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Erstattungsbetrag versus Importquote

BERLIN (ks). Seit 1. Februar werden die Erstattungsbeträge für neue Arzneimittel abgerechnet. Die ersten zwei Wochen waren 13 Präparate betroffen – doch die Liste wächst, mittlerweile existieren bereits für 18 patentgeschützte Arzneimittel ausgehandelte Preisnachlässe. Auch wenn die Botschaft für die Apotheker zunächst lautete, dass jedenfalls bei GKV-Rezepten keine Besonderheiten zu beachten sind, tauchen in der Praxis bereits Probleme auf. Wie ist etwa vorzugehen, wenn es neben dem Original mit Erstattungsbetrag auch einen zunächst "preisgünstig" erscheinenden Import gibt?

Ob eine Importalternative im Vergleich zu einem Originalpräparat mit Erstattungsbetrag wirtschaftlich oder gar preisgünstig im Sinne der gesetzlichen Vorgaben ist, ist derzeit nicht zuverlässig in der Apotheken-Software erkennbar. Nicht jedes System macht darauf aufmerksam, dass überhaupt ein Erstattungsbetrag im Spiel ist. Dies müssen die Apotheken selbst erkennen – sodann sind sie gefordert, tiefer in die Daten zu schauen. Wirtschaftlich ist ein Importarzneimittel jedenfalls dann, wenn sein Preis unter Berücksichtigung aller gesetzlichen Abschläge sowie der Rabatte nach § 130b SGB V unterhalb des Preises des Bezugsarzneimittels liegt. Ist der Import dann auch noch 15 Prozent oder 15 Euro günstiger, wird er auf die Quote angerechnet.

Beispiel Zytiga (Abirateronacetat): Hier ist zwischen dem Originalhersteller Janssen-Cilag und dem GKV-Spitzenverband ein Erstattungsbetrag vereinbart. Doch nicht in jeder Apothekensoftware ist dies direkt zu erkennen. So wird etwa bei Pharmatechnik ein GKV-VK von 4746,21 Euro angezeigt, der den gesetzlichen Herstellerrabatt bereits berücksichtigt. Zugleich finden sich mehrere als "preisgünstig" gekennzeichnete Importe. In der ersten Monatshälfte lagen diese noch allesamt bei einem Preis von 4730,23 Euro. Damit sah es auf den ersten Blick so aus, als seien die Vorgaben der Importregelung (§ 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V) erfüllt – der Preisvorteil lag bei 15,98 Euro. Doch ein Blick in den Artikelstamm zeigt: Für das Janssen-Cilag-Präparat gibt es einen Erstattungsbetrag, 439,56 Euro können nochmals in Abzug gebracht werden. Die Importe, für die keine Erstattungsbeträge vereinbart sind, sind damit deutlich teurer für die Kassen. Sticht dieser Erstattungsbetrag nun den Import? Die GKV-Sicht ist klar: Importquote hin oder her – Importarzneimittel, die den für den Versicherten maßgeblichen Arzneimittelabgabepreis des Bezugsarzneimittels übersteigen, sind grundsätzlich unwirtschaftlich und dürfen folglich nicht zulasten der Krankenkassen abgerechnet werden.

Zu bedenken ist auch § 5 des Rahmenvertrages nach § 129 Abs. 2 SGB V, in dem Details zur Abgabe importierter Arzneimittel geregelt sind. Hier findet sich im ersten Absatz folgende Bestimmung: "Die Abgabe eines rabattbegünstigten Arzneimittels hat Vorrang vor der Abgabe eines nicht rabattbegünstigten importierten Arzneimittels." Im Blick hatte man bei der Vereinbarung dieses Passus die Rabattverträge nach § 130a Abs. 8 SGB V – doch ist er auch auf Erstattungsbeträge übertragbar?

