- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 5/2013
- Weniger Rezidive mit ...
Arzneimittel und Therapie
Weniger Rezidive mit neuem Antibiotikum
Clostridium-difficile-Infektionen (CDI) werden in Kliniken zunehmend zum Problem. Und noch immer unterschätzt. "MRSA ist in aller Munde. Doch etwa doppelt so häufig infizieren sich Patienten im Krankenhaus inzwischen mit gefährlichen C. difficile", betonte Prof. Dr. Reiner Mutters vom Universitätsklinikum Gießen/Marburg, auf einer von Astellas Pharma unterstützten Einführungspressekonferenz Anfang Dezember 2012 in Hamburg. Das anaerobe, sporenbildende grampositive Bakterium kann in Form von Sporen über Wochen oder sogar Monate auf Oberflächen überleben. In mehr als 70% der Fälle handelt es sich bei Clostridium-difficile-Infektionen um nosokomiale Infekte. Sie können den Krankenhausaufenthalt um acht bis 36 Tage verlängern, mit zusätzlichen Kosten pro Fall von 6520 Euro.
Risikofaktor Antibiotikatherapie
Wichtigster Risikofaktor für eine Clostridium-difficile-Infektion sind Antibiotika, die Bakterien selektieren, indem sie einen Teil der Darmflora, insbesondere Bacteroides, zerstören und so das Aufkeimen der Clostridien fördern. Als weitere wirtsspezifische Risikofaktoren nannte Mutters höheres Alter, Schweregrad der Grunderkrankung, Beatmung und Antazida. Aber auch ein längerer Aufenthalt im Krankenhaus, vor allem auf der Intensivstation, und die Unterbringung im Zimmer eines bereits erkrankten Patienten erhöhen die Gefahr. In der Prävention von Clostridien-Infektion ist deshalb die Einhaltung hoher Hygienestandards Pflicht einschließlich einer strikten Isolierung infizierter Patienten.
Rückfälle als größtes Problem der Therapie
Bei einer Infektion mit Clostridium difficile sollte, sofern möglich, als Erstmaßnahme das auslösende Antibiotikum abgesetzt werden. Bei einer leichteren Episode kann dies eventuell bereits ausreichen. Andernfalls wurde als Standardtherapie bislang im Wesentlichen Metronidazol oder Vancomycin eingesetzt. Die European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ESC-MID) empfiehlt bei leichteren Verläufen bei der ersten Episode und beim ersten Rezidiv Metronidazol, bei schweren Fällen Vancomycin. Gleichzeitig betont sie das hohe Risiko von Rückfällen als größtes Problem in der Therapie CDI-assoziierter Diarrhöen. So entwickeln nach den bislang üblichen Therapien bis zu 25% der Patienten innerhalb von 30 Tagen ein Rezidiv, etwa 45% erleiden einen zweiten, davon etwa 65% einen dritten Rückfall. "Selbst wenn man das erste Rezidiv erfolgreich therapiert, ist inzwischen ein solcher Schaden in der restlichen Darmflora angerichtet, dass das zweite Rezidiv kaum noch in den Griff zu bekommen ist. Das Rezidivrisiko nähert sich dann irgendwann einmal 100%. Dafür gab es bislang keine Lösung", so Prof. Dr. Oliver A. Cornely, Köln.
Fidaxomicin als neue Therapieoption
Mit Fidaxomicin (Dificlir®) steht seit Januar 2013 eine neue Option für die Therapie der Clostridium-difficile-Infektion zur Verfügung. Das makrozyklische Antibiotikum ist laut Fachinformation indiziert "bei Erwachsenen zur Behandlung von Clostridium-difficile-Infektionen (CDI), auch bekannt unter der Bezeichnung Clostridium-difficile-assoziierte Diarrhö (CDAD)". Nach oraler Applikation wird es kaum enteral resorbiert und weist eine selektive bakterizide Wirkung auf, so Cornely. Fidaxomicin hemmt die RNA-Synthese durch die bakterielle RNA-Polymerase. Es beeinflusst die RNA-Polymerase an anderer Stelle als Rifamycine. Die normale Mikroflora des Dickdarms wird nur minimal geschädigt. Insbesondere die Bacteroides-Population bleibt unbeeinflusst. Daten aus einer Phase-IIa-Studie zeigen, dass es nach einer zehntägigen Therapie mit Fidaxomicin nicht zu Veränderungen der Bacteroides-fragilis-Zahlen im Kolon kommt, während sich deren Anzahl unter Vancomycin etwa halbiert. Die Kolonisationsresistenz wird aufrechterhalten und die Möglichkeit einer Überwucherung mit C. difficile eingeschränkt, erläuterte Cornely. Zudem hemmt Fidaxomicin die Sporenbildung und die Toxinproduktion. Als weiteren Vorteil nannte Mutters den post-antibiotischen Effekt, also die Fortdauer der antibakteriellen Wirkung auch nach Absinken unter die minimale Hemmkonzentration. Sie liegt für Fidaxomicin zwischen zehn und 15 Stunden.
