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DAZ aktuell
"Ein halbes Jahr mehr für bessere Chancen"
Neusetzer: Bisher sind wir nicht in der Kommission vertreten oder anderweitig eingebunden; wir würden es aber sehr begrüßen, wenn die ABDA dabei auf uns zukäme. Herr Dr. Kiefer hat im DAZ-Interview gerade erst die innere und äußere Vernetzung der Apotheker als sein Ziel benannt – hier bietet sich ein guter Anlass. Denn als Interessenvertretung aller Apothekenangestellten inklusive der nicht selbstständigen Approbierten sind wir sehr an einem zukunftsfähigen Leitbild für die Apotheker und die Apotheke interessiert.
DAZ: Beschäftigt sich die ADEXA dennoch mit einem neuen Leitbild für Apotheker? Wenn ja, welche Vorstellungen hat sie?
Neusetzer: Unsere ADEXA-Fachgruppe ApothekerInnen hat die Leitbild-Frage aufgegriffen und wird sich bei ihrem nächsten Treffen am 22. Juni mit diesem Thema auseinandersetzen. Dem möchte ich nicht vorgreifen, kann aber mit Sicherheit sagen, dass die Fachgruppe Apothekerinnen sehr gerne auch mit der BAK und der ABDA darüber diskutieren und ihre Ideen einbringen würde.
DAZ: Für das neue Leitbild wird die Patienten-orientierte Pharmazie sicher eine große Rolle spielen. Das in der ApBetrO festgeschriebene Medikationsmanagement muss mit Leben gefüllt werden. Wie kann das geschehen? Welche Aufgaben müssen nach Vorstellungen der ADEXA Apotheker übernehmen, welche PTA?
Neusetzer: Laut Apothekenbetriebsordnung sind die Bewertung der Analyse und die Beratung beim Medikationsmanagement den Approbierten vorbehalten. Diese Vorgaben sind klar und eindeutig. Die Erfassung und Bereitstellung von Daten, im Gespräch mit dem Patienten, kann und wird aber in vielen Fällen von PTA durchgeführt werden. Dazu müssen entsprechende Schulungen und Fortbildungen auch für das nichtapprobierte pharmazeutische Personal angeboten werden! Für PTA ist es wichtig, den gesamten Prozess zu kennen und zu verstehen, um ihren Part gut und richtig ausfüllen zu können.
DAZ: Die PTA müssen also eingebunden und fortgebildet werden. Damit sind wir bei der zurzeit viel diskutierten Novellierung der PTA-Ausbildung. Was bedeuten die geänderten Anforderungen für die Ausbildung der PTA?
Neusetzer: Die Anforderungen an die PTA in der Apotheke haben sich in den Jahren seit der letzten Novellierung stark verändert. Ich nenne hier nur die neue Apothekenbetriebsordnung mit erhöhten Qualitätsanforderungen im Bereich Rezeptur, mit Pflicht-QMS und Beratungsverpflichtung. Und der wachsende Fokus auf den Patienten verlangt ein deutliches Mehr an Qualifikation im Bereich der Gesprächsführung: Arzneimittel und Patienten-orientierte Beratung müssen in der Ausbildung verknüpft werden! Die nächste Novellierung muss dies berücksichtigen, und zwar sowohl die schon eingetretenen Veränderungen als auch die antizipierten. Denn sie sollte den PTA-Beruf für einen längeren Zeitraum zukunftsfest machen. Dafür brauchen wir eine von 2 auf 2,5 Jahre verlängerte schulische Ausbildung.
DAZ: Nun müssen zunächst die neuen Anforderungen an die PTA definiert werden. Ist es nicht denkbar, dass Fort- und Weiterbildung reichen, um die PTA hier fit zu machen?
Neusetzer: Neben der Arzneimittelkunde müssen aus unserer Sicht künftig auch Grundlagen der Physiologie, Pathophysiologie und Anatomie gelehrt werden; außerdem Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen (Phytopharmaka, Homöopathie), da diese eine immer größere Rolle im Apothekenalltag ausmachen. Die Kompetenz im Labor muss über Stundenerhöhungen gefestigt werden, Stichwort Ausgangsstoffprüfungen und Qualitätskontrolle bei Defekturen. Die Vermittlung chemischer Grundlagen, um das Defizit aus den allgemeinbildenden Schulen aufzuholen, wird nicht nur von ADEXA, sondern auch von vielen Lehrern gefordert.
