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Interpharm 2013
Rationale Selbstmedikation für Schwangere
Zur Linderung von Alltagsbeschwerden suchen schwangere Frauen häufig Hilfe in der Apotheke. Im Beratungsgespräch müssen zuerst Schwere und Art der Beschwerden geklärt werden. Lassen die geschilderten Symptome eine ernsthafte Erkrankung vermuten, wird der Frau nahegelegt, ihren Arzt aufzusuchen. Deuten die Beschwerden auf ein Alltagsleiden hin, kann eine Beratung in der Apotheke erfolgen. Das heißt, nicht jeder schwangeren Patientin muss reflexartig zu einem Arztbesuch geraten werden. Die Kunst besteht nun darin, die Grenzen der Selbstmedikation zu erkennen und die richtige Therapie für die Behandlung von Alltagsbeschwerden auszuwählen. Zur Abgrenzung ernsthafter Erkrankungen von Alltagsbeschwerden bieten sich je nach Krankheitsbild verschiedene Leitlinien an. Lennecke verwies in diesem Zusammenhang auf die Leitlinie der Bundesapothekerkammer zur Selbstmedikation oder auf die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) hin. Wurden die geschilderten Symptome als Alltagsleiden eingestuft, erfolgt die Auswahl eines geeigneten Arzneimittels. Auch hier muss auf verschiedene Informationsquellen zurückgegriffen werden, da die Formulierungen der meisten Packungsbeilagen den Eindruck erwecken, eine Anwendung des Medikaments während der Schwangerschaft sei nicht angezeigt. Bessere Informationen lassen sich in entsprechenden Fachbüchern oder in der Datenbank des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie (www.embryotox.de) finden.
Erkältung mit Halsschmerzen und Husten
Zur Linderung erkältungsbedingter Symptome kann auf medikamentöse und nicht-medikamentöse Maßnahmen zurückgegriffen werden. Eine Hilfestellung zur Beratung bieten die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Sie rät von Halsschmerztabletten, Rachensprays oder Gurgellösungen ab und empfiehlt zur Linderung von Halsschmerzen das Gurgeln mit Salzwasser oder Kamillen- oder Salbeitee sowie das Lutschen von Salbeibonbons. Ferner sollte auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden. Bei Bedarf ist der kurzfristige Einsatz abschwellender Nasentropfen mit Xylometazolin sinnvoll. Zur Linderung von Schmerzen kommen Paracetamol oder Ibuprofen infrage. Zur Linderung eines quälenden Reizhustens kann Dextromethorphan in allen Phasen der Schwangerschaft eingesetzt werden. Bei fest sitzendem Husten können Ambroxol oder Acetylcystein empfohlen werden. Für pflanzliche Hustenmittel wie etwa Efeu oder Thymian ist die Datenlage wenig aussagekräftig, so dass sie in "Embryotox" nicht empfohlen werden. Lennecke wies in diesem Zusammenhang auf die Problematik pflanzlicher Arzneimittel hin, die in der Regel vom Anwender als "natürlich" und deshalb ungefährlich eingestuft werden, für die es aber meist nur unzureichende Erfahrungen gibt. Daher sollten Phytopharmaka während der Schwangerschaft sehr zurückhaltend eingesetzt werden, uterusstimulierende Drogen wie z. B. Mönchspfeffer oder Pyrrolizidin-haltige Pflanzen wie etwa Beinwell, Borretsch oder Huflattich sind kontraindiziert. Für homöopathische Mittel liegen keine Risikobewertungen vor, hochwirksame Mittel wie etwa Atropin oder Aconitin in niedrigen Potenzen sollten nicht eingesetzt werden.
Kopfschmerzen
Kopfschmerzen treten häufig im ersten Trimenon auf und sind meist auf physiologische Anpassungsvorgänge cerebraler Blutgefäße zurückzuführen. Kopfschmerzen im zweiten oder dritten Trimenon sind seltener und sollten hinterfragt werden. Mittel der Wahl ist Paracetamol, das in jeder Phase der Schwangerschaft eingesetzt werden kann. Bis zur 28. Schwangerschaftswoche können auch Ibuprofen, Diclofenac oder Acetylsalicylsäure gegeben werden. Ihre Anwendungsbeschränkung auf das erste und zweite Trimenon gilt auch für die lokale Applikation. Alternativ können Hausmittel wie das Bestreichen der Schläfen mit Pfefferminzöl oder Coffein (etwa drei Tassen Kaffee pro Tag) empfohlen werden. Klagt die Schwangere über Migräne, die nicht mit Paracetamol ausreichend gelindert wird, können Triptane eingesetzt werden. Da die meisten Erfahrungen mit dem verschreibungspflichtigen Sumatriptan vorliegen, sollte die Patientin zum Arzt geschickt werden.
Magen-Darm-Beschwerden
Die ersten Anzeichen einer Schwangerschaft äußern sich häufig in Übelkeit und Erbrechen, die je nach Ausmaß nicht medikamentös oder medikamentös behandelt werden (siehe Kasten). Zur Linderung von Sodbrennen können Magaldrat oder Hydrotalcit eingesetzt werden, für die laut "Embryotox" hohe Erfahrungswerte vorliegen. Keine Einträge finden sich hingegen für Calciumcarbonat-Magnesiumcarbonat (Rennie®) oder Gaviscon®. Ranitidin und Omeprazol werden ebenfalls als sicher bewertet und können eingesetzt werden, wenn Antazida nicht mehr helfen. Klagt die Schwangere über Durchfall, ist neben diätetischen Maßnahmen auf einen ausreichenden Elektrolytersatz (z. B. Elotrans®) zu achten. Neben medizinischer Kohle ist auch die kurzfristige Einnahme von Loperamid möglich. Bei Verstopfung können Füll- und Quellmittel sowie Lactulose oder Macrogol empfohlen werden. Dasselbe gilt für stuhlaufweichende Zäpfchen und für die kurzfristige Anwendung von Bisacodyl. Von der Einnahme Anthrachinon-haltiger Mittel, Rizinus- oder Paraffinöl ist abzuraten. Bei Blähungen kann Dimethicon eingesetzt werden.
Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaftleichte Beschwerden
starke Beschwerden
sehr starke Beschwerden (Hyperemesis gravidarum)
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Arzneimitteleinnahme dokumentieren!
Es ist sinnvoll, alle Medikamente, die während der Schwangerschaft eingenommen werden, zu dokumentieren. Dies weckt zum einen das Bewusstsein der Patientin für eine Medikamenteneinnahme und die damit verbundene Verantwortung für sich und das werdende Kind und ermöglicht zum anderen eine Auflistung der eingenommenen Medikamente. Entsprechende Arzneimittelpässe können zum Beispiel vom deutschen grünen Kreuz bezogen werden (Arzneimittelpass für Schwangerschaft und Stillzeit).
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"Interpharm 2013 – Eine Patienten-orientierte Interpharm"
DAZ 2013, Nr. 13, S. 44
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