikel mit Durchmessern über 30 nm die Haut nicht durchdringen, können sie dort als Wirkstoffdepot dienen. Erforscht wird nun, wie die Freisetzung von Wirkstoffen aus solchen Nanopartikeln getriggert werden kann, beispielsweise durch die Temperatur oder den pH-Wert.
Nachwuchs ausgezeichnet
Die Bedeutung der Nanotechnologie zeigte sich auch bei der Prämierung von Postern mit dem „Hans-Christian-Korting-Nachwuchspreis für Dermopharmazie“, denn alle Preise gingen an junge Forscher aus dem Sonderforschungsbereich „Nanocarrierer“ der Freien Universität Berlin. Den ersten Preis erhielt Apothekerin Leonie Wallmeyer für Untersuchungen von PPAR-Agonisten an einem Hautmodell, bei dem die Expression von Filaggrin herunterreguliert war. Den zweiten Preis erhielten Apotheker Christian Zoschke und Dipl.-Biologin Lilian Julia Löwenau für die Herstellung eines Hautmodells zur Darstellung der vorzeitigen Hautalterung und des Plattenepithelkarzinoms. Der dritte Preis ging an die Medizinerin Zahra Afraz für ihre Arbeit über den Einsatz von virus-like particles für transkutane Impfungen.
Prof. Dr. Horst Spielmann, der sich seit Jahrzehnten für den Ersatz von Tierversuchen engagiert, betonte den Einsatz von Haut- bzw. Krankheitsmodellen in den prämierten Arbeiten. Diese konsequente Verwendung solcher Modelle in der Forschung im Arbeitskreis von Prof. Dr. Monika Schäfer-Korting, Berlin, sei in der Welt einmalig und habe Vorbildcharakter.
Neue Denkanstöße
Prof. Dr. Sonja Ständer, Münster, machte auf die Unterversorgung von Patienten mit chronischem Pruritus aufmerksam. Schamgefühle bei den Betroffenen und die geringe Zahl spezialisierter Zentren würden die Versorgung erschweren. Zur Behandlung wird eine Kaskade von Arzneitherapien benutzt, vielfach jedoch im Off-label-Einsatz. Aussicht auf eine erfolgreichere Therapie biete der Substanz- P-Antagonist Aprepitant, der bisher als Antiemetikum dient.
Prof. Dr. Leonard Zastrow, Monaco, vermittelte eine neue Sichtweise zu freien Radikalen. Seine Arbeiten an Menschenhaut und Schweineleber sprächen für die Existenz einer universellen Körperkonstante, die nützliche und schädliche Effekte trennt und eine Orientierung zum Einsatz von Antioxidanzien bietet. Demnach solle kein Organ einer Dosis von mehr als etwa 3,5 ∙ 1012 Radikalen pro Tag ausgesetzt werden. Bei höheren Konzentrationen steige der Anteil von „sekundären“ Lipidradikalen gegenüber „primären“ reaktiven Sauerstoffspezies. Die nötige Vitamin-D-Synthese in der Haut finde bereits unter dieser Grenze statt.
Zusammenarbeit bei Rosazea
Aus Anlass der Jahrestagung präsentierte die GD ein Positionspapier zum interdisziplinären Management der Rosazea. Damit haben sich Dermatologen und Apotheker auf eine gemeinsame Grundlage zur Versorgung der Patienten verständigt, betonte der GD-Vorsitzende Dr. Joachim Kresken, Viersen, gegenüber der DAZ. Dies zeige, dass auch die Ärzte zu einer solchen Zusammenarbeit mittlerweile bereit seien. Diese Kooperation bei Hauterkrankungen könne als Vorbild für andere Versorgungsbereiche betrachtet werden. Zu dieser Zusammenarbeit gehört auch der Einsatz von Rezepturen. Die GD setzt sich schon lange dafür ein, Patienten bevorzugt mit standardisierten und erprobten Magistralrezepturen zu behandeln. Allerdings kritisierte Kresken bei der Tagung, dass die im NRF aufgeführten Rezepturen zur Behandlung der Rosazea teilweise therapeutisch nicht plausibel seien. Dort wird eine Erythromycin-Metronidazol-Kombination beschrieben, während in einer Leitlinie vom topischen Antibiotika-Einsatz bei Rosazea abgeraten wird. Außerdem sei ein Zusatznutzen von Metronidazol-Konzentrationen über 0,75% nicht belegt, so Kresken, im NRF werden aber auch höher konzentrierte Zubereitungen beschrieben.
Blickfeld erweitern
Weitere Symposien zeigten die Interdisziplinarität der GD, die zunehmend auch juristische Aspekte einbezieht. Im Symposium „DermoLaw“ beschrieb Ilka Kemper, Aachen, die vielfältigen Pflichten von Ärzten beim Off-label-Einsatz von Arzneimitteln. Gegenüber wissenschaftlich anerkannten Standardbehandlungen sind die Anforderungen bei Heilversuchen und besonders bei klinischen Studien noch größer. Ein weiteres Problem ist die budgetäre Haftung, weil die GKV nur in Ausnahmefällen eine Therapie außerhalb der Zulassung bezahlt. Bei Verstößen könne die Krankenkasse entweder beim Arzt Regress nehmen oder den Apotheker retaxieren, doch nach Einschätzung von Kemper steht in solchen Fällen eher der Arzt im Fokus.
Surftipp
Alle neuen und früheren Stellungnahmen und Positionspapiere der GD finden Sie unter www.gd-online.de
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