Gesundheitspolitik

Dem Gegenwind trotzen

Benjamin Wessinger

Hatte man in der Vergangenheit in vielen Diskussionen das Gefühl, dass die Apotheker den potenziellen Widerstand der Ärzte immer schon mitdachten und heikle Vorschläge und Ideen quasi in vorauseilendem Gehorsam abbogen oder entschärften, kann davon im Moment keine Rede sein: Die Forderungen nach Einführung eines Entlassrezepts und der Freigabe der „Pille danach“ aus der Verschreibungspflicht, die Nicht-Nennung der Ärzte im Perspektivpapier und die Äußerung Kiefers, das Medikationsmanagement notfalls ohne die Ärzte einzuführen – die Apothekerschaft tritt zunehmend selbstbewusst gegenüber der Ärzteschaft auf, der Gegenwind wird offenbar nicht mehr so gefürchtet wie früher.

Natürlich wissen Schmidt, Becker und Kiefer, dass sie die Ärzte brauchen. Natürlich muss vermieden werden, die Ärzte – vor allem die niedergelassenen vor Ort – vor den Kopf zu stoßen. Natürlich kann es kein Medikationsmanagement ohne Ärzte geben (das geht schon aus der Definition der Bundesapothekerkammer hervor). Aber darum geht es ja auch nicht. Sondern darum, selbstbewusst die eigene Position zu vertreten, sie nicht von der Meinung einer anderen Berufsgruppe – und stehe sie einem auch noch so nah – abhängig zu machen.

Die Therapiehoheit bleibt beim Arzt, und nur der Apotheker gibt Arzneimittel ab. An dieser Arbeitsteilung sollten beide Seiten festhalten, zum Wohle der Patienten. Alles dazwischen kann – und muss – immer wieder neu ausgehandelt werden. Die Positionen, Argumente (und auch Empfindlichkeiten) der anderen Seite zu kennen und zu berücksichtigen ist immer gut. Zu eigen machen muss man sie sich deshalb nicht!

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