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- DAZ 16/2014
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Arzneimittel und Therapie
Kann ASS Fehlgeburten verhindern?
Blutfluss in den plazentaversorgenden Gefäßen aufrechterhalten
Fehlgeburten sind für die Frauen und ihre Familien sehr belastend, kommen aber häufig vor: Bis zu 15% aller festgestellten Schwangerschaften enden vor der 20. Woche in einem Spontanabort. Ursache hierfür kann eine frühe Fehlentwicklung der Plazenta sein. Um dies zu verhindern, wird niedrig dosierte ASS in der Reproduktionsmedizin bei Risikoschwangeren mit Thrombophilie eingesetzt, z.B. zur Prophylaxe fetaler Wachstumsretardierung, bei Präeklampsie zur Erhöhung des plazentaren Blutflusses und bei Frauen mit Antiphospholipid-Syndrom in Kombination mit Heparin zur Vermeidung von Spontanaborten. Acetylsalicylsäure wird außerdem zur Verbesserung der Einnistung bei der künstlichen Befruchtung angewendet, allerdings gibt es keine Evidenz, dass dadurch auch tatsächlich mehr Babys zur Welt kommen. Ob ASS bei Frauen ohne bekannte Gerinnungsstörung, die schon eine oder mehrere Fehlgeburten erlitten haben, die Geburtenrate erhöhen kann, ist unklar. Die positiven Ergebnisse bei Frauen mit Antiphospholipid-Syndrom haben dazu geführt, dass auch Frauen ohne diese Gerinnungsstörung niedrig dosierte ASS empfohlen wird. Eine von den US-amerikanischen National Institutes of Health finanzierte Studie untersuchte nun, ob niedrig dosierte ASS bei diesen Frauen die Chance auf ein Baby erhöhen kann, wenn die Einnahme bereits vor der Konzeption begonnen wird.
Gefährliche Blutgerinnsel in plazentaversorgenden Gefäßen
An der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten EAGeR-Studie (Effects of Aspirin in Gestation and Reproduction) nahmen 1228 Frauen mit Kinderwunsch an vier Zentren in den USA teil, bei denen keine Unfruchtbarkeit bekannt war und die regelmäßige Menstruationszyklen hatten. Ursprünglich sollten nur Frauen eingeschlossen werden, die eine Fehlgeburt vor der 20. Schwangerschaftswoche in den vorangegangenen zwölf Monaten gehabt hatten. Da sich die Rekrutierung einer ausreichenden Anzahl von Teilnehmerinnen aber schwierig gestaltete, wurden auch Frauen mit mehr als einer Fehlgeburt in der Vorgeschichte eingeschlossen, die mehr als zwölf Monate zurückliegen durften. Bei der randomisierten Zuteilung wurden zwei Schichten (Strata) gebildet, eine mit den ursprünglichen Einschlusskriterien und eine mit den erweiterten; so war es möglich, die Studienendpunkte getrennt für beide Gruppen auszuwerten. Die Frauen der ASS-Gruppe erhielten einmal täglich 81 mg ASS (Standarddosis in den USA) plus 400 µg Folsäure, die Frauen der Placebo-Gruppe nahmen 400 µg Folsäure plus eine Placebotablette ein. Die Studienmedikation wurde über sechs Menstruationszyklen und bei eingetretener Schwangerschaft bis zur 36. Woche genommen. Die Teilnehmerinnen waren über den besten Zeitpunkt um schwanger zu werden aufgeklärt worden und benutzten zusätzlich einen Fertilitätsmonitor. Primärer Studienendpunkt waren Lebendgeburten.
Von den ursprünglich 1228 randomisierten Frauen, konnten 150 (12%) wegen fehlender Daten nicht in der Endanalyse berücksichtigt werden. Nach eigenen Angaben setzten 15% unter ASS bzw. 13% unter Placebo die Studienmedikation dauerhaft ab und 6% unter ASS bzw. 8% unter Placebo waren zeitweise nicht therapietreu. Für die Gesamtheit der Frauen ergab sich kein signifikanter Unterschied bei der Rate an Lebendgeburten (58% unter ASS, 53% unter Placebo). Bei den Frauen, die nur eine Fehlgeburt innerhalb des letzten Jahres erlitten hatten (n = 549), war der Unterschied bei den Lebendgeburten zwischen der ASS- und der Placebo-Gruppe signifikant (62% unter ASS, 53% unter Placebo), bei den Frauen mit mehr als einer Fehlgeburt in der Vorgeschichte dagegen nicht (54% unter ASS, 52% unter Placebo. Die Rate an positiven Urin-Schwangerschaftstests, die als ein sekundärer Endpunkt erhoben wurde, war unter ASS bei dem gesamten Studienkollektiv signifikant höher als unter Placebo (74% vs. 67%). Weder bei den Schwangeren noch bei den Neugeborenen wurden zwischen den Behandlungsgruppen Unterschiede bei schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen registriert. Allerdings war das Risiko für vaginale Blutungen unter ASS erhöht, ohne dass es dadurch zu vermehrten Schwangerschaftsverlusten kam.
ASS bei Kinderwunsch nicht allgemein empfohlen
Die Autoren der Studie sehen gegenwärtig keinen Grund, die Gabe von ASS bei Kinderwunsch zu empfehlen. In der vorliegenden EAGeR-Studie profitierte lediglich die Gruppe von reproduktionsmedizinisch vergleichsweise gesunden Frauen, die die ursprünglichen Einschlusskriterien erfüllten. Die Autoren gehen davon aus, dass sich das Endometrium bei diesen Frauen nach einer erst kurz zurückliegenden Fehlgeburt in der Heilungsphase befand, ohne dass sonstige Gründe für Unfruchtbarkeit oder eine Prädisposition für wiederholte Fehlgeburten vorlagen. Diese Frauen waren zwar als eigene Gruppe in einem stratifizierten Randomisierungsverfahren berücksichtigt worden, stellten aber mit 549 Frauen weniger als die Hälfte der insgesamt 1228 Teilnehmerinnen. Dadurch ist das Ergebnis nicht ausreichend valide und muss in weiteren Studien bestätigt werden. Ein Kommentator der Studie hält es für biologisch plausibel, dass bei diesen Frauen neben den Blutfluss-erhöhenden Eigenschaften von ASS auch die antiinflammatorischen Eigenschaften eine Rolle spielen könnten. Dass insgesamt unter ASS mehr Schwangerschaftstests positiv waren als unter Placebo, könnte darauf hinweisen, dass sich ASS positiv auf die Fruchtbarkeit auswirkt. Die Autoren betonen aber ausdrücklich, dass es sich hierbei lediglich um einen sekundären Endpunkt handelte und dass dieses Ergebnis somit als eine Hypothese für weitere Studien angesehen werden muss.
Quelle
Schisterman EF et al. Preconception low-dose aspirin and pregnancy outcomes: results from EAGeR randomised trial. Lancet 2014; dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(14)60157-4.
Chescheir NC, Goodnight W. Improving livebirth rates: a role for preconception aspirin? Lancet 2014; dx.doi.org/10.1016/S0140-6736 (14)60112-4.
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