An die Herstellung von Arzneimitteln sind durch die neue ApBetrO höhere Anforderungen gestellt, die PTA erfüllen müssen. Wichtige Inkompatibilitäten, Instabilitäten sowie Kenntnisse in der Herstellung spezieller Arzneiformen (Sterilherstellung) müssen einen größeren Anteil innerhalb der Ausbildung bekommen. Auch bei den apothekenüblichen Waren und Dienstleistungen halten wir Stundenerhöhungen für geboten. Und last but not least ist dem Bereich Kommunikation als Grundvoraussetzung für eine Patienten-orientierte Pharmazie genügend Raum zu geben. Dies alles nur über berufsbegleitende Fort- und Weiterbildungen erreichen zu wollen, halten wir für realitätsfern. Schon die Grundlage muss beim Start ins PTA-Praktikum und in den Beruf optimal sein; der stetige fachliche Fortschritt und neue gesetzliche Änderungen sorgen dann trotzdem immer wieder für neuen Lernbedarf. In diesem Zusammenhang ist zu überlegen, inwieweit Fort- und Weiterbildungen künftig auch bei den Tarifverhandlungen eine Rolle spielen sollten – und zwar für alle Berufsgruppen.
DAZ: PTA und Apotheker mit entsprechenden Weiterbildungszertifikaten sollten also höhere Gehälter bekommen. Wie soll sich denn eine verlängerte PTA-Ausbildung im Gehaltstarif auswirken?
Neusetzer: Das gehört in das zukünftig mit den Tarifvertragsparteien zu verhandelnde Gesamtpaket. Gut ausgebildete Fachkräfte sind für die Zukunft der Apotheke nötig und wichtig – und müssen adäquat bezahlt werden. Auch, um als PTA eine Familie ernähren zu können! Ich denke, dass PTA-Schülerinnen gern ein halbes Jahr länger lernen, wenn sie dafür anschließend bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt und in der beruflichen Weiterentwicklung haben. Erwerbsbiografien sind heutzutage nicht mehr so starr wie früher – und das wird sich noch verstärken. Vor diesem Trend dürfen wir auch im Apothekenbereich nicht die Augen verschließen, wenn wir genügend PTA-Nachwuchs haben wollen. Zu den künftigen Herausforderungen gehört auch eine zunehmende Akademisierung von Gesundheits- und Sozialberufen, die von Europa auf Deutschland abfärbt – siehe zum Beispiel die Hebammen. Der BAK-Präsident hat zwar gesagt, dass PTA mit Realschulabschluss auch heute schon Chancen haben zu studieren. Das ist aber ein sehr theoretischer Anspruch; in der Praxis ist dann doch meist noch ein Abitur nötig und die Hürden sind für viele PTA zu hoch. Aber es will ja auch gar nicht jede PTA Pharmazie studieren.
DAZ: Welche Perspektiven soll denn dann der Fachhochschulabschluss bieten?
Neusetzer: Er könnte für Fachhochschulstudiengänge wie Pharmazie- oder Gesundheitsökonomie als langfristige Perspektive interessant sein. Die entsprechenden Grundlagen für ein Fachhochschulstudium schon in der Ausbildung erwerben zu können, macht daher aus unserer Sicht den Ausbildungsgang PTA gerade für motivierte, fitte SchulabgängerInnen attraktiver, die wir in den Apothekenteams gut gebrauchen können. Und gute Arbeitgeber müssen wenig Angst haben, dass ihnen dieser Nachwuchs wieder "stiften geht", wenn sie es verstehen, ihre Mitarbeiter zu motivieren und zu fördern.
DAZ: Eine verlängerte Ausbildung macht nur Sinn, wenn die PTA dadurch auch mehr Kompetenzen erwerben. Welche zusätzlichen Aufgaben sollen sie Ihrer Meinung nach übernehmen? Und welche Perspektiven könnten den PTA mit einem abgeschlossenen Fachhochschulstudium in Apotheken geboten werden? Eine Filialleitung oder eine Vertretungsbefugnis?
Neusetzer: Schon die heutige Apothekenbetriebsordnung erfordert ein Mehr an Qualifikationen und ermöglicht es dem Apothekenleiter, die Kompetenzbereiche für seine PTA individuell festzulegen. Die Apotheke der Zukunft mit einem großen Angebot an pharmazeutischer Betreuung und einem breiten Dienstleistungsangebot wird hier ganz sicher Einsatzbereiche bieten. Mit der besseren und längeren Ausbildung soll aber – und das möchte ich hier betonen – kein Anspruch auf Vertretungsbefugnisse bezweckt werden. In diesem Punkt ist sich die PTA-Fachgruppe von ADEXA seit Langem einig. Allerdings geht es hier um Anerkennung und Wertschätzung ihres für die Apotheke unverzichtbaren und verantwortungsvollen Berufs, das darf nicht unterschätzt werden. Die 45 Jahre alte Formulierung aus den Ursprungszeiten des PTA-Berufs von der "Hilfskraft" zur Unterstützung des Apothekers ist heute absolut obsolet.
DAZ: Frau Neusetzer, wir danken Ihnen für das Gespräch!
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