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DAZ aktuell
Pille danach – können Apotheker das?
DAZ: In den Diskussionen zur Entlassung der ‚Pille danach‘ aus der Verschreibungspflicht ist die Frage aufgekommen, wie eine Umsetzung in der Apotheke aussehen könnte.
ABDA: Die ‚Pille danach‘ mit dem Wirkstoff Levonorgestrel (LNG) verhindert ungewollte Schwangerschaften, ist aber keine Abtreibungspille. Als Notfallmedikament ist sie kein Ersatz für andere Verhütungsmaßnahmen. Die ‚Pille danach‘ ist in 15 anderen europäischen Staaten rezeptfrei und wird in den meisten Staaten nach klar definierten Regeln abgegeben. Der Sachverständigenausschuss Verschreibungspflicht beim BfArM hatte bereits 2003 die Entlassung von LNG zur Notfallkontrazeption aus der Verschreibungspflicht empfohlen. Das BMG hat diesen Beschluss bis heute nicht umgesetzt. Durchschlagende Argumente gegen eine grundsätzliche Entlassung von Notfallkontrazeptiva mit dem Wirkstoff LNG aus der Verschreibungspflicht existieren, laut Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage vom 29. August 2012, aus der Sicht der zuständigen Bundesoberbehörde (BfArM) nicht.
Nach Auffassung der ABDA stehen der Entlassung von LNG zur Notfallkontrazeption keine pharmazeutisch-medizinischen Gründe entgegen. Falls LNG aus der Verschreibungspflicht entlassen wird, sind die Apotheker bereit, für die notwendige Beratung in der Apotheke Sorge zu tragen. Die generelle Apothekenpflicht darf auch für dieses Arzneimittel nicht infrage gestellt werden.
DAZ: Gibt es von unserer Berufsvertretung ein Konzept?
ABDA: Die Apotheker werden für die notwendige Beratung sorgen. Abgefragt werden müssten relevante Kriterien wie Alter, Anwendungshäufigkeit oder Zeitraum nach ungeschütztem Verkehr. Die Details der Abgabe in der Selbstmedikation müssen noch definiert werden.
DAZ: Wie ist die Position der ABDA? Befürwortet sie diese Kompetenzerweiterung für Apotheker?
ABDA: Die Apotheken sind bestens qualifiziert, um auch bei einer Entlassung der ‚Pille danach‘ aus der Verschreibungspflicht eine sichere Arzneimittelanwendung zu gewährleisten.
Kommentar
Yes, we can!
Die erste Empfehlung des Sachverständigenausschusses, Levonorgestrelhaltige Präparate zur Notfallkontrazeption aus der Verschreibungspflicht zu entlassen, ist mittlerweile gut zehn Jahre alt. Immer noch ist die Situation unverändert: Die "Pille danach" ist nach wie vor verschreibungspflichtig. Alle Jahre wieder kommt die Diskussion darüber auf, sei es ausgelöst durch eine Anfrage der Linksfraktion oder durch die Initiative eines einzelnen Bundeslandes. Auch die Positionen der Beteiligten bleiben weitestgehend unverändert: pro familia befürwortet die Initiative, Organisationen der katholischen Kirche und die Gynäkologenverbände sind aus mehr oder weniger nachvollziehbaren Gründen dagegen und auch die Politik hat je nach Parteizugehörigkeit eine relativ unveränderte Meinung zu dieser Thematik. Aber wo sind wir Apotheker in dieser Diskussion? Sollten wir nicht Teil davon sein, sollte nicht eine Standesvertretung mit lauter Stimme diese Kompetenzerweiterung für unseren Berufsstand befürworten? Und dabei geht es weniger um die Entkräftung der Argumente der Gegner. Natürlich kann der Gynäkologenverband propagieren, dass nur Ärzte zu der notwendigen Untersuchung und Beratung befähigt seien und in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern ein 24h verfügbarer Notdienst existiert. Dem ist entgegenzusetzen, dass der Labormediziner, der eventuell gerade mit dem kassenärztlichen Notdienst an der Reihe ist, zu diesem Thema sicher nicht kompetenter beraten kann als ein Apotheker. Vor diesem Hintergrund wäre ein selbstbewusstes Auftreten der Apothekerschaft wichtig. Die Chance zu begreifen und zu ergreifen. Ja, wir können das! Wir können die adäquate Beratung sicherstellen und zwar zu jeder Tages- und Nachtzeit ohne lange Wartezeiten. Stattdessen gibt sich die Standesvertretung gnädig, falls LNG aus der Verschreibungspflicht entlassen werde, seien die Apotheker bereit, für die notwendige Beratung in der Apotheke Sorge zu tragen. Ist irgendwo vorgeschrieben, dass man immer nur reagieren darf? Und warum sollte es nicht langfristig möglich sein, das Beratungsgespräch abzurechnen? Macht der Arzt auch, in welcher Ausprägung es auch immer stattfindet. Um solche Forderungen zu stellen, sollte man die Sache aber aktiv angehen und mit der eigenen Kompetenz hausieren gehen. Dann entkräftet sich zumindest ein Teil der Gegenargumente ganz von selber. Ein bisschen mehr Selbstbewusstsein könnte der Apothekerschaft nicht schaden, angefangen mit einer Standesvertretung die dieses Selbstbewusstsein vorlebt!
Apothekerin Julia Borsch, Redakteurin der DAZ
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