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Arzneimittel und Therapie
Kohortenstudie belegt erhöhtes Risiko bei Männern
Fluorochinolone kommen wegen ihres breiten Wirkungsspektrums bei vielen verschiedenen Infektionen zum Einsatz (s. Kasten). In den vergangenen Jahren gab es jedoch auch einige Meldungen über unerwünschte Ereignisse unter der Einnahme (s. Kasten). Einzelfallberichte über akutes Nierenversagen unter der Behandlung veranlassten eine amerikanisch-kanadische Arbeitsgruppe zu einer Kohortenstudie auf Basis einer Datenbank, die Informationen zu Krankheitsdaten von Männern zwischen 40 und 85 Jahren (Median 62 Jahre) im Zeitraum 2001 bis 2011 enthielt.
Präparate in DeutschlandDie in der Studie untersuchten Antibiotika sind für zahlreiche Indikationen zugelassen, wie:
Norfloxacin wurde jedoch in der Studie nur von zwei Patienten angewendet, weitaus breiteren Einsatz fanden Ciprofloxacin (n = 884), Levofloxacin (n = 872) und Moxifloxacin (n = 218). Die Fluorochinolone Gatifloxacin und Gemifloxacin sind in Deutschland nicht verfügbar. |
Nur nierengesunde Patienten eingeschlossen
Die Fallgruppe umfasste 1292 Patienten, die wegen eines akuten Nierenversagens entsprechend der Krankheits-Klassifikation ICD-9-CM in eine Klinik eingeliefert worden waren, bei der Kontrollgruppe (n = 12.651) waren andere Diagnosen der Grund dafür. Von vornherein ausgeschlossen wurden Patienten mit einer chronischen Nierenerkrankung oder mit Dialysepflicht, da diese bereits ein erhöhtes Risiko für Nierenversagen besitzen. Auch Patienten mit einem Krankenhausaufenthalt in den sechs Monaten zuvor wurden wegen möglicherweise erhöhter Morbidität nicht in die Auswertung eingeschlossen, ebenso solche, die ein Fluorochinolon intravenös oder topisch (als Augenarzneimittel) erhalten hatten.
Zum Einsatz kamen die Wirkstoffe Ciprofloxacin, Gatifloxacin, Gemifloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin und Norfloxacin (s. Kasten). Unterschieden wurde zwischen aktueller Einnahme (zum Zeitpunkt der Klinikeinweisung bzw. letzter Einnahme-tag ein bis sieben Tage zuvor), zurückliegender (acht bis 60 Tage vor Einweisung) oder weit zurückliegender Einnahme (61 bis 180 Tage vor Einweisung).
Risiko verdoppelt
Eine Fluorochinolon-Einnahme zum Zeitpunkt der Klinikeinweisung erhöhte das Risiko für ein akutes Nierenversagen um das 2,18-fache (95% KI 1,74 bis 2,73). Nicht erhöht war das Risiko allerdings bei den Patienten, die Antibiotika dieser Wirkstoffgruppe kürzlich (8 bis 60 Tage) oder weiter zurückliegend (61 bis 180 Tage) eingenommen hatten (risk ratio, RR 0,87 bzw. 0,89). Das absolute Risiko lag bei 6,5 Ereignissen pro 10.000 Patientenjahren. Anders ausgedrückt führte die Anwendung des jeweiligen Antibiotikums zu einem zusätzlichen Fall akuten Nierenversagens pro 1529 Patienten. Eine zusätzliche Auswertung schloss alle Patienten mit einer Harnwegsinfektion aus – mit ähnlichem Ergebnis (RR 2,48, 95% KI 1,92 bis 3,23). Die beiden außerdem untersuchten Antibiotika Amoxicillin und Azithromycin erhöhten dieses Risiko für akutes Nierenversagen nicht (RR 0,65 bzw. 1,06).
Beratungstipp: Bei Ciprofloxacin-Einnahme viel trinken!Im Zusammenhang mit der Anwendung von Ciprofloxacin wurde über Kristallbildung im Harn (Kristallurie) berichtet. Patienten sollte daher zu ausreichender Flüssigkeitsaufnahme geraten werden. Auch eine ausgeprägte Alkalisierung des Urins (z. B. durch überwiegend pflanzliche Kost wie Kartoffeln, Gemüse, Blattsalate) sollte vermieden werden. |
Kombination mit RAAS-Wirkstoffen
Nahmen die Patienten jedoch neben den Fluorochinolonen Substanzen mit Wirkung auf das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System wie ACE-Hemmer oder AT1 -Agonisten ein, kam es zur einer mehr als vierfachen Risikoerhöhung (RR 4,46, 95% KI 2,84 bis 6,99). Der zugrunde liegende Wirkmechanismus ist eine Erweiterung der abführenden Arteriole (Vas efferens) am Glomerulum, die dadurch zustande kommt, dass sich die Wirkung des vasokonstriktorischen Angiotensin II durch ACE-Hemmer und Sartane vermindert. Eine Verringerung der glomerulären Filtrationsrate ist die Folge.
Mehr Aufmerksamkeit bei der Verordnung
Die Autoren verweisen ausdrücklich darauf, dass aus ihren Ergebnissen nicht geschlussfolgert werden darf, dass das Risiko für akutes Nierenversagen nur bei Männern besteht. Doch die für die Studie verwendete Kohorte war ursprünglich gebildet worden, um gesundheitliche Risiken bei älteren Männern zu untersuchen, daher diese Einschränkung. Weitere Studien mit anderen Patientengruppen seien nun notwendig.
Auch sei es durchaus möglich, dass mildere Fälle von Nierenversagen ohne Klinikeinweisung aufgetreten waren, weshalb das Risiko noch höher liegen könnte.
In der klinischen Praxis werden nach Ansicht der Autoren potenzielle Nierenprobleme bei der Verordnung von Fluorochinolonen bisher nicht in Betracht gezogen. Doch nach den Ergebnissen der Studie sei es verordnenden Ärzten zu empfehlen, diesem potenziellen Risiko mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
QuelleBird, ST et al. Risk of acute kidney injury associated with the use of fluoroquinolones. CMAJ (2013), online vorab publiziert am 3. Juni 2013, DOI: 10.1503/cmaj.121730
Apothekerin Dr. Claudia Bruhn
Zum WeiterlesenRisiken unter Fluorochinolonen: Netzhautablösung unter oralen Fluorochinolonen. Leberschäden durch Moxifloxacin und Levofloxacin. |
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