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- DAZ 17/2013
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Arzneimittel und Therapie
Chemotherapie-induzierte Polyneuropathie gelindert
Zahlreiche Zytostatika führen dosisabhängig zu einer peripheren Neuropathie, die sich in Schmerzen, Taubheitsgefühl oder Missempfindungen an Händen und Füßen äußern kann. Diese Beschwerden sind in der Regel passager, bis eine Besserung eintritt können aber Monate oder Jahre vergehen – eine Zeit, in der die Lebensqualität der Betroffenen eingeschränkt ist. Neurotoxische Nebenwirkungen gelten in der Onkologie heute als ein wichtiger dosislimitierender Faktor. Im Gegensatz zu hämatologischen Nebenwirkungen, die mit hämatopoetischen Wachstumsfaktoren behandelt werden können, gibt es derzeit keine Behandlungsmöglichkeiten oder Präventivmaßnahmen. Dass die Therapie einer Chemotherapie-induzierten Neuropathie schwierig ist, zeigt sich auch daran, dass die meisten randomisierten Studien, in denen unterschiedliche Wirkstoffe eingesetzt wurden, zu keinem positiven Ergebnis geführt haben. Wichtig ist, dass nicht alle Zytostatika toxische Neuropathien verursachen (siehe Kasten "Zytostatika mit hohem neurotoxischem Potenzial"). Eine durch Chemotherapien induzierte toxische Neuropathie tritt meist nach mehreren Chemotherapiezyklen auf, wobei oft eine kumulative Dosis ermittelt werden konnte. Als eine wirksame Maßnahme gilt daher die genaue Beachtung der kumulativen Dosen. Da der duale Wiederaufnahme-Hemmer Duloxetin Schmerzen bei einer diabetischen Polyneuropathie lindern kann, wurde seine Wirksamkeit bei der Zytostatika-induzierten Neuropathie untersucht.
Zytostatika mit hohem neurotoxischem Potenzial
Etwa 20 bis 40% der Patienten, die mit diesen Zytostatika behandelt werden, entwickeln eine schmerzhafte periphere Neuropathie. |
Studie mit Cross-over-Design
An der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie mit Cross-over-Design nahmen 231 Patienten teil, die aufgrund einer Taxan- oder Oxaliplatin-haltigen Chemotherapie eine schmerzhafte sensorische Neuropathie entwickelt hatten. Sie wurden zwei Gruppen zugeteilt und erhielten entweder
- zuerst Verum (eine Woche lang einmal täglich 30 mg Duloxetin, dann eine vierwöchige Gabe von zweimal täglich 30 mg Duloxetin, gefolgt von einer zweiwöchigen Auswaschphase und dann die Placebo-Therapie (eine Woche lang einmal täglich ein Placebo, dann vier Wochen lang zweimal täglich Placebo) oder
- zuerst die Placebo-Gabe und dann die Therapie mit Duloxetin.
Der primäre Studienendpunkt umfasste die Veränderung der mittleren Schmerzbelastung am Ende der ersten Behandlungsperiode sowie die Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Die Schmerzintensität wurde mithilfe einer Skala beurteilt, wobei der Wert 0 für keine Schmerzen und der Wert 10 für die stärksten Schmerzen stand. Weitere Studienendpunkte umfassten unter anderem die Lebensqualität sowie unerwünschte Wirkungen.
DuloxetinDuloxetin ist ein kombinierter Serotonin-(5-HT-) und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, der auch eine geringe Wiederaufnahmehemmung von Dopamin ohne signifikante Affinität für histaminerge, dopaminerge, cholinerge und adrenerge Rezeptoren zeigt. Duloxetin ist als Yentreve® zugelassen zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Belastungsinkontinenz von Frauen. Als Cymbalta® ist es zugelassen zur Behandlung von depressiven Erkrankungen (Major Depression), zur Behandlung von Schmerzen bei diabetischer Polyneuropathie sowie zur Behandlung der generalisierten Angststörung. |
Unter der Verum-Gabe erfuhren 59% der Probanden eine Linderung ihrer Beschwerden. In der Placebo-Gruppe berichteten 38% über eine Besserung. Numerisch gingen die Beschwerden auf der 10-Punkte-Skala unter der Verum-Gabe um 1,06 Punkte, unter der Placebo-Therapie um 0,34 Punkte zurück. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen war statistisch nicht signifikant. Allerdings brachen 11% der mit Duloxetin behandelten Patienten die Therapie aufgrund unerwünschter Wirkungen ab (vs. 1% in der Placebo-Gruppe). Eine weitere Analyse zeigte, dass vor allem Patienten, deren Neuropathie durch eine Oxaliplatin-haltige Chemotherapie verursacht wurde, von der Duloxetin-Gabe profitieren.
QuelleSmith E, et al. Effect of duloxetine on pain, function, and quality of life among patients with chemotherapy-induced painful peripheral neuropathy, J Am Med Assoc (2013) 309, 1359 – 1367.
Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
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