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Die Seite 3
Lieber echt als „live“
DocMorris und die Deutsche Telekom wollen zusammenarbeiten und ab Herbst „die Apotheke ins Wohnzimmer bringen“. Dafür soll der Kunde/Patient mittels seines Computers mit dem DocMorris-Apotheker in Kontakt treten und sich quasi „live“ beraten lassen. Auf der Computermesse Cebit hat die Telekom nun ihren „Live-Berater“ vorgestellt, der auch – aber nicht nur – von DocMorris eingesetzt werden soll (lesen Sie dazu auch unseren Bericht "Die Apotheke im Wohnzimmer").
Ganz abgesehen davon, dass das technisch nicht gerade revolutionär ist – schon länger bieten einzelne Apotheker und Ärzte sogenannte Skype-Sprechstunden über das Internet an – könnte dieser DocMorris-Schuss nach hinten losgehen.
Denn mit dem „Live-Berater“ gibt es ja ab Herbst eine „persönliche Beratung“ auch von Versand-Apotheken. Nach der Apothekenbetriebsordnung ist eine solche Beratung bei jeder Abgabe von Arzneimitteln verpflichtend. Nur die Versandapotheken sind davon bisher de facto befreit. Zwar müssen sie eine kostenlose Beratungs-Hotline anbieten und ihre Kunden müssen eine Telefonnummer angeben, unter der die Versandapotheke sie erreichen kann – aber die Verpflichtung, dass vor der Abgabe auch tatsächlich immer eine telefonische Beratung stattgefunden haben muss, die gibt es nicht. Für einen Apotheker (und juristischen Laien) schon immer eine völlig unverständliche Ungleichbehandlung.
Jetzt gibt es aber endgültig keinen Grund mehr, warum eine Versandapotheke ohne vorherige Beratung des Kunden ein Arzneimittel versenden dürfen sollte.
Aber noch aus einem anderen Grund könnte man die Ankündigung von DocMorris gelassen sehen. Das Projekt beleuchtet schlaglichtartig das Hauptproblem des Arzneimittelversands: Die Kunden vermissen die Beratung, die persönliche Zuwendung und das Kümmern, das sie aus der echten Apotheke kennen. Bisher versuchen die Versandapotheken, dieses Manko durch massive Preisnachlässe auszugleichen. Mit dem „Erfolg“, dass sich der Versand nie so richtig rentiert hat. Dass DocMorris mit Apothekenbus und „Live-Berater“ fast verzweifelt versucht, „persönlicher und menschlicher“ zu erscheinen, zeigt nur, für wie entscheidend man dort diese Probleme hält.
Die Menschen brauchen keinen Video-„Live-Berater“, wenn sie eine lebendige, echte Vertrauensperson vor Ort haben. DocMorris wird mit seinem Versuch scheitern, näher an die Patienten heranzurücken, wenn die Apotheke vor Ort diesen Platz erfolgreich besetzt hat!
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