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Interpharm 2013
Setzen Sie auf Antibiotika, Probiotika und Aufklärung
Die wichtigste Dysbiose der Vaginalflora der fortpflanzungsfähigen Frau ist die bakterielle Vaginose. Treffen drei der vier "Amsel-Kriterien" – grau-weißer Fluor, pH über 4,5, positiver Amintest, > 20% Schlüsselzellen im Nativpräparat – zu, kann die Diagnose gestellt werden. Eine Erreger- und Resistenz-Testung ist dagegen nicht indiziert, so Mendling. Denn dann erfolge meist die Behandlung von Laborbefunden.
Die leitliniengerechte Therapie setzt auf Antibiotika. Metronidazol kann oral oder auch vaginal appliziert werden. "Beides ist ähnlich gut", so Mendling. Möglich ist auch intravaginales Clindamycin Gel oder Nifuratel. Probleme bereitet allerdings die hohe Rezidivrate: Nach drei Monaten liegt sie bereits bei über 30%, nach sechs Monaten über 65%. Der Grund ist ein polymikrobieller adhärenter Biofilm am Vaginalpithel, gebildet von vaginaltypischen Bakterien wie Gardnerella vaginalis oder Atopobium vaginae. Dieser Biofilm ist mit keinem Standard-Antibiotikum zu beseitigen. Zur Rezidivprophylaxe können über mehrere Wochen Laktobazillen vaginal oder oral täglich oder zweimal pro Woche sowie nach jedem Geschlechtsverkehr gegeben werden. Damit lässt sich die Rezidivrate etwa halbieren. Zur Unterstützung können auch ansäuernde Vaginalia gegeben werden.
"Aerobe Vaginitis": Starke Immunreaktion
Ein seltenes, aber problematisches Krankheitsbild, das von der bakteriellen Vaginose abgegrenzt werden muss, ist die "aerobe Vaginitis". Im Gegensatz zur bakteriellen Vaginose geht sie mit einer starken Immunreaktion einher. Es kommt zur Inflammation mit einem Anstieg der Interleukine 1, 6 und 8. Als Erreger können unter anderem Aerobier und B-Streptokokken nachgewiesen werden. Ein bakterieller Biofilm wird nicht gebildet. Als mögliche Ursache wird ein Vitamin-D-Mangel diskutiert. Bislang sind alle Therapien unbefriedigend.
Sexuell übertragbar: Trichomonaden, Gonokokken, Chlamydien
Während bei der bakteriellen Vaginose eine simultane Partnerbehandlung nicht indiziert ist, ist sie bei einer Trichomonadeninfektion zwingend erforderlich. Behandelt wird oral mit Metronidazol oder Nifuratel. Zur Rezidivprophylaxe wird eine Laktobazillus-Vakzine empfohlen. Gonokokken- oder Chlamydieninfektionen können zu Zervizitis und Salpingitis führen. Eine Coinfektion ist möglich. Bei einem Gonokokkeninfekt war Ceftriaxon bislang Mittel der Wahl. Aufgrund des Auftretens multiresistenter Gonokokken wird inzwischen eine Kombinationstherapie mit Azithromycin empfohlen.
Hoher Aufklärungsbedarf …
… besteht bei Jugendlichen über Chlamydieninfektionen und deren Folgen. Dies zeigt eine Umfrage bei 266 Berliner Schülerinnen im Alter unter 18 Jahren. 90% wussten nicht, dass Infektionen unerkannt persistieren können. 83% hatten noch nie etwas von Chlamydien gehört. 87% hatten keine Ahnung davon, dass die Infektion eine Sterilität nach sich ziehen kann. Auch über die Häufigkeit der Infektion bei Jugendlichen wusste kaum ein Mädchen Bescheid. Dabei trifft es die 18- bis 24-Jährigen am häufigsten mit einer Prävalenz zwischen 6 und 12%. Bei etwa 10% der Infizierten kommt es in der Folge zu einer Zervix-Infektion, die bei wiederum 10% zur Salpingitis aszendiert. 10 bis 15% dieser Frauen werden steril, ähnlich viele entwickeln chronisch rezidivierende Unterbauchbeschwerden. Und: Das Risiko einer Frühgeburt ist bei einer Chlamydieninfektion signifikant erhöht.
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"Interpharm 2013 – Eine Patienten-orientierte Interpharm"
DAZ 2013, Nr. 13, S. 38
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