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Arzneimittel und Therapie
Auch Demenzkranke konkret befragen
Alte Menschen sind besonders häufig von Schmerzen geplagt. Besonders problematisch ist die adäquate Schmerztherapie bei Menschen mit Demenz. Sie werden generell schlechter mit Analgetika versorgt als alte Menschen ohne Demenz. Sogar nach einer Schenkelhalsfraktur erhalten nicht demente alte Patienten dreimal so viel Morphinäquivalente wie Demenzkranke, bemängelte Dr. Klaus Reckinger, Herten, auf einer von der Grünenthal GmbH unterstützten Pressekonferenz am 19. Juni 2013 in München. Als großes Problem gilt dabei die Schmerzerfassung. Reckinger vertrat hier die Ansicht, dass der BESD (Beurteilung von Schmerzen bei Demenz)-Score nur bedingt nützlich ist. Dagegen kann es durchaus zielführend sein, auch Patienten mit einer Demenz einfach direkt zu fragen. Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass Demenzkranke bis zu einem Wert von ≥ 10 im Minimental-Status-Test (MMST) valide Aussagen zu ihren Schmerzen machen können – wenn sie direkt danach gefragt werden. Dagegen korreliert der mimische Ausdruck nicht mit Schmerz. Wie effektiv eine gute Schmerztherapie bei Demenzkranken ist, zeigt eine randomisierte klinische Studie. Danach verbessert eine standardisierte Schmerztherapie bei Patienten mit mäßiger bis schwerer Demenz nicht nur den Schmerz, sondern auch Agitation und Aggression. Der Gebrauch von Atypika kann reduziert werden. Wichtig für den Therapieerfolg ist auch die Kommunikation mit Schmerzpatienten. Bei betagten Patienten sollten bei den Gesprächen mit dem Arzt Angehörige oder Pflegekräfte anwesend sein. Bei der Informationsübermittlung gilt: weniger ist mehr, sprich: wenig an Sachinformation, die mehrfach wiederholt wird. Sehr hilfreich ist zudem schriftliches Informationsmaterial.
Lebensbedrohung aus dem Nichts
Eine adäquate Schmerztherapie geriatrischer Patienten wird oft durch Komorbiditäten, metabolische Veränderungen oder auch eine Demenz erschwert, die Palette der geeigneten Analgetika eingeschränkt. Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) und Coxibe müssen wegen gastrointestinaler und kardiovaskulärer Risiken laut den Empfehlungen der EMA sehr differenziert eingesetzt werden. Beide Wirkstoffgruppen sind bei aktiven peptischen Ulcera und Blutungen sowie bei schwerer Herzinsuffizienz verboten. Gleiches gilt bei chronischer Niereninsuffizienz im Stadium 4. Das Risiko gastrointestinaler Ulcera ist bei älteren Patienten unter NSAR vierfach erhöht. Die gleichzeitige Gabe von niedrig dosierter Acetylsalicylsäure erhöht die Gefahr um den Faktor 2 bis 4, erläuterte Reckinger. Zudem betonte er, dass 81% der Patienten keine Warnsymptome vor dem Auftreten von Komplikationen wie Blutungen und Perforationen zeigen: "Lebensbedrohliche Situationen kommen aus dem Nichts." Nicht unproblematisch ist aus seiner Sicht die gleichzeitige Gabe eines Protonenpumpeninhibitors. Er bietet keinen Schutz für den unteren Gastrointestinaltrakt, verdoppelt das Risiko für eine Schenkelhalsfraktur und geht mit zusätzlichen Interaktionsrisiken einher. Die Entscheidung bei der Schmerztherapie Älterer fällt deshalb häufig auf ein langwirksames Opioid.
Opioide möglichst niedrig dosieren
Um gleichmäßige Blutspiegel zu erreichen, werden oft Opioidpflaster verwendet. Das Buprenorphin-haltige 7-Tage-Pflaster (Norspan®) zeichnet sich durch eine lange Wirkdauer aus und bietet die Möglichkeit, niedrig zu dosieren. Laut Reckinger ein Vorteil, denn wenn Opioide im Alter eingesetzt werden, dann in möglichst niedriger Dosierung. Zudem kann Buprenorphin auch bei eingeschränkter Nierenfunktion bis hin zum terminalen Nierenversagen ohne Dosisanpassung eingesetzt werden. Im Vergleich mit transdermalem Fentanyl wurde unter transdermalem Buprenorphin eine geringere Toleranzentwicklung beobachtet. Eine Datenbank-basierte Auswertung (IMS-Disease Analyser mediplus) von 631 Schmerzpatienten über durchschnittlich 270 Tage kam auf eine mittlere tägliche Dosis-Steigerung um 0,47% gegenüber 0,19% pro Tag. "Das spricht für eine hohe Dosisstabilität von Buprenorphin."
Hinweis zu Adasuve®Adasuve® (Loxapin, DAZ 29/2013; S. 36-40) ist derzeit nur in der Wirkstärke 10 mg erhältlich. Der Inhalator mit 5 mg ist zwar von der EMA zugelassen, aber nicht auf dem Markt. In der Fachinformation wird bei Unverträglichkeit die Anwendung der niedrigeren Dosis empfohlen. Ein Einführungstermin ist nicht bekannt. |
Schmerz und Schlafqualität verbessert
Eine prospektive nicht-interventionelle Studie zeigte nun, dass das 7-Tage-Pflaster auch in hohem Alter Schmerzen nicht nur effektiv reduziert, sondern auch gut verträglich ist. 2713 betagte und hochbetagte Schmerzpatienten (mittleres Alter: 66,8 Jahre bei Männern, 72,4 Jahre bei Frauen, 40% über 76 Jahre) mit nicht tumorbedingten Schmerzen wurden auf das 7-Tage-Pflaster umgestellt. Aus verschiedenen Gründen: Sie waren unter einer Opioid-Dauertherapie, vorwiegend mit Tilidin/Naloxon oder Tramadol, nicht ausreichend analgesiert (92%), die Therapie wurde nicht vertragen (42%) oder die Tablettenlast war zu hoch (37%). Innerhalb des Beobachtungszeitraums von acht Wochen ging die mittlere Schmerzintensität auf der nummerischen Ratingskala (NRS-11) statistisch signifikant von 6,8 auf 2,8 Punkte zurück. Parallel dazu besserte sich die Schlafqualität um 3,4 Punkte. Bei etwa zwei Dritteln der Patienten erhöhte sich auch die Lebensqualität. Insgesamt traten 171 unerwünschte Nebenwirkungen auf, von denen drei als schwerwiegend beurteilt wurden. Die häufigsten Begleiterscheinungen waren Übelkeit, Schwindel und Reaktion an der Applikationsstelle. Verglichen mit der Vortherapie erwies sich die 7-Tage-Applikation als wirksamer, verträglicher und einfacher in der Handhabung sowie zuverlässiger hinsichtlich der Compliance. 88% der Ärzte und 92% der Patienten beurteilten Wirksamkeit und Verträglichkeit als sehr gut oder gut.
Apothekerin Dr. Beate Fessler
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