INTERPHARM 2014 - Hormone

Keine Angst vor der Hormontherapie!

Wechseljahresbeschwerden sollten behandelt werden

cb | Die Hormontherapie (HT) ist die effektivste und zudem eine leitliniengerechte Behandlungsform bei klimakterischen Beschwerden. Doch viele Betroffene lehnen sie ab, da sie als Folge davon eine Brustkrebserkrankung fürchten. Nach heutigem Erkenntnisstand geht eine HT jedoch nicht per se mit einem erhöhten KHK- und Mammakarzinom-Risiko einher, erläuterte Prof. Dr. Peyman Hadji.
Foto: DAZ / A. Schelbert / C. Hartlmaier
Prof. Dr. Peyman Hadji

Durch Studienergebnisse, insbesondere die der vorzeitig abgebrochenen WHI (Woman’s Health Initiative)-Studie und nicht zuletzt durch Berichte in der Laienpresse sind viele Frauen stark verunsichert worden. Vor allem befürchten sie, dass die substituierten Hormone ihr Brustkrebsrisiko steigern könnten. Derartige Ängste sind jedoch überproportional höher als die tatsächlichen Sterberaten an Brustkrebs, erläuterte Hadji. Zudem seien noch zahlreiche weitere Brustkrebs-Risikofaktoren wie beispielsweise Übergewicht und Alkoholabusus bekannt.

HRT, HET oder HT?

Seit Veröffentlichung der S3-Leitlinie „Hormontherapie in der Peri- und Postmenopause“ der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (09/2009, gültig bis 1. September 2014) lautet die offizielle Bezeichnung Hormontherapie (HT), die sich jedoch noch nicht durchgesetzt hat. Daneben wird häufig von der hormone replacement therapy (HRT) oder Hormonersatztherapie (HET) gesprochen.

Etwa ein Drittel aller Frauen in den Wechseljahren verspürt kaum Beschwerden, ein Drittel hat erträgliche und ein Drittel starke Symptome, wobei die Hitzewallungen zu den besonders belastenden zählen. Doch welche Optionen können diesen Frauen angeboten werden? Erwiesenermaßen effektiv sind Lifestyle-Modifikationen, zu denen beispielsweise Sport, Nicotin-Verzicht, die Anwendung vom Atem- und Entspannungstechniken, Akupunktur und psychosoziale Unterstützung zählen. Bei einigen Frauen sind auch pflanzliche Extrakte effektiv, doch wirken sie oftmals nur vorübergehend für zwei bis drei Monate. Die Effekte in kontrollierten Doppelblindstudien haben sich als unzureichend erwiesen, so Hadji. Die HT dagegen ist effektiv und wird daher auch in der S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe empfohlen. Zentraler Punkt ist darin die individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung.

Doch was ist dran an den Ergebnissen der WHI-Studie, die 2002 vorzeitig abgebrochen worden war? Eingeschlossen waren darin rund 16.000 Frauen ohne Wechseljahresbeschwerden. Sie wurden auf eine HT oder Placebo randomisiert. Es handelte sich dabei zwar um relativ gesunde Frauen, so Hadji, doch war das Kollektiv sehr heterogen, z.B. in Bezug auf Risikofaktoren. Es zeigte sich im Vergleich mit Placebo ein um 30% erhöhtes relatives Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, jedoch war es bei Erstanwenderinnen einer HT in den ersten fünf Jahren nicht erhöht. Außerdem sank bei dieser Subgruppe das Diabetesrisiko um 21%. Bei einer weiteren Auswertung der Subgruppe der hysterektomierten Frauen, die nur Östrogene eingenommen hatten, war das Brustkrebsrisiko sogar um 23% verringert. Nahmen Frauen die Hormone nur über einen kurzen Zeitraum ein, lag das Brustkrebsrisiko zwei Jahre nach Absetzen wieder auf Ursprungsniveau! Bei Herzinfarkt und Schlaganfall hatte man in der WHI-Studie pro 10.000 Frauen/Jahr mit Estrogen-Gestagen-Kombinationen sieben bzw. acht zusätzliche Fälle beobachtet (bei Brustkrebs 8), bei venösen Thromboembolien sogar 18. Beim kolorektalen Karzinom und den Hüft- bzw. Gesamtfrakturen war dagegen ein Benefit der HT zu erkennen gewesen.

Risiken und Nutzen

Keine HT für Frauen

  • nach Mammakarzinom (ER-positiv)
  • nach Thromboembolie
  • mit bekannter koronarer Herzkrankheit (z.B. nach Herzinfarkt)
  • nach Apoplex
  • im höheren Lebensalter
  • die keine wollen

Frauen können eine HT bekommen

  • bei Hitzewallungen u.a. klimakterischen Beschwerden
  • zur Osteoporose-Prävention
  • bei Vaginalatrophie
  • zur Diabetes- und Kolonkarzinom-Prävention (eingeschränkt)

Was kann Frauen nun geraten werden? Auf jeden Fall muss das Risiko individuell unter Einbeziehung von Faktoren wie Körpergewicht, Komedikation oder Leidensdruck abgeschätzt werden. Frauen ohne Gebärmutter und solche im Alter zwischen 50 und 59 Jahren haben kein erhöhtes Mammakarzinom-Risiko, so Hadji. Auch in der WHI-Studie hatte sich bei dieser Altersgruppe ein vorteilhaftes Profil gezeigt. 

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