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Ärztemangel trotz steigender Ärztezahl?

Ärzte und Kassen interpretieren Statistik unterschiedlich

BERLIN (daz) | Die Zahl der berufstätigen Ärzte stieg vergangenes Jahr um 2,5 Prozent. Somit arbeiteten insgesamt 357.252 Ärzte im stationären oder ambulanten Bereich. Gleichwohl sind es nach Meinung der Bundesärztekammer (BÄK) nicht genug. „Der Ärztemangel und der Mangel an Arztstunden sind keine Prognosen mehr, sondern in vielen Regionen Deutschlands längst Realität“, mahnt BÄK-Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery. Diese Auffassung stößt bei den Kassen auf Unverständnis.

Der Ärztemangel fußt der BÄK zufolge auf mehreren Faktoren. Zum einen stieg die Zahl der Behandlungsfälle im ambulanten wie stationären Bereich. Grund hierfür sei unter anderem der demografische Wandel. Zum anderen nehme das Durchschnittsalter der Ärzte zu. Im vergangenen Jahr gingen rund 3,8 Prozent mehr Ärzte in den Ruhestand (insgesamt 72.540) – im Jahr 2012 betrug die Steigerung noch 2,6 Prozent. Zudem gebe es auch mehr Ärzte, die in Teilzeit arbeiten. Die Zahl hat sich von 31.000 Ärzten in 2001 auf 54.000 im Jahr 2011 erhöht.

Um den Ärztemangel in Deutschland wirksam zu bekämpfen, müssten mehr Studienplätze in Humanmedizin angeboten werden, fordert der Ärztechef. Auch die Tätigkeit müsse attraktiver gestaltet werden, etwa durch stärkere Anerkennung und bessere Bezahlung. Überdies müssten Überstunden, Dienste und Bürokratie abgebaut werden – dafür soll es flexible Arbeitszeitregelungen und mehr Angebote für die Kinderbetreuung geben. Unterstützung erhält die BÄK von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Die Zahlen belegten eindrücklich, dass die Niederlassung für den Medizinernachwuchs interessant gemacht werden müsse. Der Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Andreas Gassen, fordert von der Politik, „verlässliche Rahmenbedingungen für Ärzte und Psychotherapeuten zu schaffen“. Auch die Kassen müssten ihr Verhalten ändern: Ihre „Flatrate-Mentalität“ habe ausgedient – „immer mehr Leistungen für das gleiche Geld – das geht nicht“.

GKV-Spitzenverband kontert

Der GKV-Spitzenverband hingegen hat eine andere Auffassung. „Die routinierte Klage der Ärztevertreter darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir immer mehr niedergelassene Ärzte haben“, stellte Verbandssprecher Florian Lanz klar. Der GKV-Spitzenverband verweist darauf, dass es nur in wenigen Ausnahmefällen eine Unterversorgung gebe – am ehesten seien ländliche Regionen betroffen. Bundesweit gebe es sogar ein Überangebot. Damit jungen Ärzten der Weg in die Praxis und aufs Land erleichtert werde, müssten mehr Kooperationen und mehr Anstellungsmöglichkeiten angeboten werden. Bezüglich der Forderung nach einer besseren Bezahlung verweist Lanz darauf, dass niedergelassene Ärzte „so viel verdienen wie noch nie“. Das durchschnittliche Brutto-Honorar sei nach Abzug der Praxiskosten auf 166.000 Euro gestiegen, während es 2007 noch bei 142.000 Euro gelegen habe. 

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