Arzneimittel und Therapie

Zweifelhafte Tipps zu Schmerzmitteln

Bildzeitung bewertet Analgetika

daz | Die Bildzeitung versucht sich als Arzneimittelexperte. Unter dem griffigen Titel „Schmerz lass nach“ informiert Bild-Redakteur Ralf Klostermann in der Ausgabe vom 20. März 2014 über die gebräuchlichsten nicht-verschreibungspflichtigen Schmerzmittel. Fachlich beraten wurde er von Dr. Gerhard Müller-Schwefe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin. Apothekerin Dr. Monika Neubeck, Autorin des Buches „Evidenzbasierte Selbstmedikation“, hat mit pharmazeutischem Sachverstand den Beitrag analysiert und sieht einigen Klarstellungsbedarf.

Nach Prüfung der Aussagen kommt Neubeck zu folgenden Ergebnissen:

Acetylsalicylsäure (ASS): Die im Beitrag der Bildzeitung beschriebene Gefahr einer Hypertonie sowie eines Schlaganfalls durch ASS muss relativiert werden. Bei diesem Vertreter der nicht-opioiden Analgetika besteht kein entsprechendes relevantes Risiko. Dagegen wurde es im Artikel versäumt, die Behandlungsempfehlung für leichte bis mäßig starke Schmerzen und von Fieber auf Erwachsene zu beschränken. Kinder unter zwölf Jahren sollten wegen der Gefahr eines unter Umständen tödlichen Reye-Syndroms nicht behandelt werden.

Ibuprofen: Die im Artikel von Klostermann angeführte nachhaltige Blutverdünnung durch Ibuprofen kann nicht bestätigt werden, ebenso nicht die „relevant erhöhte“ Gefahr von Hypertonie und Schlaganfällen. In den Fachinformationen ist von einem möglicherweise geringfügig erhöhten Risiko für arterielle thrombotische Ereignisse bei hohen Dosierungen (2400 mg/d) im Rahmen einer Langzeitbehandlung die Rede. Die gelegentliche Anwendung bei Schmerzen im Rahmen der Selbstmedikation ist hiervon nicht berührt. Auch das Risiko für eine arterielle Hypertonie ist mit unter 1:10.000 nicht relevant. Die Aussage, Ibuprofen sei für den Magen verträglicher als ASS, ist umstritten. In den Fachinformationen werden gastrointestinale Nebenwirkungen sowohl unter ASS und Ibuprofen-Kurzzeitbehandlung als häufig angegeben.

Paracetamol: Die Aussage im Artikel der Bildzeitung, dass die Substanz zu schweren Leberschädigungen führen kann, ist für den bestimmungsgemäßen Gebrauch nicht zutreffend. In therapeutischen Dosierungen besteht keine Gefahr für die Leber. Lediglich sehr hohe Dosierungen von mehr als 6 g bei Erwachsenen oder über 140 mg/kg bei Kindern können entsprechend der Fachinformationen die gefürchteten Leberzell-Nekrosen auslösen. Vor diesem Hintergrund ist die maximale Tagesdosis von Paracetamol auf 4 g begrenzt. Vorsicht ist allerdings bei vorgeschädigter Leber oder gleichzeitiger Anwendung von Enzyminduktoren geboten.

Diclofenac: Im Bildzeitungs-Artikel wurde nicht erwähnt, dass Diclofenac mit einem erhöhten Risiko arterieller thrombotischer Ereignisse assoziiert ist und daher z.B. bei Patienten mit mäßiger bis schwerer Herzinsuffizienz eine Kontraindikation besteht. Die Gefahr für eine Schädigung von Herz oder Nieren ist dagegen stark überzeichnet, das entsprechende Risiko liegt bei unter 1:10.000. 

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