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Billig ist nicht das Ziel

Celesio startet mit ersten Lloyds-Pilotapotheken in Ingolstadt und Poppenbüttel

STUTTGART (wes) | Letztes Jahr am Nikolaustag stellte Celesio in England sein neues europäisches Apothekenkonzept vor. In der kommenden Woche sollen nun die beiden ersten Lloyds-Pilotapotheken in Deutschland eröffnet werden, in Poppenbüttel nahe Hamburg und in Ingolstadt. Ein Nachfolge-Konzept für die DocMorris-Apotheken, die nach dem Verkauf der DocMorris-Versandapotheke im vergangenen Jahr in eine eher ungewisse Zukunft schauen, soll die neue Kooperation jedoch nicht werden.
Gehe-Geschäftsführer André Blümel: „Grundsätzlich ist das Konzept offen für alle Apotheken.“

„Wir denken das Konzept ganz aus Sicht des Patienten“, erklärt André Blümel, Vorsitzender der Geschäftsführung der Gehe, unter deren Dach die Kooperation läuft. Aus verschiedenen Untersuchungen wisse man, dass es in Deutschland rund 36 Millionen Erwachsene gebe, für die Gesundheit ein entscheidendes Thema sei. „Der Trend geht eindeutig in Richtung Beratung und Leistungsunterstützung. Das erwartet der Markt von uns.“ Bei DocMorris sei es um günstige Preise gegangen, geprägt auch durch die Versandapotheke. Lloyds dagegen richte sich an diejenigen Kunden, „ bei denen Beratung und Kompetenz im Fokus steht.“

Wie lange die nun gestartete deutsche Pilotphase dauern werde, mochte Blümel nicht vorhersagen: „Wir werden nicht trödeln, aber wir testen in Ruhe.“ Im Laufe des nächsten Jahres sollen sukzessive neue Partner-Apotheken zu den Pilotapotheken stoßen. „Wir wollen mit den Apotheken lernen. Wir wollen das Konzept, das wir für den deutschen Markt entwickelt haben, ausprobieren und wir wollen zusammen mit den Apotheken die Kundenreaktionen testen“, so Blümel im Gespräch mit der DAZ.

Kompetenz im Mittelpunkt

In England sind laut Celesio-Angaben seit dem Startschuss im vergangenen Jahr über 50 konzerneigene Lloyds-Apotheken auf das neue Konzept umgestellt worden. Kernpunkt dieses Konzepts ist die Konzentration auf zwei Themen, die in einer europaweiten Studie als besonders relevant für die Bevölkerung identifiziert wurden: Hautprobleme und Schmerz. Blümel gibt zu, dass gerade das Thema Haut in deutschen Apotheken schon heute breit abgedeckt wird. Das ändere aber nichts an der Relevanz der Kategorie für die Patienten. Selbstverständlich sei das Konzept an die nationalen Gegebenheiten und Bedürfnisse angepasst worden. Blümel: „Europäische Erfahrungen, die wir gemacht haben, fließen mit ein, aber natürlich werden die Anforderungen der Patienten und die Erfahrungen der Apotheker das Konzept sehr stark prägen.“

Fotos: Celesio
Beratung wird in den neuen Lloyds-Apotheken groß geschrieben. Zwei Themen, auf die man sich auch in der Filiale im britischen Bicester fokussiert, sind Haut und Schmerz.

„Und was man wirklich sagen muss: Das Entscheidende ist nicht nur die Präsentation der Ware, sondern vor allem die Kompetenz des Apothekenpersonals.“ Deshalb werde die Bereitschaft, mit seinem Team ein umfangreiches Schulungsprogramm zu durchlaufen, eine Voraussetzung für die Teilnahme am Lloyds-Konzept werden. Die Fachkompetenz des Personals soll eine tragende Säule des Lloyds-Konzepts sein. „Hier wollen wir eine echte Differenzierung der Apotheke herstellen, die direkt am Point of Sale wirkt.“

„Natürlich geht es bei jeder Kooperation auch um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, und das Thema Einkauf ist für die Apotheken immer wichtig“, räumt Blümel ein. „Aber Lloyds wird nicht nur eine Einkaufsgemeinschaft sein.“ Auch die Themen Vermarktung und Einrichtung der Offizin bilden Säulen des Konzepts, dazu soll Unterstützung beim Multi-Channel-Marketing kommen, indem die Präsenzapotheke mit dem Online-Kanal vernetzt werde.

