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GKV macht Front gegen Apotheken

BERLIN (lk). Der GKV-Spitzenverband will das Fremd- und Mehrbesitzverbot abschaffen und das prozentuale Apothekenhonorar kappen. Von Apothekenketten verspricht sich Volker Hansen, Vorsitzender des Verwaltungsrates des Kassenverbandes, mehr Effizienz und eine "Marktbereinigung". Dies sind zentrale Forderungen des GKV-Spitzenverbandes an die nächste Bundesregierung in einem Positionspapier unter dem Titel "Zukunftsmodell gesetzliche Krankenversicherung".
Kein Freund der inhabergeführten Apotheke: Volker Hansen, Vorsitzender des Verwaltungsrates des GKV-Spitzenverbandes . Foto: GKV-Spitzenverband

Hansen kritisierte die Strukturen des Apothekenmarktes als "zementiert". Beispielsweise würden Versandapotheken behindert. Der Vertrieb von Arzneimitteln müsse effizienter und wirtschaftlicher organisiert werden. Dazu gehöre die Möglichkeit, den Apothekenmarkt für andere Vertriebsformen zu öffnen. Hansen: "Dieser Prozess sollte in Gang gesetzt werden. Wir versprechen uns davon einen effizienteren und wirtschaftlicheren Vertrieb und eine Marktbereinigung." Ob sich am Ende Versandapotheken durchsetzen, könne nicht beantwortet und müsse dem Markt überlassen werden.

"Apotheken-Schutzschild" soll fallen

Die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, sagte, entscheidend sei allein die "Sicherheit" der Arzneimittelversorgung und "nicht der Weg". Daher sei keine "Festlegung über die Apothekenlandschaft nötig". Das betreffe auch die von der Union in ihrem Wahlprogramm vorgeschlagene mobile Lösung der Arzneimittelversorgung auf dem Land. In seinem Statement sagte Hansen: "Für den unverändert hochgehaltenen ‚Apotheken-Schutzschild‘ gibt es keine versorgungspolitischen Argumente. Die deutsche Apothekenlandschaft ist noch immer eine weitgehend wettbewerbsfreie Zone. Selbst Schwarz-Gelb hat daran nichts geändert – trotz aller Bekenntnisse zu Markt und Wettbewerb. Insbesondere das Mehr- und Fremdbesitzverbot bei Apotheken gehört abgeschafft. Es passt vorne und hinten nicht, überall sonst Wettbewerb als Antriebsfeder für eine hochwerte und bezahlbare Versorgung einzufordern, bei den Apotheken dann aber historisch zu argumentieren und den Bestandsschutz hochzuhalten. Grundbedingung ist natürlich eine sichere Versorgung. Alle Vertriebswege, die das garantieren, sollten genutzt werden, also auch Pick-up-Stellen und der Versandhandel."

Im Positionspapier findet sich darüber hinaus eine Aussage zum Apothekenhonorar: Ein "Apothekensterben" in Deutschland gebe es nicht. Vielmehr dürften unwirtschaftliche Strukturen, etwa durch eine Konzentration auf Ballungsräume, den Beitragszahlern nicht durch übermäßige Erhöhungen der Apothekenvergütung aufgebürdet werden. Die bisher parallelen Wege zur Anpassung der Apothekenvergütung – einerseits über die Arzneimittelpreisverordnung, andererseits über den Apothekenabschlag der Krankenkassen – seien deshalb zukünftig über die Preisvorschrift festzulegen. Der Charakter des Apothekenabschlages als "Großkundenrabatt" zugunsten der gesetzlichen Krankenversicherung müsse erhalten bleiben. Und: "Zur nachhaltigen Dämpfung der Preisentwicklung muss außerdem die prozentuale Apothekenvergütung – wie beim pharmazeutischen Großhandel – auf einen Höchstbetrag begrenzt werden." Zur konkreten Kappungsgrenze wollte sich Verbandschefin Pfeiffer nicht äußern.

Zufrieden zeigt sich der GKV-Spitzenverband mit den Veränderungen auf dem Arzneimittelmarkt. "Die frühe Nutzenbewertung und die Verhandlung von Erstattungsbeträgen für patentgeschützte Arzneimittel sind ein Meilenstein für eine qualitätsorientierte und wirtschaftliche Arzneimittelversorgung. Nach dem ersten Verhandlungsjahr ist festzustellen, dass das Verfahren funktioniert. Ein ‚Aufweichen‘ der AMNOG-Regelungen ist daher abzulehnen. Perspektivisch ist eine Weiterentwicklung zu prüfen, die die Nutzenbewertung neuer Arzneimittel zeitlich vor den Markteintritt stellt."