Beim Deutschen Apothekerverband (DAV) hieß es auf Nachfrage, man vertrete "in Übereinstimmung mit den Verbänden des pharmazeutischen Großhandels sowie der pharmazeutischen Unternehmen und der GKV" die Auffassung, dass bei einem Vergleich zwischen dem Preis eines Originalherstellers und dem Preis eines Arzneimittelimporteurs – insbesondere im Sinne des § 5 des Rahmenvertrages – die zu gewährenden Herstellerrabatte Berücksichtigung finden müssen. Dies treffe auch auf den Rabatt nach § 130b SGB V, also den Erstattungsbetrag, zu. Dieser sei mithin vor dem Vergleich in Ansetzung zu bringen. Das Problem bleibt aber: Die Apotheke darf nicht übersehen, dass das fragliche Präparat einen Erstattungsbetrag hat – die Liste dieser Arzneimittel muss somit stets präsent sein. Es gibt allerdings auch Software, die schon jetzt einen entsprechenden Hinweis gibt. Der DAV sagte zu, er werde die Softwarehäuser über die Situation informieren. Sie sollen technisch sicherstellen, dass die Apotheken die beschriebene Situation sofort in ihrer Software erkennen und die richtige Auswahl vornehmen können.

Importeure fordern mehr Transparenz

Dies wiederum rief den Verband der Arzneimittelimporteure Deutschlands (VAD) auf den Plan. Dort begrüßt man das Vorgehen des DAV ausdrücklich. Konsequenterweise müsse die Software den Apotheker auch darauf hinweisen, "wenn Importe unwirtschaftlich sind, um nicht in eine Retax-Falle zu laufen". Unternehmen wie CC Pharma oder Milinda erzielten mit unwirtschaftlichen Importen Umsätze in einer dreistelligen Millionenhöhe, so der VAD über zwei Importeure, die nicht bei ihm Mitglied sind und deren Geschäftsgebaren der Verband schon länger missbilligend beobachtet. Auch die teilweise noch falsche Kennzeichnung als "preisgünstig" für Importe, die lediglich "wirtschaftlich" sind, missbilligt der Verband. Es gebe jedoch die Rückmeldung von Softwarehäusern, dass hier zum 1. März eine Änderung erfolgen werde.

Kohlpharma senkt Zytiga-Preis

Zugleich sorgt jedoch Kohlpharma, dessen Chef Edwin Kohl auch VAD-Vorsitzender ist, mit einer Preissenkung für Zytiga zum 15. Februar für Verwirrung. Der Kohl-Import (N2) ist nunmehr für einen GKV-VK von 4306,58 Euro als "preisgünstig" zu finden (Pharmatechnik). Gegenüber den 4746,21 Euro, die für das Original von Janssen-Cilag angezeigt werden, ein beachtlicher Nachlass. Doch auch hier ist bei letzterem Preis zwar der gesetzliche Herstellerrabatt, nicht aber der Erstattungsbetrag in Abzug gebracht. Hat der Apotheker gerechnet, zeigt sich: Kohlpharma ist sieben Cent billiger und damit zwar nicht "preisgünstig", aber zumindest "wirtschaftlich". Jedenfalls dann, wenn man – wie Kohlpharma – davon ausgeht, dass der im ABDA-Artikelstamm ausgewiesene Erstattungsbetrag die Mehrwertsteuer bereits enthält. Schlüge man hingegen 19 Prozent Mehrwertsteuer auf, wäre es mit der Wirtschaftlichkeit vorbei.

Welcher Weg ist nun der richtige? Vom GKV-Spitzenverband bekam die DAZ folgende Antwort: Der Rabatt nach §130b SGB V wird im ABDA-Artikelstamm als Nettobetrag ausgewiesen. Für Vergleiche mit Import-Präparaten sei die Umsatzsteuer von 19 Prozent aufzuschlagen, bevor er vom für den Versicherten maßgeblichen Arzneimittelabgabepreis unter Berücksichtigung der Abschläge nach § 130a Absatz 1, 1a, 2, 3a und 3b abgezogen wird.

Klar ist hingegen eines: Die Umsetzung der Erstattungsbeträge in der Apotheke erfordert mehr Aufwand, als manch einer gedacht haben mag. Doch honoriert wird das nicht. Im Gegenteil: Kassen und Bundesgesundheitsministerium sind weiterhin der Auffassung, dass die prozentualen Handelszuschläge der Apotheken und Großhändler auf Grundlage des um den Erstattungsbetrag gekürzten Abgabepreises zu berechnen sind. Auch der VAD hält dies für richtig. Allerdings will er dies nicht so verstanden wissen, dass man eine Margenkürzung der Apotheker befürworte. Es gehe schlicht um eine transparente und einheitliche Vorgehensweise bei der Berechnung, so ein Sprecher des Verbandes gegenüber der DAZ.



DAZ 2013, Nr. 8, S. 12

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