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Medikationsmanagement honorieren!
Der BVKA hat vor gut zwei Jahren in seiner Bad Homburger Erklärung bereits eine Rechnung aufgemacht: Eine Apotheke könnte das Medikationsmanagement je nach Umfang für 242 bis 322 Euro pro Heimbewohner und Jahr erbringen. In der Summe inbegriffen sind 3,50 Euro für einen wöchentlich bereitgestellten Blister. Dies sei kostendeckend, aber nicht gewinnbringend, so Steinweg. Einzelne Krankenkassen zahlten den Heimen für das Stellen von Arzneimitteln weitaus mehr – bis zu knapp 600 Euro. Für Steinweg ist es unerklärlich: "Warum gibt es für schlechtere Qualität mehr Geld?". Er fordert daher knapp: "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!"
Verblistern als unzulässige Zuwendung
Auch aus juristischer Sicht spricht viel dafür, dass das Verblistern nicht länger als kostenloser Service gelten sollte. Rechtsanwalt Dr. Ulrich Grau von der Berliner Kanzlei Dierks+Bohle, legte dar, dass sich ein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG gut begründen ließe. Nach dieser Norm ist es "unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Dienstleistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen […]." Als "Werbegabe", so Grau, zählten auch Dienstleistungen – eine kostenlose Verblisterung sei hiernach eine unentgeltliche Dienstleistung. Auch das Landgericht Leipzig hat im Jahr 2000 (Az.: 06 HK O 42/2000) das kostenlose Verblistern bereits als verbotene Zugabe i.S.d. § 7 HWG gesehen. Es gehe über die geschuldete Beratung hinaus und sei keine handelsübliche Nebenleistung. Vielmehr verursache das Verblistern einen nicht unerheblichen Aufwand, der bei wirtschaftlicher Betrachtung vernünftigerweise nur gegen ein zusätzliches Entgelt erbracht werde. Somit könnte ein Apotheker, der ohne Entgelt verblistert, wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden – ebenso das Heim. Bislang ist Grau eine solche Abmahnung allerdings nicht bekannt. Notwendig wäre also eine "marktübliche Honorierung" für das Verblistern. Wie hoch diese ist, ist nicht klar zu beantworten. Auf jeden Fall, so Grau, dürfe sie nicht niedriger liegen, als die Kosten, die der Apotheke tatsächlich entstehen.
Bei der ABDA hat man hierzu eine übrigens andere Auffassung. Lutz Tisch, Geschäftsführer Recht, der die BVKA-Veranstalter als Zuhörer verfolgte, sieht hier jedenfalls keine "Unterlassungssünden". Das Outsourcing von Leistungen sei in Heimen ein völlig normales Marktgeschehen. Dies geschehe etwa auch bei der Wäschereinigung, so Tisch. Doch sollte das Heim diese der Kasse in Rechnung stellen? Wenn jemand eine Leistung wie das Verblistern kostenlos erbringe, sei das jedenfalls zunächst einmal kein Problem der Standesvertretung oder der Krankenkassen, erklärte Tisch.
Stellen: für Heime erlaubnispflichtig
Einen weiteren juristischen Aspekt zeigte Rechtsanwältin Dr. Sabine Wesser auf. Sie sieht einen Wertungswiderspruch darin, dass mit den Vorgaben der neuen Apothekenbetriebsordnung (§ 34) das patientenindividuelle Stellen von Arzneimittel in der Apotheke besonderen räumlichen, personellen und qualitätssichernden Anforderungen unterliegt, während es für Heime keine solche konkreten Vorgaben gibt. Sie löst diesen Widerspruch rechtlich schlüssig und elegant: Das patientenindividuelle Stellen von Arzneimittel durch berufs- oder gewerbsmäßig handelnde Pflegekräfte bedürfe einer Herstellungserlaubnis nach dem Arzneimittelgesetz (§ 13 Abs. 1). Begrifflich lasse sich das patientenindividuelle Stellen als "Herstellen" im Sinne des Arzneimittelrechts verstehen. Und dieses ist nur in Ausnahmefällen – die hier nicht vorliegen – von der grundsätzlichen Erlaubnispflicht befreit. Die Länder-Arbeitsgruppe Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen (AATB) hat hierzu zwar offenbar eine andere Auffassung – doch weder begründet sie diese, noch haben ihre Empfehlungen Gesetzes- oder Verordnungskraft.
Auf der Suche nach Verbündeten
Für den BVKA ist am Ende vor allem wichtig, dass es zu einer vernünftigen Honorierung der heimversorgenden Apotheker kommt. Nicht zuletzt angesichts der ablehnenden Haltung der ABDA und der Politik (siehe DAZ 2013, Nr. 12, S. 56) gegenüber einer Vergütung für das Verblistern selbst, betonte der BVKA-Vorsitzende Dr. Klaus Peterseim erneut, dass auch für seinen Verband das Medikationsmanagement im Vordergrund stehe. Und für dieses würde er sich eine Art Gebührenordnung wünschen. Peterseim fürchtet, dass "ohne ordnendes Eingreifen bei den Preisvereinbarungen der Apotheken mit den Kassen ein Wildwuchs an den Apotheken vorbei droht, wenn die Heime nach neuen Lösungen suchen." Für seine Anliegen will der BVKA nun Verbündete finden. Man werde weiter das Gespräch mit dem DAV und der ABDA suchen, so Peterseim, aber auch mit den Verbänden der Pflegeträger. Nicht zuletzt will der BVKA weiterhin den industriellen Verblisterern die Stirn bieten. Die Standesvertretung der Apotheker habe sich mit der Honorierungsfrage wohl auch deshalb so lange nicht befasst, weil sie den Markt für diese Groß-Verblisterer nicht öffnen wollten. Gleichwohl habe sie nicht verhindern können, dass die Politik in den vergangenen Jahren auf Betreiben industrieller Verblisterer immer neue arzneimittelrechtliche Ausnahmeregelungen geschaffen habe. Steinweg forderte daher ABDA und DAV auf, "die Blockadehaltung aufzugeben und den industriellen Blisterzentren nicht das gesundheitspolitische Feld zu überlassen sowie die Gefahr direkter Verträge zwischen Kostenträgern und Blisterzentren heraufzubeschwören."
Zum WeiterlesenLesen Sie hierzu auch unseren Bericht zum Vortrag von Prof. Dr. Hilko Meyer zum Verblistern und Medikationsmanagement vom ApothekenRechtsTag (DAZ 2013, Nr. 12, S. 40). |
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