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Arzneimittel und Therapie
Neue Therapieoption für Dialysepatienten
Eine Niereninsuffizienz verläuft meist schleichend und über Jahre voranschreitend. Zu Beginn (Stadium 1 und 2) kann die Nierenschädigung in der Regel noch durch die Restfunktion der Niere kompensiert werden. Ab Stadium 3 reichern sich harnpflichtige Substanzen im Blut an, dennoch ist die klinische Symptomatik weiterhin nicht auffällig (kompensierte Retention). Ab Stadium 4 kann es dann zu erheblichen Beeinträchtigungen und einer ausgeprägten Symptomatik kommen, verbunden mit Oligurie, Anämie und Azidose, auch Störungen des Mineralhaushalts und eine renale Osteodystrophie sind möglich. Im Stadium 5 kommt es häufig zur Dialysepflicht, die mit einer verringerten Phosphatausscheidung einhergeht, der Phosphatspiegel im Blut steigt und damit auch das Risiko beispielsweise für einen sekundären Hyperparathyreoidismus oder kardiovaskuläre Kalzifizierungen. Mit Phosphatbindern lässt sich der Spiegel senken. Im Handel befindliche Phosphatbinder sind Aluminiumhydroxid (Anti-Phosphat®) und Calciumcarbonat (z. B. Calcium-Carbonat Salmon Pharma®, Calcium-Phosphatbinder Bichsel®) sowie Calciumacetat (z. B. Calciumacetat-Nefro®, Calcet®), und die Aluminium- und Calcium-freien Alternativen Lanthancarbonat (Fosrenol®), Sevelamerchlorid (Renagel®) Sevelamercarbonat (Renvela®). Laut Arzneiverordnungsreport 2012 wurden 2011 von Fosrenol® 2,0 Millionen definierte Tagesdosen (DDD) verordnet, von Renagel® 1,3 sowie von Renvela® 1,1 Millionen DDD.
Der neue Phosphatbinder Colestilan ist ein nicht metallisches nicht resorbierbares phosphatbindendes Polymer, das als Ionenaustauscherharz wirkt. Als ein Calcium-freies Polymer soll es eine Hyperphosphatämie bei Hämodialysepatienten korrigieren, ohne die Calciumablagerungen in den Gefäßen zu fördern. Das Ionenaustauscherharz senkt den Serumphosphat-Spiegel, indem es Phosphorsäure im Magen-Darm-Trakt bindet, die dann mit den Fäzes ausgeschieden wird. Die Bindungsstelle wird dabei im Magen partiell protoniert und interagiert durch ionische Bindung und Wasserstoffbrückenbindung mit Phosphatanionen aus der Nahrung und mit Gallensäuren im Duodenum.
Durch die Bindung von Phosphat aus der Nahrung im Verdauungstrakt senkt es die Phosphatkonzentration im Serum. Colestilan bindet außerdem Gallensäuren und senkt dadurch die LDL-Cholesterinkonzentration im Serum, außerdem kann es Harnsäure im Gastrointestinaltrakt binden.
Dreimal tägliche Einnahme
Colestilan wird nach der Einnahme nicht aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert. Die empfohlene Anfangsdosis beträgt 6 bis 9 g pro Tag (2 bis 3 g dreimal täglich). Die tägliche Dosis sollte in drei gleichmäßig aufgeteilten Dosen mit oder unmittelbar nach den Mahlzeiten mit einer ausreichenden Menge Wasser eingenommen werden. Die Dosis kann um 3 g pro Tag (1 g dreimal täglich) in Intervallen von zwei bis drei Wochen erhöht werden. Die maximale Tagesdosis, die in klinischen Studien untersucht wurde, betrug 15 g (5 g dreimal täglich).
Die Aufteilung der täglichen Dosis kann unter Berücksichtigung der Phosphataufnahme durch die Ernährung angepasst werden. Die Patienten sollten eine phosphatarme Ernährung einhalten.
Gastrointestinale Nebenwirkungen
Rund 30% der Patienten erlebten in den klinischen Studien mindestens eine Nebenwirkung. Die schwerwiegendsten Nebenwirkungen waren gastrointestinale Blutung (gelegentlich) und Obstipation (häufig). Die häufigsten Nebenwirkungen waren Übelkeit, Dyspepsie und Erbrechen (alle häufig). Die Häufigkeit der Nebenwirkungen nahm mit der Dosis zu.
Bei der Behandlung von Patienten mit Erkrankungen, die für eine gastrointestinale Blutung prädisponieren, ist Vorsicht geboten. Bei Patienten mit Dysphagie oder Schluckstörungen, schweren gastrointestinalen Erkrankungen, Gallenobstruktion, schwerer Leberfunktionsstörung, Krampfleiden, vor kurzem abgelaufener Peritonitis bei Patienten unter Peritonealdialyse sowie einem Serumalbumin von unter 30 g/l wird die Anwendung von Colestilan nicht empfohlen.
Obstipierte Patienten sollten während der Behandlung mit Colestilan sorgfältig überwacht werden. Bei Patienten, die eine schwere Obstipation oder andere schwere gastrointestinale Symptome entwickeln, muss eventuell eine alternative Behandlung erwogen werden. Bei einer Darmobstruktion ist Colestilan kontraindiziert.
Beeinträchtigte Resorption von Arzneistoffen und Vitaminen
Colestilan wird nicht aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert, kann jedoch die Bioverfügbarkeit oder Resorptionsrate anderer Arzneimittel beeinflussen. Ein Arzneimittel, bei dem eine Reduktion der Bioverfügbarkeit eine klinisch relevante Auswirkung auf die Sicherheit oder Wirksamkeit haben könnte, sollte mindestens eine Stunde vor oder drei Stunden nach Colestilan eingenommen werden.
Die gleichzeitige Behandlung mit Arzneimitteln mit einem engen therapeutischen Fenster erfordert bei Beginn oder Anpassung der Dosierung von Colestilan oder dem gleichzeitig gegebenen Arzneimittel eine enge Überwachung der Wirkstoffkonzentrationen oder Nebenwirkungen.
Bei der Behandlung von Patienten mit Anfälligkeit für einen Mangel an Vitamin K oder an fettlöslichen Vitaminen, wie Patienten mit Malabsorptionssyndromen und mit Cumarin-Antikoagulanzien behandelte Patienten (z. B. Warfarin), ist Vorsicht geboten. Bei diesen Patienten wird eine Überwachung der Konzentrationen von Vitamin A, D und E und eine Bewertung des Vitamin-K-Status durch Messung der Gerinnungsparameter empfohlen; die Vitamine sollten falls erforderlich ergänzt werden. Die Resorption von Folsäure im Darm kann durch die Langzeitbehandlung mit Colestilan beeinträchtigt werden. Bei diesen Patienten sollten die Überwachung des Folsäurestatus im Serum und die Ergänzung mit Folsäure erwogen werden.
Cave Levothyroxin
Aufgrund des hohen In-vitro-Bindungspotenzials zwischen Colestilan und Levothyroxin wird bei gemeinsamer Einnahme eine enge Überwachung der Thyreotropin-Spiegel (TSH) empfohlen. Bei der Anwendung von Colestilan bei Patienten unter Immunsuppressiva ist Vorsicht geboten, ebenso bei der Anwendung bei Patienten unter Arzneimitteln zur Bekämpfung von Krampfanfällen.
QuelleFachinformation zu BindRen®, Stand März 2013.Schwabe U, Paffrath D (Hrsg.). Arzneiverordnungsreport 2012. Springer Medizin Verlag Berlin, Heidelberg 2012.
hel
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