Von besonderer Bedeutung und Umsetzungsrelevanz sei die eindeutige gesetzliche Festlegung des Erstattungsbetrags als Bezugsgröße für Handelsstufen und Zuzahlungen sowie die Schaffung einer validen Datengrundlage für alle Beteiligten. Festbeträge und Rabattverträge seien weiterhin unverzichtbar. "Nachhaltige Preispolitik bleibt das Gebot der Stunde. Unverzichtbar zur Erschließung von Effizienzreserven sind die bewährten Steuerungsinstrumente der Festbeträge sowie der Rabattverträge zwischen Krankenkassen und Pharmaunternehmen", heißt es weiter.

Reformen fordern die Krankenkassen hingegen in der Heilmittelversorgung: "Der Ausgabenanstieg im Heilmittelbereich lag in den vergangenen Jahren mit jeweils über sechs Prozent deutlich über den durchschnittlichen Steigerungsraten der gesetzlichen Krankenversicherung. Die vorhandenen Steuerungsinstrumente, wie Heilmittel-Richtlinien, Vereinbarungen zu Heilmittel-Ausgabenvolumina je Kassenärztlicher Vereinigung sowie die getroffenen Vereinbarungen zu Richtgrößen, wirken offensichtlich nicht ausreichend."

Ein Reformziel müsse daher sein, stringentere gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die zu einem sachgerechteren Verordnungsverhalten der Vertragsärzte, zu einer deutlich höheren Ergebnisqualität und zu einer besseren Vernetzung der einzelnen Versorgungsbereiche beitragen. Geeignete Instrumente zur Steuerung der Anbieter- und Mengenstruktur in der Heilmittelversorgung seien zu entwickeln: "Um Qualitätspotenziale auszuschöpfen und Wirtschaftlichkeitsreserven zu heben, benötigen die Krankenkassen bessere einzelvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten."



Dr. Hans Rudolf Diefenbach Foto: DAZ/Schelbert
DIEFENBACH

Unverschämter Meinungskatalog


Das Positionspapier zur Bundestagswahl des GKV-Spitzenverbands ärgert den stellvertretenden Vorsitzenden des Hessischen Apothekerverbandes, Dr. Hans Rudolf Diefenbach, maßlos – und auch, dass die ABDA bislang darauf nicht reagiert hat.

"Auf der ABDA-Mitgliederversammlung letzte Woche hat Präsident Friedemann Schmidt angekündigt, dass wir als Stand mit klaren Auffassungen und Vorstellungen an die Öffentlichkeit, also auch Medien, Politik und Verbände herantreten werden, um unsere Identität und Unverzichtbarkeit im Gesundheitswesen zu präsentieren", so Diefenbach. Und jetzt präsentiere der GKV-Spitzenverband einen "unverschämten Meinungskatalog". Mit diesen Positionen vergreife sich der Kassenverband in der Sache und der Argumentation derart, "dass von Partnerschaft keine Rede mehr sein kann".

Es sei einfach falsch, dass wie vom GKV-Spitzenverband behauptet, Versandapotheken behindert würden: "Seit Jahren arbeiten diese zum Teil mit mehr Freiheiten als die Einzelapotheke", so Diefenbach zur DAZ. Wer das Fremd- und Mehrbesitzverbot abschaffen wolle, müsse sich über die Folgen im Klaren sein. 145.000 Mitarbeiter arbeiteten in deutschen Apotheken. "Dass Fremd- und Mehrbesitz Arbeitsplätze kosten wird, erleben wir doch gerade in vielen Krankenhäusern. Hier werden mal locker zehn und mehr Prozent Mitarbeiter wegrationalisiert oder zu Fensterputzertarifen umgruppiert", so Diefenbach. Die geforderte Honorardeckelung sei eine "weitere Dreistigkeit", so Diefenbach. "Wer hat denn seit 2004 keine Erhöhungen mehr bekommen: Die Pharmazeuten oder die Funktionsträger in den Chefetagen?" Selbst wenn viel Wahlkampfgetöse in diesem GKV-Pamphlet stecke: "Es zeigt, dass wir nicht als Partner sondern mehr als Vasallen der GKV gesehen werden. Dies sollten wir als nicht akzeptabel den politischen Parteien mitteilen. Wir machen eine Arbeit, die gar kein anderer erfüllen könnte."

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