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Interpharm 2013
Hinwendung zur Patienten-orientierten Pharmazie ist unabdingbar
In den letzten Jahren hat sich das Berufsbild des Apothekers auf der ganzen Welt stark verändert. Während früher die Abgabe und Qualität des Arzneimittels im Mittelpunkt der pharmazeutischen Tätigkeiten standen, rückt heute das Berufskonzept von Pharmaceutical Care immer mehr in den Vordergrund. Der Wandel des Berufsbilds vollzieht sich in verschiedenen Ländern allerdings mit unterschiedlicher Geschwindigkeit.
Deutschland Schlusslicht in Europa
Während die Patienten-orientierte Pharmazie in den USA heute der Mittelpunkt des pharmazeutischen Berufsalltags ist und auch in die akademische Ausbildung Eingang gefunden hat, hat Deutschland hier noch viel aufzuholen. Professor Derendorf verdeutlichte dies an der Situation der deutschen Krankenhausapotheker. Basierend auf dem Tätigkeitsschwerpunkt Herstellung, Einkauf und Abgabe gibt man sich hierzulande mit 0,3 Apothekern pro 100 Patienten zufrieden und bildet damit das Schlusslicht in Europa. In den USA und vielen anderen Ländern sind Apotheker bereits für alle Arzneimitteltherapie-Fragen zuständig und gehen mit dem behandelnden Arzt auf Stations-Visiten. So sind beispielsweise am Shands Hospital der University of Florida mit etwa 750 Betten über 70 Klinikapotheker tätig. Durch die neue Ausrichtung hat sich nicht nur der Bedarf an Apothekern, sondern auch die Attraktivität des Apotheker-Berufs in den USA beträchtlich erhöht.
MTM rechnet sich
Dass die Qualität der heutigen Arzneimitteltherapie in vielen Punkten suboptimal ist, ist ein offenes Geheimnis. So könnte im Bereich der Vermeidung von Wechselwirkungen und Therapiefehlern erheblich mehr getan werden. Dies trifft vor allem auf ältere Patientengruppen zu, die häufig eine große Zahl von Medikamenten einnehmen. Zudem führt ein effektives Medikationstherapiemanagement (MTM), ob ambulant oder stationär, nicht nur zu erheblich weniger unerwünschten Effekten. Gleichzeitig senkt MTM signifikant die Gesamttherapiekosten durch Vermeidung unnötiger Krankenhausaufenthalte und anderer Sekundärkosten. Diese könnten dann wiederum, unter anderem, in die Vergütung der Apotheker für diese Zusatzleistungen investiert werden. Die amerikanische gesetzliche Krankenversicherung Medicare schreibt das MTM für Patienten mit mehr als fünf Arzneimittelverordnungen sogar bereits vor. Es wird von den Kassen vergütet, und mehrere Studien haben bereits gezeigt, dass der Ansatz sich rechnet.
Zeitrahmen der ABDA zu groß
Genau hier sollte aus Derendorfs Sicht der gesellschaftliche Beitrag der Apotheker auch in Deutschland angesiedelt sein. Um die Funktionen kompetent auszuüben, ist allerdings eine entsprechende Aus- und Fortbildung Voraussetzung, und gerade hier besteht noch großer Nachholbedarf.
Zwar hat die erweiterte Apothekerfunktion zur Entwicklung des Fachgebietes Klinische Pharmazie geführt, aber nun gilt es, wie Derendorf meint, diesen Weg zügig weiter zu beschreiten. Er appellierte daher dringend an die pharmazeutischen Hochschulinstitute und die Standesorganisationen, ein geeignetes Ausbildungskonzept zu erarbeiten, das diesen Ansprüchen gerecht wird, und das Spektrum der Hochschulpharmazie von der reinen Naturwissenschaft auf andere wissenschaftliche Bereiche zu erweitern. So ist für ihn eine gute Ausbildung beispielsweise in den Bereichen Kommunikation, Pharmakoepidemiologie und Pharmakoökonomie für einen modernen Apotheker unerlässlich.
Derendorf begrüßt vor diesem Hintergrund das von der ABDA angestrebte neue Patienten-orientierte Leitbild, hält allerdings den Zeitrahmen für die Umsetzung für viel zu groß.
Die POP-GruppeDAZ-Leser kennen und schätzen die unter Federführung von Professor Derendorf initiierte Serie "Klinische Pharmazie – POP". Anhand von Fallbeispielen können Apothekerinnen und Apotheker ihr Wissen zu allen Fragen der pharmazeutischen Betreuung erweitern und Einblicke ins Medication Therapy Management (MTM) erhalten. Die Serie wurde im April des letzten Jahres gestartet (DAZ Nr. 16/2012 "It’s the patient, stupid!"). Mittlerweile ist der zwölfte Fall erschienen (DAZ Nr. 11/2013). |
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"Interpharm 2013 – Eine Patienten-orientierte Interpharm"
DAZ 2013, Nr. 13, S. 50
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