Weniger Rezidive nach Fidaxomicin
Die Zulassung von Fidaxomicin basiert auf den Ergebnissen von zwei randomisierten, doppelblinden Phase-III-Studien mit insgesamt mehr als 1100 Patienten mit akuter, C.-difficile-Toxin-positiver CDI. Sie erhielten über zehn Tage entweder täglich zweimal 200 mg Fidaxomicin oral oder viermal 125 mg Vancomycin oral. Nachgewiesen werden sollte die Nicht-Unterlegenheit in Bezug auf den primären Endpunkt, die klinische Heilungsrate am Ende der Therapie. Dieses Ziel wurde in beiden Studien erreicht mit Heilungsraten von knapp 90% in der mITT-Population (mITT: modified intention to treat). Ein anderes Bild zeigen die Rezidivraten, definiert als mehr als drei Durchfälle pro 24 Stunden innerhalb von vier Wochen nach Therapieende, Nachweis von C.-difficile-Toxin A und/oder B im Stuhl und der Notwendigkeit einer erneuten Behandlung gegen CDI. Sie lagen nach Fidaxomicin in beiden Studien statistisch signifikant um etwa die Hälfte niedriger als nach Vancomycin (15,4% vs. 25%, p = 0,005; 13% vs. 27%, p < 0,001). Auch bei Patienten mit einer Krebserkrankung sowie bei Patienten ≥ 65 Jahren waren die Rezidivraten nach einer Fidaxomicintherapie niedriger, die anhaltenden Heilungsraten entsprechend höher. Das Makrozyklin war in den Zulassungsstudien gut verträglich und zeigte ein dem oralen Vancomycin vergleichbares Sicherheitsprofil. Dieses Sicherheitsprofil basiert auf Daten von 564 Patienten mit CDI, die im Rahmen von Phase-III-Studien Fidaxomicin erhalten hatten. Die häufigsten behandlungsbedingten Nebenwirkungen waren Erbrechen (1,2%), Übelkeit (2,7%) und Obstipation (1,2%).
Fazit von Cornely: "Vor dem Hintergrund, dass die ESC-MID Rückfälle als das größte Problem bei der Therapie der Clostridium-difficile-Infektion identifiziert hat, wird die Entwicklung von Fidaxomicin als bedeutsamer, therapeutischer Fortschritt bewertet. Fidaxomicin ist die beste Wahl in der Erst-Linien-Therapie und beim Rezidiv einer nosokomialen CDI." Unklar sei aber noch der Umgang mit den hierzulande nicht so häufig auftretenden 027-Stämmen. Bei diesen Stämmen habe Fidaxomicin einen geringeren Vorteil in der Rezidivrate gezeigt.
Steckbrief DificlirSteckbrief: Fidaxomicin Handelsname: Dificlir Hersteller: Astellas Pharma GmbH, München Einführungsdatum: 15. Januar 2013
Zusammensetzung: 1 Filmtablette enthält 200 mg Fidaxomicin. Sonstige Bestandteile: Tablettenkern: mikrokristalline Cellulose, vorverkleisterte Stärke, Hydroxypropylcellulose, butyliertes Hydroxytoluol, Carboxymethylstärke-Natrium, Magnesiumstearat. Umhüllung: Polyvinylalkohol, Titandioxid, Talkum, Macrogol, Lecithin (Soja). Packungsgröße, Preis und PZN: 20 Filmtabletten, 2189,85 Euro, PZN 09537658 Stoffklasse: Antidiarrhoika und intestinale Antiphlogistika/Antiinfektiva, Antibiotika: ATC-Code: A07AA12 Indikation: Bei Erwachsenen zur Behandlung von Clostridium-difficile-Infektionen (Clostridium-difficile-assoziierter Diarrhö, CDI). Dosierung: 200 mg (eine Tablette) zweimal täglich (einmal alle zwölf Stunden) über zehn Tage, unabhängig von den Mahlzeiten. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Nebenwirkungen: Erbrechen, Übelkeit, Obstipation Wechselwirkungen: Die gleichzeitige Einnahme von potenten P-Glykoprotein-Inhibitoren wie Ciclosporin, Ketoconazol, Erythromycin, Clarithromycin, Verapamil, Dronedaron und Amiodaron wird nicht empfohlen. Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Fidaxomicin sollte bei Patienten mit schwerer Beeinträchtigung der Nierenfunktion oder moderater bis schwerer Beeinträchtigung der Leberfunktion mit Vorsicht angewendet werden, ebenso bei Patienten mit pseudomembranöser Colitis, fulminanter oder lebensbedrohlicher CDI. Aufgrund des Risikos einer verstärkten Resorption und des potenziellen Risikos von systemischen Nebenwirkungen sollte Fidaxomicin bei Patienten mit begleitender chronisch-entzündlicher Darmerkrankung mit Vorsicht angewendet werden. |
QuelleFachinformation Dificlir®, Stand Oktober 2012.
Apothekerin Dr. Beate Fessler
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.