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ADEXA Info
Der Patient als Individuum
Die Trends sind gegenläufig: Während Pflicht-QMS und wachsende Dokumentationspflichten sowie die schriftliche Beratungsbefugnis für nicht approbiertes pharmazeutisches Personal zu vereinheitlichten Arbeitsabläufen führen, geht die Tendenz bei der Beratung weg vom Schema F hin zum individuellen Patienten: Wen habe ich da ganz konkret vor mir? Mann, Frau oder Kind? Gesund oder mit einer Vorerkrankung?
Thema Reisemedizin
Bei der reisemedizinischen Beratung stellen sich die Fragen: Wohin, wie lange und mit welchem Programm geht es auf die Reise? Wie ist die Konstitution des Betroffenen? Nur dann können Pharmazeuten sinnvolle Beratungsempfehlungen geben – sei es für die homöopathische Reiseapotheke, das geeignete Repellent gegen Mücken oder Zecken oder die Anwendung eines Mittels zur Malariaprophylaxe. Apothekerin Margit Schlenk, Dr. med. Annette Kapaun (Klinische Tropenmedizin, Universität Heidelberg) und Prof. Dr. Stefan Winkler von der Medizinischen Universität Wien waren die Referenten zu diesem fachlichen Teil des Fortbildungstages, bei dem es neben homöopathischen "Reisebegleitern" um wichtige tropische Infektionskrankheiten ging. Mehr dazu unter www.adexa-online.de und Ende Juni im Spektrum 3/13.
Apotheke(r) der Zukunft
Den Auftakt zur Podiumsdiskussion über die Apotheke der Zukunft bildeten erste Ergebnisse einer Online-Umfrage von ADEXA zum Praxisbezug des Pharmaziestudiums: Nur neun Prozent der Befragten waren der Meinung, dass sie im Studium ausreichend auf die Arbeit in der öffentlichen Apotheke vorbereitet wurden. Insbesondere wurde das Fehlen von Apothekenpraxis, Kommunikation, Betriebswirtschaft und Personalführung bemängelt. Auch der begleitende Unterricht bekommt keine guten Noten: 28 Prozent der Befragten finden, dass die Veranstaltungen nicht auf den Apothekenalltag vorbereiten; als "gut und praxisnah" bewerteten sie nur jede/r Zehnte.
Dazu Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK): "Die Ergebnisse überraschen mich nicht." Praxisnähe sei "immer gut", und fallbezogenes Lernen werde schon an manchen Unis eingesetzt. Allerdings seien auch die hohen Freiheitsgrade nach der Approbation positiv, wie sie das aktuelle Pharmaziestudium biete.
Maike Hoffmann, Pharmaziestudierende und BPhD-Vertreterin aus Halle, fehlt ebenfalls die Vorbereitung auf die Praxis. Auch seien erst an der Hälfte der Standorte Professuren für Klinische Pharmazie eingerichtet. Lisa Voggenberger, Studentenvertreterin aus Graz, bestätigte dieses Bild auch für ihren Studienstandort. Sowohl Professoren als auch Absolventen bestätigten, dass man als Berufsanfänger noch einmal von Null anfangen müsse.
Der österreichische Kammerpräsident Mag. pharm. Max Wellan vertrat sogar die These, das Pharmaziestudium müsse "inhaltlich komplett umgestrickt werden". Die Zukunft der österreichischen Pharmazie will er allerdings nicht durch Revolution, sondern in kleinen Schritten sichern. Dazu gehören drei Ziele:
"Neue Medien helfen alten Menschen, gesund zu bleiben." Dazu zählt auch eine Kolumne fürs Smartphone, die Wellan selbst als Ap(p)otheker schreibt.
"Das Medikationsmanagement" – hier wird u. a. die in Österreich für 2016 eingeplante eCard unterstützend sein.
"Individualisierte Beratung und Pharmakogenetik", das heißt: Pharmazeuten müssen sich der Tatsache stellen, dass Menschen aufgrund ihrer Erbanlagen unterschiedlich auf denselben Wirkstoff reagieren können.
Was ist mit den Gehältern?
Angestellte Apotheker werden nicht fürstlich bezahlt, konstatierte Moderator Dr. Benjamin Wessinger und wollte von Kiefer wissen, ob sich die aktuellen, positiven Entwicklungen in der Apothekenhonorierung auf die Gehälter auswirken werden. "Das muss so sein!", lautete die Antwort des BAK-Präsidenten, die vom Publikum mit Beifall aufgenommen wurde. Allerdings werde er keinen Einfluss auf die autonomen Tarifparteien ausüben.
Das von seinem österreichischen Kollegen vorgestellte Prinzip der Gehaltskasse, die die angestellten Apotheker aus einer altersunabhängigen pauschalen Umlage der Apothekeninhaber bezahlt, fand Kiefer zwar interessant und "gerecht", aber für Deutschland aus historischen Gründen nicht umsetzbar. "Das System der Tarifvertragsparteien ist auch gut."
Maike Hoffmann wies darauf hin, dass in Österreich die Aspiranten, die den deutschen Pharmazeuten im Praktikum entsprechen, eine deutlich höhere Vergütung bekommen.
News aus Nepal und Brüssel
Abgerundet wurde das Programm des Erlebnis- und Gewerkschaftstages mit einem Vortrag von Dr. Reinhard Behm über den Einsatz von "Apotheker ohne Grenzen" in Nepal sowie einem Kurzbericht von Mathias Maucher über die Arbeit des Europäischen Gewerkschaftsverbandes für den Öffentlichen Dienst in Brüssel.
Dr. Sigrid Joachimsthaler
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