Eine weitere wichtige Säule soll die Entlastung der Apotheker von administrativen Tätigkeiten im Backoffice bilden. „Wir wollen dafür sorgen, dass das Apothekenteam sich die maximale Zeit um den Patienten kümmern kann. Deshalb unterstützen wir den Apotheker dabei, Zeit im administrativen Bereich einzusparen.“ Beispielsweise sollen die Mitglieder mit dem Nachfolge-Produkt des heutigen WaWi-Top-Moduls ihre Lagerhaltung optimieren, den Bestellvorgang vereinfachen und Prozesskosten senken können. Die Gefahr, dass die selbstständigen Apotheker dies als eine Einmischung in die Unternehmensführung oder gar als Bevormundung betrachten könnten, sieht Blümel nicht. „Was wir anbieten ist ein Kooperationsangebot. Wie weit er diesem folgt, dass entscheidet der Apotheker ganz alleine.“

Offen für alle, aber …

Eine Mindestgröße oder ein Mindestumsatz, wie sie manche Kooperationen verlangen, sollen keine Voraussetzung sein, eine Lloyds-Apotheke zu werden, betont Blümel:„Grundsätzlich ist dieses Konzept offen für alle Apotheken.“ Man erwarte aber die Bereitschaft, das Konzept und seine Ideen in der Apotheke tatsächlich umzusetzen. „Und um diese Maßnahmen umzusetzen, was zum Beispiel die Schulung des Personals angeht, da wird dann wohl schon eine gewisse Größe nötig sein.“

Dass der Name Lloyds bei deutschen Apothekern negativ besetzt sein könnte, da die Celesio-eigenen Apotheken in England so heißen, glaubt Blümel nicht. „Der Name ist hier in Deutschland noch nicht so bekannt aber neutral bis positiv besetzt“, ist er sich sicher. „Wir haben mit Lloyds eine Marke im Konzern, die wir als Kooperation anbieten wollen. Denn Deutschland ist ein Kooperations-Markt“ betont Blümel wiederholt.

Andere Gehe-Kooperationen bleiben wichtig

Auch die Gesund-leben-Kooperation bleibt laut Blümel für die Gehe sehr wichtig. Sie sei eine der ältesten und mit ca. 2400 Mitgliedern die größte Kooperation in Deutschland. „Nächstes Jahr feiern wir zehnjähriges Jubiläum bei ‚Gesund leben‘. Das wollen wir gebührend begehen“, kündigt der Gehe-Chef an. Natürlich werde man auch diese Kooperation weiterentwickeln, „mit unseren Kunden, den Apothekern, zusammen. Wir wollen mit unseren Kooperationen die Nase vorn haben.“

Die DocMorris-Markenpartnerschaften will Gehe übrigens weiterführen. Blümel: „Wir haben eine vertragliche Verpflichtung, der kommen wir natürlich nach. Wir kommen ihr auch gerne nach, denn es handelt sich um Gehe-Kunden. Sie können sich darauf verlassen, dass sie jede Leistungsunterstützung bekommen, die wir zugesagt haben.“ Welcher Kooperation die Apotheken angehörten, „Gesund leben“, Lloyds oder DocMorris, sei nicht wichtig. „Das wichtigste für uns ist, dass eine Apotheke Kundin der Gehe ist.“

Unruhiger Großhandelsmarkt

„Der Rabattwettbewerb ist unvermindert heftig“, klagt Blümel. Klar sei aber, dass solche Rabatte auf Dauer beim heutigen Leistungsniveau nicht tragbar seien. „Die Apotheken sind auf einen gesunden und leistungsfähigen Großhandel heute mehr denn je angewiesen“, gibt Blümel zu bedenken. Der Preiskrieg dauere diesmal besonders lange und „die Intensität ist härter als bei den Rabatteskalationen, die wir in der Vergangenheit erlebt haben.“ Man werde aber nicht klein beigeben: „Die Gehe wird ihre Marktposition nicht aufgeben. Wir wollen, dass unsere Kunden an Bord bleiben“, gibt sich Blümel kämpferisch. „Aber auf der anderen Seite muss der unvernünftige Preiswettbewerb ein Ende haben.“

Der Start des neuen bundesweiten Großhändlers AEP direkt Anfang Oktober bereitet Blümel keine schlaflosen Nächte. „Der neue Anbieter ist schlichtweg unnötig. Das Leistungsversprechen kann jeder der etablierten Großhändler problemlos erfüllen. Es ist keine Neuerung da.“ Wenn die Apotheken nun sagen sollten, sie wollten in Zukunft – wie bei AEP direkt – nur noch einmal am Tag beliefert werden, dann sage er „herzlich gerne“. Wenn das Auftreten des neuen Anbieters zu einer Diskussion über das Serviceniveau im deutschen Pharma-Großhandel führe, dann begrüße er das ausdrücklich, betonte Blümel. „Denn ich glaube, bis zu vier Lieferungen am Tag müssen nicht sein.“ Es gebe bessere Wege, die Warenverfügbarkeit sicherzustellen als über die Anzahl der Lieferungen. 

Zum Weiterlesen

Eine ausführliche Vorstellung des Lloyds-Konzepts finden Sie in DAZ 2012, Nr. 50, S. 34.

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