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Apotheke spart Ressourcen

Warum OTC aus der Apotheke pharmazeutisch und ökonomisch sinnvoll sind

BERLIN (diz) | Der Rezeptumsatz der Apotheke gilt als das Standbein der Apotheke, das OTC-Segment eher als Spielbein. Dass diese Betrachtung den nicht-rezeptpflichtigen Arzneimitteln nur unzureichend gerecht wird, zeigte Prof. Dr. Uwe May, Lehrstuhl für Gesundheitsökonomie der Hochschule Fresenius, auf dem Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbands auf. Seine These: Die Apotheke braucht das OTC-Geschäft – aus unterschiedlichen Gründen. Aber OTC-Arzneimittel brauchen auch die Apotheke als Verkaufsstätte.

Was OTC für die Apotheke bedeutet

Der Anteil der nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimittel am Gesamtumsatz der Apotheke beläuft sich durchschnittlich auf 20 Prozent. 621 Mio. Packungen gingen im vergangenen Jahr über den HV-Tisch der Apotheken, was einen Umsatz von 5,3 Mrd. Euro ausmachte. Seit 2011 ist ein leichter Anstieg des OTC-Geschäftes in der Apotheke zu verzeichnen. Im Durchschnitt kostete eine OTC-Packung 8,53 Euro. Aber, wie May hervorhob, spiegelt der OTC-Umsatz nicht die Bedeutung der OTC-Arzneimittel im Apothekenalltag wider. Denn rund 60 Prozent der vier Millionen Kunden, die täglich die Apotheken besuchen, verlangen ein OTC. Für 77 Prozent der Apothekenkunden ist es dabei wichtiger, beim OTC-Kauf beraten zu werden als bei der Rezepteinlösung, wie eine Umfrage ergab, was ebenfalls die Bedeutung von OTC für die Apotheke widerspiegelt.

Doch nicht nur für den Umsatz und die Kundenfrequenz ist das OTC-Geschäft für die Apotheke interessant, es hat auch Bedeutung für die Kundenbindung, die heilberufliche Profilierung, die strategische Positionierung – und es verschafft eine gewisse Unabhängigkeit von pharmapolitischen Entscheidungen der Gesundheitspolitik, so May.

Foto: AZ/Sket
Prof. Dr. Uwe May: Selbstmedikation spart Zeit und Geld. Und optimierte Selbstmedikation findet in der Apotheke statt.

Was die Apotheke für OTC bedeutet

Dass auch die Apotheke für OTC-Arzneimittel im Gesundheitssystem eine Rolle spielt, zeigte der Gesundheitsökonom an zwei Thesen:

  • Die Selbstmedikation spart Ressourcen.
  • Die Apotheke fördert die Selbstmedikation.

Demnach, so die Schlussfolgerung Mays, spart die Apotheke Ressourcen im Gesundheitssystem. Aus der Förderung der Selbstmedikation lasse sich eine gesundheitsökonomische Wertschöpfung der Apotheke ableiten, die bei der Betrachtung des Werts der Apotheke für unser Gesundheitssystem oft vernachlässigt werde.

Arztbesuche sind für den Patienten mit einem hohen Zeitaufwand verbunden und kosten das System Geld. Außerdem: Ärzte haben ein enges Zeitbudget, das nicht durch die Behandlung von Befindlichkeitsstörungen aufgebraucht werden sollte. Die Förderung der Selbstmedikation spart somit nicht nur Zeit bei Ärzten und Patienten, sondern auch volkswirtschaftliche Kosten und Ressourcen. Untersuchungen aus Österreich, die auf Deutschland übertragbar sind, haben gezeigt, dass jeder Euro, der für die Anwendung von OTC-Arzneimitteln ausgegeben wird, dem österreichischen Gesundheitssystem etwa 5 Euro an direkten Kosten spart.

Ohne die Apotheken würde ein Großteil der Selbstmedikation nicht stattfinden. Daraus lässt sich ablesen, dass Apotheken einen großen Wert fürs System schaffen. Gefördert wird dies dadurch, dass öffentliche Apotheken flächendeckend vorhanden sind und einen niedrigschwelligen Zugang haben, was die Bereitschaft der Bevölkerung, Selbstmedikation zu betreiben, steigert. Durch die Beratung optimiert die Apotheke die Selbstmedikation, der therapeutische Nutzen und die Anwendungssicherheit werden erhöht. Gerade die apothekerliche Beratung befähigt die Bevölkerung zur Selbstmedikation mit Arzneimitteln, was einen Arztbesuch erspart. Rund 80 Prozent kaufen bei leichten Gesundheitsstörungen OTC-Arzneimittel in der Apotheke.

Die Apotheke wiederum trägt zum Produktimage der OTC-Arzneimittel bei, was ebenfalls die Bereitschaft der Bevölkerung für die Selbstmedikation fördert. Durch diese wechselseitigen Beziehungen induziert die Apotheke die Selbstmedikation. Professor May: „Ein Milliardenpotenzial, das Apotheken fürs System leisten!“

Honorierung, aber wie?

Eine so hohe Wertschöpfung für das Gesundheitssystem, wie sie Apotheken erbringen, verlangt aus gesundheitsökonomischer Sicht nach ökonomischen Anreizen, also einer Honorierung. Eine adäquate Honorierung gekoppelt an die Abgabe einer Packung und den Arzneimittelpreis wird allerdings verhindert durch den herrschenden Wettbewerb, durch Preis- und Kostendruck. Wettbewerb sei zwar aus Sicht des Ökonomen prinzipiell in Ordnung, aber dazu müssten gleichlange Spieße zwischen den Wettbewerbern vorliegen, was bei Präsenz- und Versandapotheken nicht gegeben sei. Ein Beratungshonorar bei der OTC-Abgabe wäre also wünschenswert, lässt sich aber nicht umsetzen, da Kunden dann auf Beratung verzichten würden. Wie dieses Problem zu lösen sei, so May, darüber müsse noch nachgedacht werden. 

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